Leserfoto – „Nudelsuppe“: Qual der Wahl des Beschnitts

Manchmal ist der beste Beschnitt, keinen vorzunehmen.

(c) Alexander Sprinz

Letztes Jahr in Thailand im Heimatdorf meiner Frau. Eine kleine Suppenküche, jeder kennt jeden und es wird immer gerne und ausführlich über die Alltagsthemen diskutiert.

Analog fotografiert mit einer Minox 35GL und Kodak Gold 200. Entwicklung und Scan stammen vom Großlabor. Bearbeitung mit Gimp, geradegestellt, beschnitten, selektiv konvertiert nach BW mit Betonung auf den roten Kanal, Tiefen etwas angehoben und eine leichte Vignette dazu. Falls für das Fokussiert.com-Team von Interesse, das Ausgangsbild gibt es hier: http://www.rotemorgen.de/wp-content/uploads/2014/03/Bild011_Neg.Nr_.9.jpg

Ich höre häufig die Kritik an der Kritik, daß immer nur empfohlen werde, das Bild zu beschneiden. Vorliegendes Leserfoto ist ein exzellentes Beispiel, wie dieser Entscheidungsprozeß ablaufen mag, und wann man sich gegen einen Beschnitt entscheiden kann.

Du hast hier einen Schnappschuß aus Thailand eingereicht. Zu sehen sind mehrere Leute unter einem Wellblechdach. Eine Frau steht an einem Tisch und bereitet etwas zu. Eine andere neben ihr läuft mit einer Schale Suppe auf zwei wartende Männer zu, die wiederum rechts auf einem Tisch sitzen. Niemand scheint Dich als Fotografen wahrzunehmen. Das Foto ist körnig, und Du hast Dich für eine Schwarzweißumwandlung entschieden, was den Dokumentarcharakter des Bildes noch unterstreicht. Weiterlesen

Leserfoto – Antiquitätenladen in Frankreich: Momente festhalten

(Bildende) Kunst und Kunstbetrachtung sind im allgemeinen etwas Subjektives.

antik

 

Das Bild entstand in Frankreich in einem Geschäft im „Antiquitätendorf“ Isle-sur-la-Sorgue. Alle waren so beschäftigt, dass ich in relativer Ruhe einige Bilder aufnehmen konnte. Ich hätte etwas weiter zurückgehen sollen, um den sympathischen Franzosen links in Richtung „goldener Schnitt“ zu bekommen.

Das Bild wurde mit einer Canon Mark III aufgenommen, Objektiv Canon EF 50mm f/1.4 USM (Festbrennweite) bei 3200 ISO.

Abgesehen vom Kunstmarkt, wo Geschmack und was sich verkauft von Regeln bestimmt werden, die nicht immer Sinn machen müssen, geht jeder von uns an eigene Bilder und an die Werke anderer von seiner eigenen Warte heran. Es gibt Bilder meinerseits, die ich für das beste halte, was ich bisher fotografiert habe, und die aber Otto-Normal-Betrachter nicht verstehen. Es gibt wiederum andere Aufnahmen, von denen ich einige verkauft habe, die ich aber persönlich eher mittelmäßig finde. Will sagen: was Du in Deinem Foto (an Mängeln) siehst, ist für andere nicht unbedingt vorhanden, dafür gefällt anderes und fällt anderes auf. Weiterlesen

Leserfoto – Fließende Romantik

Bildgegenstand und negativer Raum

(c) Kim Jonas Meier

Dieses Bild habe ich auf einer Reise nach England geschossen.

Mir gefällt die Romatnik in dem Bild und der fließende Übergang vom Ufer zum Meer.

Alle Technischen Infos sollten aus der Datei lesbar sein.

Mit Photoshop CS6 wurden einige Unreinheiten (Blätter etc.) aus dem Wasser entfernt, der Kontrast etwas erhöht und die Helligkeit und die Sättigung leicht heruntergesetzt.

Wenn negativer Raum, also der Bildteil, der den Bildgegenstand umgibt, gekonnt als Stilmittel eingesetzt wird, können Aufnahmen entstehen, die mit wenigen Elementen prägnant eine Geschichte erzählen. Hier sitzt ein junges Paar mit seinem Hund am Wasser. Sie haben uns den Rücken zugekehrt, der Hund schaut sie an. Die Situation hat in der Tat etwas Beruhigendes, Romantisches an sich. Die kleine Gruppe sitzt extrem aus dem Goldenen Schnitt heraus links unten, der Rest des Fotos wird von der Umgebung (Boden, Wasser) ausgefüllt. Weiterlesen

Leserfoto – Sonnenaufgang in San Francisco

Die Golden Gate Brücke: Komposition und Bildgewichtung

(c) Sven Mahn

Dieses Foto ist ebenfalls auf der Durchreise in SF entstanden, die Sonne direkt im Rücken, die Golden Gate Brücke in den seltenen Momenten ohne Wolken, Nebel und ohne großartiger Dünung. Ein schöner Moment und lohnend um 6 Uhr aufgestanden zu sein.

San Francisco ist eine meiner Lieblingsstädte hier in den USA, und wir hatten das Glück, schon mehrmals dort gewesen zu sein. Fotografisch gesehen könnte man dort Jahre verbringen, und hätte immer noch nur die Oberfläche angekratzt. Auf Durchreise beschränkt man sich zwangsweise auf das, was die Stadt berühmt macht, und deshalb sind berühmte Bauwerke in vielbesuchten Städten automatisch totfotografierte Motive. Es ist nicht einfach, aus ihnen noch etwas Neues herauszuholen.

Die Golden Gate Bridge in San Francisco gehört dazu. Wir haben sie schon aus allen Winkeln, von allen Seiten, oben und unten gesehen. Mit Nebel, ohne Nebel, bei Sonnenuntergang und -aufgang. Insbesondere, wenn man als Tourist nur ein paar Tage Zeit hat, ist es besonders schwierig, mit etwas Gutem nach Hause zu kommen.

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Leserfoto – Bahnhof auf dem Brocken: Gekonnt auf das Wesentliche reduziert

Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einzigen Schritt

(c) Pawel Matuszyk

Das Foto symbolisiert den ersten Schritt, den Beginn einer Reise. Es wurde am höchstgelegenen Bahnhof Deutschlands, auf dem Brocken, bei einem Schneesturm und beschränkter Sicht aufgenommen.

Bei diesem Bild wurde etwas Vignettierung hinzugefügt, um den Blick auf das Wesentliche zu leiten. Der Kontrast wurde nicht erhöht, um dem Bild das Gefühl der Ferne zu verleihen.
Aufgenommen wurde es mit einer Canon 1000d und einem Sigma-Objektiv 18-50mm f 2.8-4.5.

Glückwunsch zu einem meiner Meinung nach gelungenen Bild. Es stach mir unter anderem deshalb ins Auge, weil es zwar einfach komponiert ist, aber dennoch genügend Anregung fürs Auge und zum Nachdenken bietet. Du hast die Szene gekonnt auf das Wesentliche reduziert. Der Titel, den Du gewählt hast, könnte es nicht besser ausdrücken. Es spricht für Dich als Fotograf, daß Du Dich bei diesem Wetter mit Kamera mitten auf die Gleise gestellt hast.

Zu sehen ist hier lediglich eine Lokomotive, daneben jemand in Uniform; vermutlich der Lokführer. Die Elemente rechts (Gleisbeleuchtung usw.) vermitteln den Eindruck eines Bahnhofs. Wo genau man sich geografisch befindet, ist nicht klar, doch es herrscht so dichtes Schneetreiben, daß man die Lok und alles andere nur halb verschwommen sieht. Man nimmt an, der Lokführer steigt ein, um bald loszufahren. Oder steigt er aus?

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Leserfoto – Alte Anschlagtafel: Was ist die Geschichte?

Gute Fotos bieten dem Betrachter etwas, das ihn zum Nachdenken anregt.

(c) Dirk Altehoefer

Diese alte Anschlagtafel war in einem kleinen Dorf (ca. 400 Einwohner). Im Frühjahr 2012 wurde diese abmontiert, die Wand renoviert und das war es.
Mich interessiert seit langem den Wandel in den Dörfer in Bildern festzuhalten.
Meiner Meinung nach geht mit jeder Tafel oder Gebäude oder Berufsstand ein Teil einer Gesellschaft verloren.
Ist die Darstellung in einer Serie aussagekräftiger?
Daten:
Canon EOS 40D, Tokina 4.0/12-24, RAW Modus, Stativ

Auch, wenn sich Fotos in einer Serie befinden, sollten sie alleine für sich stehen können. Dazu genügt nicht, daß Du mir sagst, was Du mit dem Bild bezweckt hast, denn möglicherweise läuft es mir außerhalb dieses Kontextes über den Weg, und ohne Deine Erklärung. Diese ist aber hilfreich im Rahmen einer Bildkritik wie im vorliegenden Fall, denn sie ermöglicht mir, der Kritisierenden, Dir zu erklären, ob Du Dein Ziel mit Deiner Aufnahme erreicht hast.

Hättest Du mir nicht gesagt, was ich hier sehe oder warum Du dieses Motiv fotografiert hast, es wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Ich sehe hier eine Hauswand im Winter, auf der sich ein Objekt befindet, das auch eine Abdeckung für etwas sein könnte. Das Objekt ist fast mittig im Foto angeordnet. Die blassen Farben und die Abwesenheit von Menschen oder Tieren bei Schneetreiben geben der Szene etwas Tristes.

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Leserfoto – „Schach in der Öffentlichkeit“ – Kameraeinstellungen und Standpunkt

Dieses Bild könnte man auch mit „Charakterstudie in Schwarzweiß“ betiteln.

(c) Olaf Veit

öffentliches schachspiel in bern. ich habe den fokus auf die zuschauer gerichtet, diese kommen nach meiner beobachtung aus allen sozialen schichten. es herrscht eine friedliche stimmung, aber jeder beobachter macht für sich den nächsten eigenen zug. kommt dies in meinem foto auch so zur geltung.
vielen dank für eine rückantwort.
olaf

Du hast hier eine Gruppe vollkommen unterschiedlicher Männer eingefangen, die auf einem öffentlichen Platz Schach spielt. Die Figuren, wie auf solch öffentlichen Schachbrettern üblich, sind überdimensional groß, und es spielen oft mehrere Leute. Ich kann mich von meiner Heimatstadt her auch an solche Szenen erinnern, und auch dort fanden sich Menschen unterschiedlichster Herkunft zu einem Ad-Hoc-Spiel zusammen.

Was mir an Deinem Foto gut gefällt, ist genau die Vielfalt der Männer und ihrer Gesichtsausdrücke, die abgebildet sind. Alle sind im Spiel vereint, scheinen aber nur so halb bei der Sache zu sein. Du hast die Aufnahme in Schwarzweiß umgewandelt, was den Street- bzw. Dokumentarcharakter unterstreicht.

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Schnappschuß mit Flieger: Wenn es um Sekunden geht

Wenn Bewegungsabläufe nur Sekunden dauern, muß man mit der Situation gut genug vertraut sein, um Dinge vorhersehen zu können. Dann wird man mit Aufnahmen belohnt, die man so nicht hätte fotografieren können.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Thomas Kremshuber).

Kommentar des Fotografen:

Sprung aus einem Flugzeug. Aufgenommen mit einer Canon EOS 450D, 1/500s, f/16, ISO 400, 8mm, Headmount auf einem Helm, Beissauslöser.

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Thomas Kremshuber:

In dem von mir vielzitierten Buch „On Being a Photographer“, das auch hier auf fokussiert auf Deutsch besprochen wurde, führt David Hurn seine Vorgehensweise bei Fotoprojekten aus. David Hurn ist Magnum-Mitglied und ein bekannter Dokumentarfotograf, der u.a. durch seine Aufnahmen in Ungarn in den Fünfziger Jahren bekannt wurde, als das Land von den Sowjets besetzt wurde:

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Segelregatta: Unsichtbare Spannung

Fotografien mit Rück- oder Detailansichten von Aktionen können durchaus spannend sein. Sie müssen aber einen klaren Kontext vermitteln.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Ralf Jäger).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild entstand bei einer Segelregatta auf dem Main bei Offenbach, bei der ich die Gelegenheit hatte, auf einem Ordnerboot mitzufahren. Ich finde, dieses Bild bringt gut die Anspannung und die hohe Konzentration zum Ausdruck, die selbst bei Amateurregatten vorhanden sind. Bei der Kategorie hätte ich vielleicht auch Bildjournalismus nehmen können, aber da war ich mir nicht sicher.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Ralf Jäger:

In diesem Farbbild sind zwei Menschen in einem Gewirr von Kabeln, Leinen und technischen Einrichtungen zu sehen. Wir blicken fast genau von hinten auf den Rücken eines Mannes und wahrscheinlich einer Frau, die – dem Baum nach zu schliessen – auf einem Segelboot unter dem Hauptsegel hindurch die Genua beobachten.

Detailansichten von Menschen und Aktionen sind eine gute Methode, an viel fotografierten Anlässen von den Klischees wegzukommen und eine eigene Ansicht zu kreieren. Das hast Du mit dieser Fotografie versucht – aber sie „funktioniert“ leider überhaupt nicht:

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Bildjournalismus: Auch Mitzieher brauchen Schärfe

Bewegungsunschärfe bietet ein hauptsächliches Problem bei der Aufnahme: Das bewegte Objekt sollte im Gegensatz zum verwischten Hintergrund scharf bleiben.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Peter von Känel).

Kommentar des Fotografen:

Speed. Korat, Thailand. Das Bild lebt von den Farben und der Atmosphäre. Der Dreiradfahrer bewegt sich geschickt durch den Abendverkehr. Durchs Mitziehen vermischen sich die Farben und Lichter. Schwache Vignette hinzugefügt.

Profi Stuart Schwartz meint zum Bild von Peter von Känel:

Ein Mann in Sommerlicher Kleidung fährt in dieser durchgehend bewegungs-unscharfen Fotografie auf einer schwarzen Fahrradrikscha von links nach rechts auf einer Strasse in der Stadt durchs Bild. Die Rikscha mit Dach scheint mit einem Sack oder einer hellen Decke bepackt zu sein und macht einen robusten, leicht altmodischen Eindruck. Das Licht ist sehr gedämpft, es scheint Dämmerung zu herrschen, im Hintergrund sind die brennenden Lichter in den Ladengeschäften als weisse Linien zu erkennen.

Du hast hier versucht, die schnelle Fahrt der Rikscha mit einem Mitzieher einzufangen und dabei eine längere Belichtungszeit gewählt. Das war durchaus erfolgreich, und die Aufnahme zeigt eindeutige Bewegung des Fahrrads. Der Wischeffekt ist wie geünscht entstanden.

Aber in diesem Fall funktionieren einige Dinge der Technik nicht vollständig zugunsten des Bildes.

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