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Abstraktion aus der Kamera: Bewegte Brücke

Mit minimalen Belichtungsverfehlungen lassen sich zeitweilig sehr spannende Fotos machen. Hier hat der Fotograf die Kamera bewegt – und ein paar andere Tricks angewandt.

Oberbaum-Brücke in Berlin in Bewegung

Oberbaum-Brücke in Berlin in Bewegung. © Martin Wolfert

Martin Wolfert aus Waldbronn: Das Foto habe ich in Berlin auf der Oberbaumbrücke mit einer längeren Belichtungszeit mit meiner [amazon B00NEBL18M]Fuji X100[/amazon] aufgenommen.
Während des Auslösens habe ich die Kamera ein wenig vertikal nach oben gezogen, um den Bewegungseffekt zu erreichen. Das Foto wurde in Photoshop unter Zuhilfenahme verschiedener Ebenen und zwei zusätzlichen Hintergrundbildern stark bearbeitet. Das Ziel meiner Bearbeitung war es, die Lichtstimmung in der Bildmitte vom dunklen Vordergrund zu separieren, und beides abstrakt zu „interpretieren“.

In diesem quadratisch geschnittenen Bild blickt der Betrachter durch den Innenraum einer gedeckten, stark abstrahierten (Holz-) Brücke in den hellen Teil. Dort sind mindestens vier Personen knapp erkennbar, die aus dem Bild heraus auf den Betrachter zuzugehen scheinen. Die Aufnahme wirkt in der Vertikalen stark bewegt, hat etwas von einem Aquarell, weist aber auch einen durchgehenden Schleier eines Marmor-Musters auf und zeigt in der Bildmitte einen seltsam glühenden roten Punkt.

Der Punkt: Er stört mich, muss ich sagen. Wie überhaupt die zweite Bildebene. Aber der Reihe nach: Weiterlesen

Vexierbild Alte Nationalgalerie: Fast perfekte Symmetrie

Wenn man mit Geometrie spielt, sollte diese auch durchgehalten werden.

Olympus P5 mit Zuiko 17mm 1.8, Blende 3.5, Belichtungzeit 0,4 Sek. Nachbearbeitung in Silver-Effex und Lightroom, Objektivkorrektur mittels Piccure+ - (c) Dirk Hunstein

Olympus P5 mit Zuiko 17mm 1.8, Blende 3.5, Belichtungzeit 0,4 Sek. Nachbearbeitung in Silver-Effex und Lightroom, Objektivkorrektur mittels Piccure+ – (c) Dirk Hunstein

Dirk Hunstein aus Wiesbaden schreibt zu diesem Bild:

Zuerst mal meinen Dank, dass ihr wieder da seid! Es wäre wirklich schade gewesen, wenn fokussiert.com tatsächlich eingeschlafen wäre. Ich habe keine Ahnung, wie viele Bilder euch täglich (?) erreichen – aber vielleicht kann ich mit meiner Einreichung das Bildbesprechungspotenzial (was ein Wort…) erhöhen und so zumindest inhaltlich zum Überleben beitragen.

Zum Foto: Durch die auffällige Beleuchtung der Decke durch Neonröhren, während der Rest des Säulengangs nur vom im Dämmerlicht der diffusen Straßenbeleuchtung und den Reflexionen der Decke beleuchtet wird, fiel mir das Motiv zunächst ins Auge. Location: Berlin, An der Alten Nationalgalerie.

Um ein Ausfressen der Lichter durch die Überstrahlung durch die Neonröhren zu vermeiden, stellte ich die Belichtungskorrektur auf -1,5 LW. Dadurch liegen alle anderen Bildbestandteile im Dunkeln.

Um möglichst viel von der Deckenstruktur aufs Bild zu bringen, konnte ich den Klappmonitor meiner P5 gut nutzen und die Kamera auf einem Mikrostativ auf den Boden stellen. Wegen des eingeschränkten Lichtspektrums der Neonröhren war für mich klar, dass es ein Schwarz-Weiß-Foto werden müsste. Bei der SW-Umwandlung mittels Silver-Effex tauchte plötzlich ein neues Bild auf, das im alten Bild noch versteckt war: Nach kurzer Betrachtungszeit „kippte“ für mich die Decke und wurde zu einem riesigen Kegel, der von irgendwo weit oben in einen hohen, dunklen Raum hineinragt. Ich kann das Foto nun nicht mehr anders betrachten, es erinnert mich irgendwie an die große Kuppel des Foltergefängnisses in Terry Gilliams „Brazil“ (1985). Oder sehe nur ich diesen riesigen Kegel? Vielleicht sehen andere ganz anders? Das wäre eine schöne Frage zum Thema „Was ist Wahrheit?“. Konstruktivistisch würde ich sagen: Das, was ich draus mache.

Daher weiß ich nicht, ob die Kategorie „Architektur“ korrekt ist. Es wird zwar Architektur abgebildet, aber ist es auch ein Architekturfoto?

Leider sind die Säulen nicht wirklich senkrecht – aber mehr war mir mit der Objektivkorrektur im Lightroom nicht möglich, ohne das Bild weiter zu beschneiden.
Vielleicht reizt es dich, Thomas, dieses Foto zu besprechen. Ich würde mich sehr freuen, denn dein kritisches Auge sieht immer wieder Verbesserungspotenzial, das dem Bild-Einreichenden entgangen ist.

(Aufnahmedaten: Olympus P5 mit Zuiko 17mm 1.8, Blende 3.5, Belichtungzeit 0,4 Sek. Nachbearbeitung in Silver-Effex und Lightroom, Objektivkorrektur mittels Piccure+)

Es ist für mich als Kunstfotografin immer wieder ein Genuß, ein Schwarzweißfoto mit superber Tonwertverteilung zu bekommen. Du hast Dir hier die Mühe gemacht, das Bild in dieser Hinsicht bereits VOR der Aufnahme zu überdenken, und man merkt das. Dieser Säulengang hätte mich motivisch auch gereizt – die Strukturen an der Decke, die Textur der Säulen, dazu das Potential für Symmetrie. Weiterlesen

Sperling im Stelenfeld oder „Guf – die Halle der Seelen“: Negativer Raum und Color Key

Negativen Raum und Color Key gekonnt einzusetzen, ist nicht einfach.

NIKON D800, f/4, 1/125s, ISO125, 105mm - (c) Martin Wolfert

Das Bild „Guf – die Halle der Seelen“ ist während meines Berlinbesuches Anfang Juni diesen Jahres entstanden. Das Motiv ist, in Verbindung mit der Örtlichkeit an der ich dieses Bild fotografieren durfte, für mich hoch emotional. Die Örtlichkeit ist das Holocaust-Mahnmal in Berlin.
Ich war nach einer guten halben Stunde des Verweilens und Gedenkens eigentlich schon am Gehen, als ich den Sperling auf dieser Steele sitzen sah. Die Situation war irgendwie unheimlich, es gab nur den Sperling und mich, alles andere um mich herum nahm ich wie in einem dichten Nebel, in einer dunkle Vignette in einem Bild wahr. Der Sperling lies mich auf ungefähr einen Meter herankommen, ich konnte nur dieses eine Bild machen, danach flog der Sperling in die Lüfte. Meine Gedanken kreisten danach um das Holocaustmahnmal und den Sperling und die Geschichte von „GUF – der Halle der Seelen“ aus der jüdischen Mythologie.

Du hast uns hier eine Aufnahme des Holocaust-Denkmals eingereicht, die Du „Guf – die Halle der Seelen“ betitelt hast. Zu sehen ist ein Vogel, wohl ein Sperling, der auf einer Betonstele sitzt. Ein Stelenfeld dieser Art kenne ich nur aus Berlin, und so hätte ich spontan auf das Holocaust-Denkmal getippt. Der Vogel schaut fast direkt in die Kamera und scheint sich dort auszuruhen. Der Rest des Fotos wird von anderen Betonstelen dominiert; die Aufnahme ist in Color Key gehalten, wobei der Vogel farblich etwas entsättigt ist. Weiterlesen

Christian Patterson: Redheaded Peckerwood

Christian Pattersons rekonstruierte mit Fotografien und historischem Material einen Kriminalfall, der in den Fünfzigern Amerika erschüttert hatte: Redheaded Peckerwood.

Christian Patterson - House at Night aus der Serie Redheaded Peckerwood

Der Titel Redheaded Peckerwood lässt sich ungefähr mit „rotgesichtiger Prolet“ übersetzen und es mag jeder selbst herausfinden, was es damit auf sich hat. Mit einem Begriff von subjektiver dokumentarischer Fotografie lässt sich das Projekt etwas einordnen.

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Europäischer Monat der Fotografie Berlin: 500 Fotografen, 110 Ausstellungen

Rund 110 Ausstellungen, mehr als 500 Fotografinnen und Fotografen: Das ist der Europäische Monat der Fotografie 2012 in Berlin.

Fahnemann Projects © Michael Wesely: Palast der Republik, Berlin (28.6.2006 - 19.12.2008), 2008

Bis Ende November reicht das offizielle Programm – neben den Ausstellungen begleiten mehr als 200 Veranstaltungen das nunmehr fünfte Festival.

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«Color»: Vom Kampf der Farbe um Anerkennung

Eigentlich ist sie selbstverständlich: die Farbe. Unsere Welt ist farbig. Wir sehen farbig. Gemalt wird – meist – farbig. Dennoch: In der Fotografie muss(te) sie schon sehr kämpfen, um sich gegen die Welt in Schwarz-Weiß zu behaupten. Die Berliner CWC Gallery präsentiert vom 15. September bis zum 1. Dezember eine Fotoausstellung, die nur ein Thema hat: «Color» – Farbe also.

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Fotografien aus 24 Stunden: Sonne, Wachs und Kohle

Klick für Legende und Vollansicht. (Bilder keystone)

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Berlin, Deutschland (keystone)Jammu, Indien (keystone)(keystone)Ilan, Taiwan ( (keystone)Sofia, Bulgarien (keystone)St. Paul, USA (keystone)Singapore, Singapur (keystone)[/hide]

Ein Präsident aus Wachs, Ballone für einen Präsidentschaftskandidaten und Hitze im Balkan

In der Rubrik „24 Stunden“ veröffentlichen wir die besten Pressebilder der vergangenen 24 Stunden, ausgewählt nach fotografischen Kriterien.

Edward Burtynsky: Öl regiert die Welt

Öl regiert die Welt: Edward Burtynsky zeigt uns wie und wo, von der Gewinnung bis zum Konsum.

Edward Burtynsky: Highway #5 . Los Angeles, California, USA. 2009 © Edward Burtynsky . Courtesy Nicholas Metivier, Toronto . Stefan Röpke, Köln

Die industriell veränderte Landschaft ist das große Thema des Kanadiers Edward Burtynsky, Mit der Serie „Oil“ dokumentiert er weltweit unser Zeitalter, das auf diesem Rohstoff basiert.

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Floris Neusüss: Traumbilder

Seit den späten Fünfzigern experimentierte Floris Neusüss damit, statt fotografischer Abbilder Traumbilder herzustellen. Also lange vor den Möglichkeiten der digitalen Ära.

Floris Neusüss, Wurzelgesicht, Akademiegarten, München 1959

Floris Neusüss, Wurzelgesicht, Akademiegarten, München 1959

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Bekannt ist Floris Neusüss vor allem mit seinen lebensgroßen Fotogrammen. Die Akt-Fotogramme wurden als „Nudogramme“ bezeichnet und vielfach ausgestellt, die „Traumbilder“ bisher nur selten.

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Inessa Dolinskaia: Geheimnisvolles Wunderland

Morgens um Fünf ist in Berlin die Welt geheimnisvoll, jedenfalls für Inessa Dolinskaia. Sie geht spazieren und fotografiert ihr Wunderland.

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Inessa Dolinskaia
: Wunderland # 1, 2009 © Inessa Dolinskaia, Galerie Hilaneh von Kories

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es sind flüchtige Momente aus Großstädten wie Berlin, Moskau oder Florenz, die Inessa Dolinskaia einfängt, schwarzweiss, unscharf, subjektiv, poetisch (was nichts anderes heißt, als dass es sich einer sprachlichen Beschreibung entzieht).

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