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Bildjournalismus: Direkter Inhalt

Wenn der Inhalt eines Bildes im Vordergrund steht, haben wir es mit Dokumentarfotografie oder Bildjournalismus zu tun. Ein künstlerischer Anspruch kann durchaus dazu kommen.

Fotografie von allettschuhe an Mahnmal

Sony ILCE7 M2, 1/400s bei f/9, 50mm bei ISO 400 © Adelheid Prünte

Adelheid Prünte aus Menden: An einen wunderschönen Tag im April besuchte ich San Michele, die Friedhofsinsel von Venedig. Dort sind sehr viele Prominente der vergangenen Jahrhunderte beerdigt. Unter anderem auch Serge Diaghilew, der Begründer des Ballets Russes. Am 19. August 1929 starb er in Venedig. Diaghilew war Wegweiser für das moderne Ballett. Mich haben die abgetanzten Ballettschuhe sehr angerührt.

Eine Fotografie, die den Betrachter nicht berührt, ist deswegen nicht generell schlecht. Zwischen Inhalt und Aussage aber steht vielleicht die Definition der „Kunst“. Ein schönes Bild ohne Aussage ist Fashion, Verzierung, Unterhaltung.  Und das Gegenteil ist Dokumentation oder Journalismus – diese Aufgabe kann auch eine Fotografie erledigen, die technisch und als Bild schlecht ist, aber eine wichtige Nachricht transportiert.

In dieser Fotografie ist ein Steinmahnmal oder ein Stück eines Gebäudes zu erkennen, in das mit goldenen Lettern der Name „Diaghilew“ gemeisselt ist. Die Steinfläche liegt im Schatten und nimmt zwei Drittel des Farbbildes ein, im rechten Drittel sind von der Sonne von hinten beleuchtete Ballettschuhe zu sehen, die an das Mahnmal gehängt sind. Weiterlesen

Interview mit Fotograf Martin Gommel: „Fotografie ist immer politisch.“

Nachdem er 2006 das Fotografie-Blog „Kwerfeldein“ gegründet hat, beschäftigt sich Martin Gommel seit 2014 intensiv mit den Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Seine Porträts und die sie begleitenden Lebensgeschichten und Leidenswege haben Autorin Sofie Dittmann bewegt, und er hat sich dankenswerterweise die Zeit genommen, ihr ein paar Fragen zu seinem Schaffen zu beantworten.

Martin Gommel

Martin Gommel

Wie lange fotografierst Du schon? Was hat Dich ursprünglich zur Fotografie gebracht?

Ich fotografiere seit 2005. Zur Fotografie „gebracht“ hat mich meine damalige Freundin, jetzige Ehefrau, die mich mit der Digitalkamera ihrer Eltern fotografieren liess. Die Möglichkeiten der digitalen Aufnahmetechniken begeisterten mich sofort. Bis heute ist es für mich etwas Magisches, dass ich einen Moment der Zeit mit der Kamera festhalten kann. Weiterlesen

Einführung in die Street Fotografie/Straßenfotografie – Teil 3/4: Street und Recht am Eigenen Bild

Eine Diskussion, die immer geführt wird, wenn erkennbare Personen im Foto sind, das an einem öffentlichen Ort aufgenommen wurde, ist: „Darf der das?“ Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild sind ein Thema, das in verschiedenen Ländern verschieden gehandhabt wird. In den USA zum Beispiel gibt es den Begriff „reasonable expectation of privacy“ oder „begründete Erwartung von Privatsphäre“, während in Deutschland das Recht am eigenen Bild über allem steht. Verschiedene Kulturen haben Bilderverbote; anderorts gilt es als unschicklich, als Mann nicht zur Familie gehörende Frauen abzulichten. Man sollte sich daher mit den vorherrschenden rechtlichen und kulturellen Regeln vertraut machen, bevor man zur Kamera greift.
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Einführung in die Street Fotografie/Straßenfotografie – Teil 1: Wie definiert man Street?

Der folgende Artikel richtet sich an Fotografen, die gerne mit der Kamera einen Ort erkunden, aber nur eine vage Vorstellung davon haben, was genau Street eigentlich ausmacht.


Hier auf fokussiert bekommen wir oft Bilder geboten, die jemand sozusagen im Vorbeigehen in einer Großstadt geschossen hat. Diese werden gerne unter „Straßenfotografie“ eingereicht, auch wenn es sich eher um einen Urlaubsschnappschuß handelt. Und konsequenterweise bekomme ich als Kritiker dann die Frage gestellt, was Street Fotografie denn eigentlich sei. Berühmte Vertreter des Genres, man denke an Henri Cartier-Bresson, haben Street ihren Stempel aufgedrückt, ohne den Begriff in eine Form zu gießen, die es für andere leichter macht, ihn zu erfassen.
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Spontanes Stillleben: Schönheit liegt im Auge des Betrachters

Fotografien werden immer automatisch subjektiv vom Betrachtenden beurteilt. Daran ändert auch eine Erklärung des Künstlers nichts.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Juliane Kunath).

Kommentar der Fotografin:

aufgenommen im April im Dänemarkurlaub. Irgendwer hatte den falschen Lichtschalter erwischt und in der Sauna das Licht angeschaltet. Ich fand das so toll, dass ich unter den fragenden Blicken aller beteiligten die Kamera samt Stativ schnappte und ins Bad verschwand. Ergebnis ist dieses Bild, für das ich schon sehr sehr viel Lob und sogar die Verwendung in einem Onlineartikel geerntet habe.

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Juliane Kunath:

Dieses Foto habe ich mehrmals zwischen meinem Kritikerspace und dem allgemeinen Fotopool hin und her geschoben. Es stach mir ins Auge, aber nicht aus den Gründen, die die Fotografin angibt:

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Daniel Schwartz: Schnee in Samarkand

Ansichten aus Zentralasien, dem Hinterland zahlreicher Kriege, zeigt uns Daniel Schwartz: Schnee in Samarkand.

Daniel Schwartz: Flüchtlinge aus dem Hungergebiet. Herat, Afghanistan 2001. © 2001 Daniel Schwartz / ProLitteris / VG Bild-Kunst, Bonn 2011

Die Bilder des Schweizer Fotografen Danil Schwartz konfrontieren mit einer brisanten Wirklichkeit, manchmal betörend und bestürzend zugleich.

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Sportfoto: Geschwindigkeit in Bildern zeigen

Die Fotografie friert die Zeit ein. Aber wie sie das genau tut, entscheidet der Mensch am Auslöser. Und er entscheidet damit über die Wirkung von Bewegung und Stillstand.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Patrick Kittel).

Kommentar des Fotografen:

Aufgenommen beim Slalom Ski Weltcup. Kurze Verschlusszeit, um eine hohe Schärfe zu erhalten, und eine große Blende, um den Hintergrund verschwimmen zu lassen.

Profi Martin Zurmuehle meint zum Bild von Patrick Kittel:

Es gehört zu Wesen der Fotografie, dass sie die Zeit anhält. Anders als unsere Augen, die eher wie eine Videokamera funktionieren, schneidet die Fotografie eine „Zeitscheibe“ aus. Wie wir das machen entscheidet darüber, ob die Geschwindigkeit im Bild angedeutet wird. Die von Patrick Kittel gewählte Methode kann die hohe Geschwindigkeit des Skifahrers aber nur teilweise verdeutlichen.

Als Fotografen sind wir nicht in der Lage, den dreidimensionalen Effekt einer schnellen Bewegung genauso wiederzugeben, wie wir es selbst sehen und erleben. Um Geschwindigkeit in Bildern zu zeigen benötigen wir „Symbole“: Weiterlesen

Naturfoto: Mehr als Dokumentieren

Seltsame Tiere sind ein faszinierendes Fotomotiv. Bloss sollten auch sie nicht einfach „abgebildet“ werden.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Stephan Rehberg).Kommentar des Fotografen:

Beim Besuch in einem Schmetterlingshaus auf Bornholm faszinierte mich diese Raupe durch die feinen, fast pelzigen Strukturen an ihren „Auswüchsen“ und ihre Farben. In GIMP beschnitten und Helligkeit/Kontrast verändert.

Profi Peter Sennhauser meint zum Bild von Stephan Rehberg:

Eine sehr eigenartig anmutende Raupe krabbelt in diesem extremen Querformat im eleganten Schwung einem Blattstil entlang. Das Bild ist hart an die Umgebung der Raupe geschnitten.

Sonderbare Tiere sind faszinierende Fotomotive, und viele von ihnen findet man in der Makrowelt. Für Lehrbücher und Insektensammler gelten denn auch in der Fotografie andere Regeln als für den gemeinen Amateurfotografen.

Sie würden darin bestehen, das Tier in möglichst eindeutig erkennbarer und vollständiger Form abzubilden. Das hiesse, in einer Position, die dem Betrachter auf den ersten Blick Form und Farbgebung, Anordnung der Extremitäten und die Position des Kopfes zu eruieren erlaubte – grade bei einer Raupe ja nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.

Dein Bild zeigt das gesamte Tier und ist so hart an den Körper heran geschnitten, dass zu vermuten ist, Du wolltest nichts anderes, als das Tier zu „dokumentieren“. Dann allerdings ist die kopfüber-Position nicht ideal. Der Kopf des Tieres ist kaum zu sehen, dafür erhaschen wir einen Blick auf die seltsamen, blauen, behaarten Füsschen und das rosafarbene Detail am hinteren Ende. Vielleicht hätte man warten können, bis sich das Tier auf der oberen Seite eines Blattes oder Blattstils positioniert – Geduld gehört auch bei der Dokumentarfotografie dazu.

Wenn Du aber mehr wolltest, als eine Abbildung des Wesens anzufertigen; sprich, wenn es dein Anliegen war, eine gute Fotografie zu machen, die auch Nicht-Insekten-Fanatiker begeistern könnte, dann ist die Art der Aufnahme unglücklich gewählt. das Bild hat, obwohl mit Blende 2.8 aufgenommen und mit einem stark verwischten Hintergrund gezeichnet, sehr wenig Tiefe, die Raupe liegt fast vollständig genau plan in der Fokusebene. Die „Draufsicht“ im nahezu rechten Winkel verunmöglicht den Schärfentiefeneffekt, obwohl am hinteren Ende der Raupe eine leichte Unschärfe zu erkennen ist. Das Augenmerk des Betrachters wird nicht auf das Wesen gelenkt, was durch eine Aufnahmetechnik besser gestaltet werden könnte, bei der der Kopf des Wesens im Fokus steht und die Raupe scheinbar auf uns zu krabbelt. Und der harte Beschnitt der Fotografie schliesslich lässt ihr weder Raum, sich zu bewegen, noch dem Betrachter, ihr Umfeld zu erkunden.

Dir ist es hier zwar gelungen, die Raupe sehr scharf und mit den von Dir bemerkten Details deutlich sichtbar abzubilden. In deinem Bestreben, das hinzukriegen, hast Du aber alle anderen fotografischen Grundsätze ausser Acht gelassen und am Ende sogar alles an der Fotografie als „überflüssig“ weggeschnitten, auf dem nichts von der Raupe zu sehen ist.

Das Resultat besteht darin, dass jeder Betrachter hier ein spannendes Motiv erkennt – aber keine spannende Fotografie. Der nächste Schritt in Deiner Lernstrategie müsste es sein, beides unter einen Hut zu bringen. Es sei denn, Du bist Insektenforscher, und die Kamera ist nur Dein Notizblock.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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Landschaftsfotografie: Sehen statt denken

In der Landschaftsfotografie zählt allein das Sehen. Wer zuviel nachdenkt, läuft Gefahr, in die Dokumentarfotografie zu verfallen.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Roland Wagner).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild entstand im vergangenen Sommer in den Alabama Hills, einem Gebiet mit einer Unzahl abgerundeter Felsformationen vor der aufragenden Sierra Nevada in Kalifornien. Die Gegend diente bereits als Kulisse zahlreiche Filme (unter anderem: Gladiator). Es gibt einige schön anzuschauende Felsbögen. Dieser hier wird Boot Arch genannt. Das Bild entstand am Abend, da nur zu dieser Tageszeit das Licht von der richtigen Seite kommt. Den Standort habe ich versucht, so zu wählen, dass die Form der Öffnung genau so zu sehen ist, damit sich der Name des Arches erklärt. Als Brennweite wurden 10 mm gewählt. Damit auch der Hintergrund noch einigermaßen scharf ist, wurde die Blende 14 verwendet. Ich freue mich auf eine kritische Betrachtung.

Profi Peter Sennhauser meint zum Bild von Roland Wagner:

Ein verwitterter Steinbogen in einer rundgeschliffenen Felsformation steht in der linken Hälfte dieses Farbbildes vor dem Hintergrund einer Gebirgskette unter einem von Schleierwolken durchzogenen blauen Himmel. Weiterlesen