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Leserfoto: Mit der Unterhose in den Alpen

Wenn nackte Haut reichen soll, um einen Überraschungseffekt zu provozieren, wird eine ansonsten gute Idee schnell zur Karikatur ihrer selbst.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Martin Egg).

Kommentar des Fotografen:

Das Foto entstand aus einer Idee, Winterequipment in einer etwas ungewohnten Umgebung zu präsentieren. Es soll die Verbindungen zwischen Bergen, Wintersport und deren Attraktivität vermitteln, und das halt in einem nicht-winterlichen Umfeld.
(Leider leider hatten wir zu dem Zeitpunkt nur das harte Sonnenlicht zur Verfügung)

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Martin Egg:

Der eine Teil der Idee ist ja gut: Wintersportequipment in ungewohnter Umgebung zu fotografieren, hat das Potential, gelungene Fotos zu erzielen, die darauf abzielen, zwei Mal hinzuschauen, zu überlegen und dann zu lachen. Wenn dann aber doch nur der Berg in den Alpen im Sommer statt im Winter genommen wird und obendrein noch eine junge, blonde Frau im knappen Top und einer Unterhose, gerät die gute Idee schnell zur Karikatur ihrer selbst.

Martin Egg – nein, sicher nicht der schwäbische Dichter – hat hier vermutlich die Attraktivität des Models mit der des Sportgeräts verwechselt, als er die Frau darum bat, mal die Hose auszuziehen. So wirkt das Bild wie aus einem dieser Amateur-Akt-Kalender, in denen sich Bäuerinnen, Sportlerinnen, Studentinnen oder Handwerkerinnen leicht bekleidet in der dazugehörigen Kulisse räkeln – natürlich immer für einen guten Zweck. Etwas mehr Überraschungseffekt und etwas weniger plumpe Hautbeschau hätten der Idee viel mehr abringen können. Ein gutes Beispiel ist das Künstlerpaar Claudia Ficca und Davide Luciano, die sich in ihrer Heimatstadt Montreal über die vielen Schlaglöcher geärgert hatten und diese dann fotografisch neu in Szene setzten (www.mypotholes.com).

Das zu starke Sonnenlicht hat der Fotograf schon selbst bemerkt. Es zeigt wieder, dass zu einer guten Idee auch die Planung gehört, um die Idee passend umzusetzen. In dem Fall wäre mindestens ein Reflektor, besser noch ein Aufhellblitz von vorne sinnvoll gewesen. Zur allergrößten Not hätte der Fotograf versuchen können, den linken Ski so zu drehen oder zu positionieren, dass durch dessen weiße Fläche etwas mehr Licht ins Gesicht des Models fällt.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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Traumwandlerin: Idee und Resultat

Langzeitbelichtungen in Menschenmengen bieten tolle Effekt-Möglichkeiten. Alle anderen fotografischen Grundregeln dürfen dabei aber auch angewandt werden.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Dariusz Misztal).

Kommentar des Fotografen:

Das ist ein Bild dass mir schon lange Zeit durch den Kopf gegangen ist. Mir kam die Idee als ich einen Artikel zum Thema Schlafwandeln gelesen habe. Ich wollte irgendwas darstellen, dass das Träumen deutlich verstärkt und nicht so real wirkt. Da kamen mir die verschwommenen Leute, der Schlafanzug und der Teddy in den Sinn. Die Ausführung war witzig. Sonntag nachmittag in der Kölner Innenstadt. Viele neugierige Blicke, Kommentare und sogar zwei mal die Frage ob sie auch mit aufs Bild dürfen. Wir haben uns amüsiert :-) Wir haben auch Passanten angesprochen ob sie mitmachen wollen. Sehr offene Menschen in Köln. Und sogar Polizisten waren sich nicht zu schade mitzumachen ;-) Ich zähle das noch nicht zu der digitalen Kunst, weil nicht die Bearbeitung wichtig ist, sondern die Aussage zu der Thematik. Es wurden drei Bilder gemacht um eine gleichmäßige Belichtung aller Ebenen zu bekommen. Das Hauptbild (stehendes Mädchen) aber wurde mit Blende 4.5 bei 1/100s, ISO 160 und 24mm gemacht. Damit die Leute verschwommen dargestellt werden hab ich die Zeit hochgeschraubt und die Blende erhöht. Für den Himmel genau umgekehrt. Die Bilder wurden mit der Nikon D80 gemacht. Lieben Gruß Dariusz

Peter Sennhauser meint zum Bild von Dariusz Misztal:

Eine junge Frau im Schlafanzug steht, mit Teddybär an der Hand, mit geschlossenen Augen in einer geschäftigen Ladenstrasse. Links und rechts von ihr strömen die Menschen in der Bewegungsunschärfe entlang den Schaufenstern.

Methoden, um (vermeintlich) feststehende Objekte inmitten von Bewegungsunschärfe glasklar abzubilden, gibt es mindestens drei Methoden:

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The Photographer’s Ephemeris: Mondfotografie, einfach geplant

Der Vollmond als Teilmotiv ist ein faszinierendes Objekt, aber nicht leicht zu „platzieren“. Das Programm TPE leistet grossartige Hilfe für die Planung von Shootings mit Mond-, aber auch Sonnenauf- und Untergängen. Für iPhone, Win, Linuxund Mac.

TPE in Aktion: Der Mond geht um 16.15 Uhr hinter Alcatraz auf, wenn ich am Fuss der Golden Gate Brück stehe.

Heute ist der Tag. Einer von zwölf pro Jahr, an dem sich der Mond ideal hinter einem spannenden Vordergrund platzieren lässt: Einen Tag vor dem Vollmond nämlich geht er kurz vor Sonnenuntergang auf, und die Lichtverhältnisse erlauben ohne kompliziertes HDR spannende Fotografien.

Wer fokussiert.com schon länger liest, kennt meine Erfahrungen mit dem Mond – und meine vielen Versuche und Anleitungen, die ideale Zeit und die ideale Position für das ultimative Mondbild zu finden. Anfangs habe ich mit Winkelmesser und Karte operiert, jetzt nutze ich das hervorragende kleine Programm TPE – The Photographer’s Ephemeris:

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Samuel Raymanns Multilayer: Die Welt in vielen Schichten

Leere und Überfluss kreiert Samuel Raymann in seinen Bildern. Die Technik nennt er „Multi-Layer“: Aus der Idee eines Touristen wurde so ein Projekt.

Basketball Court, West 4th Street, New York. © 2009 Samuel Raymann

Der Times Square in New York, der Stadt, die niemals schläft, ist rund um die Uhr eines der belebtesten Zentren Manhattans. Aber auf Samuel Raymanns grossformatigem Foto ist er absolut menschenleer: Kein Yellowcab, kein Cop, kein Bombenkommando.

Die gleiche trostlose Leere herrscht im Grand Central Terminal, wo der glänzende Boden nur das Sternbild im Tonnendach spiegelt. Und in einem McDonalds-Restaurant, das aussieht, als hätten vor Sekunden noch Leute auf den festgeschraubten Stühlen gesessen.

Dafür tummeln sich im Washington Square Park scheinbar Millionen von Eichhörnchen, und auf einem Basketball-Court an der 4th Street springen Dutzende von Bällen auf und ab, als hätten sich grade zwei Schulklassen mitten im Sportunterricht in Luft aufgelöst:

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Herbstspaziergang: Farbenspiel und Bildausschnitt

Selten kommen Fotos perfekt aus der Kamera – zumeist müssen sie etwas aufpoliert werden. Wenn das Farbenspiel der Blätter im herbstlichen Wald zur Geltung gebracht werden soll, darf es gerne auch einmal etwas mehr sein.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Roland Horni).

Kommentar des Fotografen:

Herbstlicher Sonntag, herrliches Wetter, da musste ich noch einmal in den Wald. Mich interessieren vor allem die leuchtend farbigen Blätter, die ich oft im Gegenlicht und als Nahaufnahme auf den Chip banne. Als ich so durch diesen Waldweg ging, kam mir so mancher Wanderer/Wanderin entgegen oder überholte mich, wie diese Dame im Bild. Das brachte mich auf diese Bildidee.

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Blumenfoto: Die vielen Unterschiede

Was hebt diese Fotografie einer wilden Orchidee von den üblichen Blumenbildern ab? Eine ganze Liste beachtenswerter Punkte.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Stephan Amm).

Kommentar des Fotografen:

Das Holunderknabenkraut, früher eine weit verbreitete Orchidee, ist heute außerhalb der Alpen nur noch an wenigen Fundorten anzutreffen. Bei uns im Frankenwald gibt es noch einige Stellen mit teilweise über 100 Exemplaren. Besonderes Glück hatte ich dieses Jahr bei einer kleineren Population, die in ihrer Lage für mich einmalig ist, am Hang, mit der Chance, daß die Frühjahrssonne mit ihren letzten Strahlen die Orchideen, von denen es auch eine rote Variante gibt, illuminiert. Ein Makro mit langer Brennweite (200mm) bei offener Blende sorgte für die Vignettierung und die „Auflösung“ der Umgebung.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Stephan Amm:

Eine wilde Orchidee im letzten Licht des Tages, fotografiert mit extremer Brennweite, steht in einer Wiese mit hohen Grashalmen, die im Vorder- und Hintergrund ind er Unschärfe verschwinden.

Diese Aufnahme könnte als Schulbeispiel für gut gemachte Blumenaufnahmen dienen:

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Pferdefoto: Zufall und Bemühen

Großartige Fotos können einem gelegentlich einfach so zufallen, meistens sind sie jedoch das Resultat von viel Bemühung und guter Planung.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Birgit Engelhardt).

Kommentar des Fotografen:

Während eines Reiter-Pferd-Shootings für eine Bekannte gefielen mir die kraftvollen Hufe des Pferdes besonders. Ich wartete, bis der Schatten der Reiterin ebenfalls gut zu sehen war, und bezog sie so mit ins Bild ein.

Profi Douglas Abuelo meint zum Bild von Birgit Engelhardt:

So viel Spaß Fotografie auch machen kann, meist ist sie mit einer Reihe von Kämpfen verbunden: Dem Kampf, das perfekte Thema zu finden, die Beleuchtung genau richtig zu treffen, die Komposition präzise zu gestalten und im richtigen Moment den Auslöser zu drücken, um nur ein paar zu nennen.

Manchmal, wenn auch selten, entsteht jedoch ein sehr schönes Bild einfach durch einen glücklichen Zufall. Hier haben wir ein Beispiel dessen, obwohl ein wenig mehr Bemühung und Planung zu einem stärkeren Bild geführt hätten.

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Mondfotografie: Einen Tag vor dem Vollmond

Am Montag herrscht Vollmond, am Sonntag ist der Beste Tag, Um Mondfotos vor markanten Landschaftsteilen oder Gebäuden zu machen. Planung ist alles. Noch eine Anleitung. Update: Google Earth benutzen!

Mond über Alcatraz - schaffe ich heute sowas in der Schweiz? (© PS)

Jeden Monat gibt es einen Tag, der sich besser als alle andern zum Fotografieren des Mondes eignet. Und jedes zweite Mal verpasse ich ihn – weshalb ich jetzt mittels dieser Tabelle der US-Naval Services alle entsprechenden Daten in meinem Kalender markiere.

Das nächste Stichdatum ist – heute, 6. 6. 2009: Das ist ein Tag vor Vollmond in Europa, und der Mond geht rund eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang auf. Warum das Ideal ist?

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Fotoproduzent (2/3): Das Shooting

Fotografie als Beruf: Heute kann jeder versuchen, mit Stockphotos Geld zu verdienen. Wieviel Arbeit beim Profi dahintersteckt und wie wenige Shootings es wirklich sind pro Monat, verrät Fotoproduzent Robert Kneschke.

Roberts Hauptsächlicher Arbeitsplatz... (© Robert Kneschke) Die erste Entscheidung zur Planung eines Shootings ist die Wahl des Modells. Ich überlege grob, ob ich ein männliches oder weibliches Modell ablichten will – oder gar ein Paar, eine Gruppe von Freunden oder eine ganze Familie.

Wofür ich mich entscheide, hängt davon ab, was gerade von den Agenturen gesucht wird, wie viele ähnliche Typen ich schon fotografiert habe und auch, wer als Modell gerade anfragt.

Weitere Kriterien sind die Haarfarbe und Haarlänge und auch die zusätzlichen Qualifikationen des Models, wie Schauspielunterricht oder sportliche Fähigkeiten. Naturblond geht immer gut, und ich mag rothaarige, sommersprossige Modelle, weil sie Frische und Natürlichkeit ausstrahlen. Typische Model-Gesichter suche ich nicht, es soll eher der oder die „Schöne von nebenan“ sein.

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Fotoproduzent (1/3): Marktforschung in der „Bunten“

Stockfotos sind eine Art, die Fotografie zum Beruf zu machen – Robert Kneschke gibt in einer Serie einen Einblick in seine Arbeit. Er macht deutlich, dass wenig davon hinter der Kamera stattfindet.

Mit Stockfotografie kann man Geld verdienen (© Robert Kneschke)Fotoproduzent ist kein Ausbildungsberuf. Die meisten meiner Kollegen sind Quereinsteiger, und ihr Rutsch in dieses Arbeitsfeld ähnelt meinem. Ich fotografiere seit meinem 15. Lebensjahr als Hobby. Ursprünglich analog, was sich in einem hohen Posten für Filme und Filmentwicklungen in meinem Taschengeldbudget bemerkbar machte.

Zehn Jahre lang habe ich mit der Kamera gespielt, experimentiert, gelernt und Fotos gemacht, für die ich mich heute schämen würde. Dann kam der Punkt, an dem ich die Ausgaben für das Hobby wieder einzunehmen versuchen wollte. Ich kaufte mir bei einem Großhändler Passepartouts, machte Abzüge von schönen Fotos, vor allem Landschaften und Berlin-Motive, und stellte mich damit auf Berliner Kunstmärkte.

Die Kunden kamen, aber kauften nicht genug.

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