Beiträge

Buchrezension «Der Rote Faden»: Fotoprojekt statt Bilderdschungel

Egal, ob man bereits vorhandene Bilder sichten und gruppieren lernen oder diese als Ausgangspunkt für themenbezogenes Arbeiten nehmen möchte: «Der Rote Faden» hilft insbesondere fortgeschrittenen Fotografen, den unübersehbaren Dschungel ihrer vorhandenen – und zukünftigen – Digitalaufnahmen in Projekte umzuformen.

Der Rote Faden - (c) Meike Fischer

Der Rote Faden – (c) Meike Fischer

Level: Fortgeschritten
Genre: gemischtes Lehrbuch
Benutzbarkeit*: 9
Preislevel**: €€
Empfehlenswert für alle, die aus ihrem Bilderstapel Bildprojekte gestalten möchten.
* 1 – eher nicht, 5 – geht so, 10 – super
** € (sehr billig) bis €€€€€ (überteuert)

Diese Buchrezension fügt sich an einen Artikel an, den wir vor nicht allzu langer Zeit über projektbezogenes Arbeiten veröffentlicht haben.

Viele Fotografen sind ohne klare Linie in ihrem Schaffen sehr glücklich. Sie fotografieren – zum Teil technisch sehr gut – was ihnen gefällt, mehr oder weniger wahllos, und hinterher lagern die Ergebnisse auf einer Festplatte oder DVD. Doch keiner interessiert sich nach ein paar Jahren für die Trophäenbilder, die man aus dem Urlaub mitgebracht hat, oder die Aufnahmen des Kindergeburtstages, wenn man sie überhaupt noch findet. Weiterlesen

Low Key Porträt mit Hund: Vier Augen für ein «Wow»

Wenn zwei Augenpaare eine Geschichte erzählen… Ein Abendlicht-Porträt, das kaum noch Wünsche übrig lässt, obwohl es kaum Regeln einhält.

Junge und Hund sitzen am Boden Schwarz Weiss

Ohne Titel © Hans Solvie

Hans Solvie aus Berlin schreibt zu diesem Bild: Das Bild entstand in unserer Datsche bei mäßigem Licht und kurz vor dem Abschied von dem Hund … die Grundstimmung war somit eher etwas traurig. Zu den technischen Daten: Blende 2,8, Iso 2000 und 1/200 Belichtung, Canon Dos 5 d, Sigma Objektiv 35 mm 1,4. Über eine Kritik von Euch würde ich mich sehr freuen.

In dieser Schwarzweiss-Aufnahme sitzt ein Junge von vielleicht 12 Jahren im Schneidersitz am Boden vor der Kamera. Diese befindet sich auf seiner Augenhöhe. Er hat einen kleinen Hund auf dem Schoss, dessen Kopf er mit der Linken hält, während er das Tier mit der rechten umschlungen hat. Hund und Junge blicken direkt in die Kamera; der Kopf des Hundes verdeckt den Mund des Knaben. Das Bild ist angesichts der dunklen Umgebung fast schon als Low-Key zu bezeichnen, im Hintergrund spiegeln sich helle Fenster in der matten Oberfläche eines weissen Kühlschranks.

Es ist unglaublich, wieviel Ausdruck in einem Blick liegen kann, oder vielmehr: Weiterlesen

Buchrezension «Fotografie»: Handbuch analoger Kreativtechniken

Ein Must-have für fotografisch fortgeschrittene Enthusiasten experimenteller analoger Bildtechniken.

Fotografie: Handbuch der analogen Kreativtechniken - (c) Antonini, Minniti, Gomez, Lungrarella, Bendandi/Prestel

Fotografie: Handbuch der analogen Kreativtechniken – (c) Antonini, Minniti, Gomez, Lungrarella, Bendandi/Prestel

Level: Fortgeschritten
Genre: Fotolehrbuch
Benutzbarkeit*: 9
Preislevel**: €€
Ein Must-have für fotografisch fortgeschrittene Enthusiasten experimenteller analoger Bildtechniken.
* 1 – eher nicht, 5 – geht so, 10 – super
** € (sehr billig) bis €€€€€ (überteuert)

Wenn Digitalfotografie das Medium auch pauschalisiert hat, gab es von Anfang an eine Gegenbewegung, die den Ausverkauf zu verhindern suchte. Und in einer Zeit, in der Instagram einen jeden Selfieenthusiasten mit Smartphone zum „Fotografen“ macht, suchen immer mehr Künstler nach Wegen, sich individueller auszudrücken, und kehren zu den Wurzeln der Fotografie zurück. Nicht nur das, sie entwickeln sie weiter. Eben diesen Bestrebungen ist das „[amazon 3791381407]Handbuch der analogen Kreativtechniken[/amazon]“ gewidmet. Weiterlesen

Kostenloses E-Book: Produktfotografie am Esstisch

Ein Produktfotograf plaudert aus der Schule: Eberhard Schuy hat eine Einführung in die Produktfotografie geschrieben, die mit einfachen Mitteln auskommt. Der kostenlose Ratgeber ist als E-Book im PDF-Format zu beziehen.

Cover des Ebooks über Produktfotografie

Produktfotografie: Übertriebene Originalität führt nicht zum Ziel.

Produktfotografie? Wer will denn sowas? Nun: Alle, die was zu verkaufen haben. Das sind, stellt Eberhard Schuy gleich zu Beginn seines Büchleins fest, immer mehr auch Privatpersonen. Sie verkaufen übriges oder handgemachtes auf Ebay und diversen anderen Online-Märkten. Und langsam gewinnen die meisten dabei die Erkenntnis, dass eine gute Fotografie den Absatz enorm ankurbelt.

Worin liegt denn aber der Reiz oder wenigstens die Herausforderung der Produktfotografie? Vielleicht schon im Umstand, dass keine Menschen in den Bildern zu sehen sind: Menschen interessieren uns nämlich automatisch; alte Bügeleisen, Spielsachen oder Töpferwaren hingegen deutlich weniger. Also müssen diese Dinge so fotografiert werden, dass sie den Rückstand aufholen: Sie sollen interessant werden. Das schreit nach kreativer Umsetzung.

Und darin liegt ein Risiko: Weiterlesen

Konzeptbild: „Your Tattered Throne“

Color Key kann funktionieren, wenn er gut gemacht ist UND zum Foto paßt.

PENTAX K-3 - f/2.8 - 1/1250 s - 35 mm - ISO 100 - Zeitautomatik - (c) Jens Ochlich

PENTAX K-3 – f/2.8 – 1/1250 s – 35 mm – ISO 100 – Zeitautomatik – (c) Jens Ochlich

Jens Ochlich aus Oceanside, CA USA schreibt zu diesem Bild:

Ich habe dieses Foto vor genau einem Jahr an dem Ufer der Salton Sea in Kalifornien gemacht. Die Salton Sea war einst die „Riviera Der Wüste“, mit regelmäßigen Besuchen von Hollywood Größen aus dem nur zwei Stunden entfernten LA. Da der See aber ursprünglich nur durch einen Dammbruch entstanden ist und kein selbst erhaltender, natürlicher See ist, fingen Mitte der Siebziger Jahre die Probleme an, die evtl. zu einem fast kompletten Verlassen des Sees führten. Man kann dort verlassene Gebäude (und viele Wohnwagen), sowie Relikte der sechziger u. siebziger Jahre, die im freien langsam in der Wüstensonne zerfallen.

Dieser Stuhl wurde von jemandem direkt am Seeufer platziert, was für mich der eigentliche künstlerische Akt ist. Ich habe nur das Foto davon gemacht. Für mich ein perfektes Sinnbild des Verfalls und des Vergessen der Salton Sea. Ein stummer Zeuge der einst besseren Zeiten, die schon seit langem in der erbarmungslosen Sonne bleichen und verwittern und dabei die Patina des langsamen Verfalls besitzt.

Erst einmal Glückwunsch zu einem, wie ich meine, fast rundherum gelungenen Foto. Eingereicht hast Du ein Bild, das einen einzigen Stuhl zeigt, ehemals lila gepolstert, jetzt, wie der von Dir gewählte Titel treffend unterstreicht („tattered“ = zerfetzt oder zerfleddert), nur noch ein Schatten seiner selbst. Verfallende Gebäude und Gegenstände bieten willkommene fotografische Motive, und ich finde es auch immer spannend, solche Dinge zu erkunden. Um die Salton Sea bietet sich wohl, wie ich gesehen habe, so einiges an. Weiterlesen

Die Gewinner des Swiss Press Photo: Ein Leintuch und mehr

Ein Pressefoto, auf dem das Subjekt des Interesses gar nicht zu sehen ist: Es gewinnt den ersten Preis der Stiftung Reinhardt von Graffenried als bestes Schweizer Medienbild des Jahres 2016. Das Bild eines Leintuchs ging um die Welt.

Zurich, 27.05.2015 Several top FIFA officials are being arrested by Swiss authorities, outside the five-star hotel "Baur au Lac" in Zurich, Switzerland, early Wednesday morning, May 27th 2015 Photo by Pascal Mora

Zurich, 27.05.2015 Mehrere Top-FIFA-Funktionäre werden durch die Schweizer Behörden verhaftet. Swiss Press Photo / © Pascal Mora

Man darf darüber streiten, ob es nun ein gutes Bild ist oder nicht – aber die Frage stellt sich in diesem Fall nicht in künstlerischer Hinsicht, sondern in journalistischer. Wir in unserer Ecke der Fotografie würden deshalb vielleicht die Ansprüche an das anwenden, was wir «Streetphotography» nennen, aber vor einem anderen Hintergrund.

Diese Aufnahme, deren Leistung im wesentlichen darin besteht, dass der Fotograf Pascal Mora zum richtigen Zeitpunkt (frühmorgens) am richtigen Ort (im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac) war, erzählt den Anfang einer Geschichte: Weiterlesen

Abstraktes Architekturfoto: Hong Kong Vertigo

Manchmal helfen Regeln gar nichts, um die Faszination einer Fotografie zu ergründen. Hier wird der Blick entlang zweier Hochhäuser in den Nachthimmel zum abstrakten Kunstwerk. Nichts erklärt dem Hirn des Betrachters, was er hier wirklich sieht.

Zwei Fassaden in Hong Kong gegen den Nachthimmel

Pentax K3, 2.5s bei f/11 und ISO 100. © Christoph Merklein

Christoph Merklein aus Würzburg schreibt zu diesem Bild: Ein Blick von unten nach oben. Aufgenommen in Hong Kong im Frühjahr diesen Jahres. Besonderen Wert habe ich hierbei auf die symmetrische Anordnung der Bildelemente gelegt.

Auf den ersten Blick ist bei dieser fast monochromatischen Hochformat-Farbfotografie nicht erkennbar, worum es sich handelt. Auf der linken Seite erstreckt sich eine zweigeteilte Struktur mit komplexer Oberfläche auf den Fluchtpunkt in der Bildmitte zu. Rechts davon streckt sich dem Bildzentrum eine rechteckige, schwarze Struktur entgegen. Den Hintergrund der in braun bis schwarz gehaltenen Fotografie scheint ein dunkler Nebel zu bilden.

Die Beschreibung offenbart bereits, was diese Aufnahme mit einem machen kann: Weiterlesen

Urban Exploration: Morbider Charme eines alten Kinos

Alte Gebäude haben eine magische Anziehungskraft auf Fotografen, und wer sich ihr nicht entziehen kann und mit Temperaturproblemen, Staub und anderem zu kämpfen bereit ist, wird oft mit einer Zeitreise in eine andere Welt belohnt.

Der Kinosaal

Der Kinosaal

Als ich vor längerer Zeit durch Zufall in einer Seitenstraße dieses alte Kino entdeckte, versuchte ich in meinem Bekanntenkreis nähere Infos darüber zu bekommen. Doch diese waren spärlich. Es stellte sich heraus, dass das Kino seit fast 40 Jahren leer steht und der Zerfall seit dem voranschreitet.

Im Volksmund heißt das Gebäude noch heutzutage Eide-Saal. Dieser wurde in den Jahren 1952/53 von kulturtreibenden Vereinen in Eigenleistung an das ehemalige Gasthaus angebaut. Weiterlesen

Buchrezension «Bettina Rheims»: 40 Jahre (provokative) Fotografie

Bettina Rheims verehrt oder haßt man, es gibt nichts dazwischen. Von den einen als Befreierin weiblicher Sexualität verehrt, wird sie von anderen als Ausbeuterin derselben verteufelt. Diese Zusammenstellung ihrer Werke, fast vier Jahrzehnte umfassend, läßt auch den uninitiierten Betrachter seine eigene Meinung bilden.

(c) Bettina Rheims/Taschen

Das Buchcover © Bettina Rheims/Taschen

Level: Alle
Genre: Fotobuch
Benutzbarkeit*: 8
Preislevel**: €€€
Eine Best-of-Retrospektive der Fotografin Bettina Rheims, von ihr selbst ausgewählt.
* 1 – eher nicht, 5 – geht so, 10 – super
** € (sehr billig) bis €€€€€ (überteuert)

«Die Männer beteuern immer, sie lieben die innere Schönheit einer Frau – komischerweise gucken sie aber ganz woanders hin.» (Marlene Dietrich)

Bettina Rheims“ blickt auf fast 40 Jahre ihres Schaffens zurück, und auf eine genauso lange Liste von Meinungen über ihre Bilder, die weit auseinandergehen. Sie hat in dieser Zeit viele bekannte und unbekannte Menschen, davon mehr Frauen als Männer, fotografiert, und die [amazon 3836555433]Werkschau[/amazon] enthält ihre persönliche Auswahl dessen, was sie als das beste ihrer Karriere ansieht. Hier und da unterbrochen von kurzen Texten in drei Sprachen (englisch, französisch, deutsch), die entweder begleitend die Bilder selbst oder Rheims‘ Werk im allgemeinen kommentieren, geben die über 500 Fotos einen vertieften Einblick in die Seele einer Künstlerin, die seit den späten Siebziger Jahren der Gesellschaft wenn nicht den Spiegel, so doch das Fernglas des Voyeurs vorhält. Weiterlesen

Amateurfotografen-Krankheit GAS: Dem Drang widerstehen

Viele Amateurfotografen leiden am sogenannten Gear Acquisition Syndrome (kurz G.A.S.). Hier erfährst Du, wie Du dich schützen kannst.

Gear Acquisition Syndrome

Gear Acquisition Syndrome

Der eine oder andere wird die Abkürzung G.A.S. oder den dafür stehenden Begriff Gear Acquisition Syndrome (zu deutsch ungefähr: Ausrüstungs-Sammel-Sydrom) schon mal irgendwo gehört oder gelesen haben. Viele werden aber bereits an der „Krankheit“ leiden oder zumindest schon mal gelitten haben (mich eingeschlossen).

Natürlich ist es keine echte Krankheit, wobei es durchaus die Kaufsucht als Krankheit gibt. Im Prinzip ist es eine Überspitzung eines Phänomens, welches man überwiegend bei Amateuren findet. Und das nicht nur auf die Fotografie beschränkt. Weiterlesen