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Fotografische Komposition (3/3): Die praktische Anwendung

Im ersten und zweiten Teil ging es um die Grundregeln der Bildgestaltung, dieser letzte Teil widmet sich nun der praktischen Anwendung.

In der praktischen Anwendung sollte man sich der Grundregeln zumindest bewußt sein – alles andere ist gestalterische Freiheit.

Goldener Schnitt und negativer Raum:

Abgebildet ist hier ein Mann inmitten eines Kürbisbeetes. Er gräbt im Boden und obwohl sein rechter Arm halb, seine linke Hand teilweise von Pflanzen verdeckt sind, befinden sie sich doch noch konzeptionell im Bild – man kann sie sich gewissermaßen dazudenken. Die grüne Linie verläuft am natürlichen Horizont entlang. Die roten Linien beschreiben den relativen Gewichtungspunkt, in dem er sich befindet. Die horizontale Linie bildet den optischen Horizont. Die Person ist leicht aus dem Goldenen Punkt heraus verschoben (die gelbe Linie beschreibt den eigentlichen Goldenen Schnitt), was aber hier nicht negativ ins Gewicht fällt, da sich der negative Raum um ihn herum (lila eingefärbt) sonst rechts neben ihm zu sehr ins Bild drängen würde. Das Motiv ist so angeordnet, daß es ihn am besten relativ zu dem, was er tut, in Szene setzt.

Perspektive:

Dieses Foto spielt mit Perspektive. Der kleine Baum befindet sich im Goldenen Punkt (rote Linien), auf den alle anderen Linien (lila) zulaufen.

Es braucht nicht viel, sich an die Regeln der fotografischen Grundkomposition zu halten, mit diesem kleinen Einblick und ein wenig mehr Zeit beim Fotografieren lassen sich schnell bessere Ergebnisse erzielen.

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Fotografische Komposition (1/3): Darauf ist bei der Bildgestaltung zu achten

Komposition, kompositionelle Regeln und Stilrichtungen haben sich über die Jahrhunderte hinweg grundsätzlich geändert, sind geformt und gebrochen worden. Die folgenden Ausführungen sind daher auch nicht als historische Abhandlung gedacht, sondern als kurzer Überblick über wichtige Gesichtspunkte fotografischer Komposition.

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David Hurn bemerkte in seinem Interview mit Bill Jay, dem auf fokussiert besprochenen „Fotograf sein – On being a photographer“, ein Fotograf habe grundsätzlich nur zu entscheiden, wo er steht, und wann er auf den Auslöser drückt. Insofern sei Fotografie sehr einfach. Und dem pflichte ich uneingeschränkt bei.
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Die Anemone im surrealistischen Wald

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Blumenbilder gibt es zuhauf und deshalb wirken viele schnell platt und langweilig. Wenn der Hintergrund – wie hier – gut mit einbezogen wird, kann das leicht vermieden werden.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Annemarie Berlin)

Kommentar des Fotografen:

Da ich schon sehr viele „normale“ Anemonenbilder gemacht habe, wollte ich dieses Blümchen einmal etwas anders ablichten. Die Einsamkeit, die Suche nach dem Licht und die kühle Umgebung des Waldes sollten unbedingt mit einfließen.

Fotografiert habe ich mit der 5DMII und dem 100mm Trioplan bei Blende 2.8 und 1/640s

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Annemarie Berlin:

Ein nicht normales Blumenfoto wollte die Fotografin Annemarie machen und mit dieser Aufnahme ist ihr das auf jeden Fall gelungen. Wiederholt habe ich bei den Bildkritiken sowohl Fotos rausgepickt, die bei den abertausenden Blumenfotos, die täglich ins Internet gestellt werden, positiv herausstechen (http://fokussiert.com/2012/04/26/blumenfoto-stengel-im-fokus/) als auch welche, die noch verbessert werden können.

Das ungewöhnliche Bilder von Blumen nicht so schwer sind, wenn einige Regeln beachtet werden (siehe meine Auflistung hier: http://www.fotografr.de/6686/4-typische-anfaenger-fehler-bei-blumenfotos/), zeigt auch das heute besprochene Foto. Der Trick bei dieser Aufnahme ist, dass die Fotografin der Umgebung einerseits genügend Platz gegeben hat, um erkennbar zu sein und einen „Mood“, also eine Stimmung, zu schaffen. Andererseits ist der Hintergrund durch die weit offene Blende 2.8 abstrakt genug, um durch das massenhaft wiederholte kreisförmige Bokeh eine surreale Wirkung zu erzielen.

Die offene Blende sorgt auch für eine Tiefenwirkung, die beim Betrachter den Eindruck erweckt, man wäre ein kleines Tier auf dem Waldboden, welches die Blume betrachtet.

Dazu passt gut, dass die weiße Anemone vorsichtig von links unten nach rechts oben ins Bild „reinzuschnuppern“ scheint. Sowohl die von der Fotografin erwähnte „Einsamkeit“ als auch die „Suche nach dem Licht“ und die „kühle Umgebung des Waldes“ werden somit gut illustriert. Das betone ich hier deshalb, weil ich in der Vergangenheit genügend andere Fotos gesehen habe, bei denen vom Fotografenkommentar kaum etwas im Bild zu erkennen war.

Nach all der Lobhudelei noch eine kleine Kritik und ein Verbesserungsvorschlag: Wenn sich die Fotografin schon die Mühe gemacht hat, für dieses Foto tief in die Knie oder gar ganz auf den Boden zu gehen, hätte sie bei der Gelegenheit auch das braune, welke Blatt ganz links im Bild entfernen können.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
Mehr über die Profi-Bildkritik erfahren / Eigene Bilder zur Kritik einreichen.

Sumpffotografie: Schattenriss mit Tiefe

Landschaftsfotografie braucht nicht unbedingt einen Vordergrund, aber unbedingt Tiefe. In diesem Sinne sollten Regeln verstanden und angewandt werden.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Friedhelm Stille).

Kommentar des Fotografen:

Kiefern im Morgennebel. Der Nebel des Morgens dämpft das Licht der frühen Sonne; wie Silhouetten erscheinen die Kiefern vor dem Hintergrund. Everglades Nationalpark, EOS 1V, Diafilm, Stativ, SVA

Profi Peter Sennhauser meint zum Bild von Friedhelm Stille:

Eine Gruppe magerer, hoch aufragender Kiefern vor einer fahlen, durch dichten Nebel radikal gefilterten Sonne. Wäre deren Schein und ihre „Aura“ nicht gelblich gefärbt, würde das Bild monochrom wirken.

Die Bäume füllen die Komposition in spannungsbauendem Rhythmus in allen drei Dimensionen:

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HDR-Schwarz-Weissbild: Regelbrüche und Harmonien

Regelbrüche sollten – in der Regel – nur vereinzelt als Stilmittel angewandt werden. Die bewusste Kumulation kann aber ebenfalls eine starke Wirkung erzeugen.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Dierk Topp).

Kommentar des Fotografen:

Los Llanos, La Palma, Kanarische Inseln, Nikon D3, Nikor 24mm/2.8 PC-E, Belichtungsreihe mit +-1 EV aus der Hand, HDR mit Photomatix, Filter NIK Silver Efex

Peter Sennhauser meint zum Bild von Topp Dierk:

Am liebsten gucken wir Menschen uns Menschen an, und menschenleere Fotografien, noch dazu solche von einem Ort, der von Menschen gestaltet wurde und von ihnen genutzt wird, wirken häufig kalt, uneinladend und langweilig.

Dieses Bild hingegen vermittelt südliche Hitze, flimmernde Luft und Mittagsruhe und stellt uns mitten in die Szenerie. Dabei basiert es, als Schwarz-Weiss-Aufnahme, fast ausschliesslich auf Flächen und Linien.

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Selbstporträt: Schuss in den Spiegel

Als Foto-Amateur lernt man schnell eine Regel: Nie in einen Spiegel blitzen. Warum die Regel sinnvoll ist und weshalb sie auch gebrochen werden darf, zeigt dieses Foto.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Thomas Weidenhaupt).

Kommentar des Fotografen:

Eine besondere Absicht hatte ich eigentlich nicht im Kopf, als ich das Foto gemacht habe ;) Ich hatte das objektiv gerade neu und habe etwas herumexperimentiert. Dabei ist, unter anderem, dieses Bild vor dem Spiegel entstanden

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Thomas Weidenhaupt:

Ist das eine Hommage oder nur eine Kopie? Das Foto sieht dem Titelbild des Fotobuchklassikers von Andreas Feininger ([amazon 3453179757]“Andreas Feiningers große Fotolehre“[/amazon]) sehr ähnlich.

Ein junger Mann, der mit seiner Kamera direkt den Betrachter fotografiert. So ein Blickwinkel kann auf zwei verschiedene Arten erzeugt werden:

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Buchenwald: Landschaft ohne Tricks

Moderne Landschaftsfotografie ist voll von Farben, weiten Blickwinkeln und tiefer Perspektive. Werden Betrachter ein Landschaftsbild zu schätzen wissen, das sich auf das Ursprüngliche besinnt?

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Benjamin Pollmann).

Kommentar des Fotografen:

Aufgenommen im Natuschutzgebiet Hangelstein bei Giessen, Ende April gegen Abend. Ich wollte den ursprünglich ganz Mitteleuropa bedeckenden Teil der Natur, den Buchenwald, zeigen, und zwar so, dass man den gleichen Eindruck beim Betrachten hat wie bei Landschaftsaufnahmen anderer Erdteile, die uns fremder und ürtümlicher erscheinen. Ich wollte daher auch keinerlei „Zivilisation“ wie Wege oder andere Bauten auf dem Bild haben. Der Betrachter soll sich vorstellen können, dass auch Deutschland mal Naturerlebnis pur war. Das Bild hatte ich schon einen Tag bevor ich es machte, als ich an der Stelle vorbeikam, im Kopf. Durch die noch zarte Belaubung hoffte ich keine zu harten Kontraste zu bekommen, die Waldbilder sonst oft ruinieren.

Profi Douglas Abuelo meint zum Bild von Benjamin Pollmann:

Mit diesem Foto brichst Du viele Regeln der zeitgenössischen Landschaftsfotografie:

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Die blauen Berge: Goldener Schnitt

Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden – allerdings sollte es dazu einen klar ersichtlichen Grund geben. Auch die Regel des Goldenen Schnitts gehört dazu.

Lukas Fassbender
Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Lukas Fassbender). – Panasonic Lumix FZ18 – ISO 100 – 14,7mm – f/4,0 – 1/200s

Kommentar des Fotografen:

Sek. Fotografiert ca. 80 km westlich von Beijing and der Chinesischen Mauer. Das Foto entstand am alten (unrestaurierten) Teil der chinesischen Mauer. Der Ausschnitt spiegelt für mich eine wunderschöne chinesische Landschaft wieder mit der Mauer im Vordergrund.

Profi Robert B. Fishman meint zum Bild von Lukas Fassbender:

Gut gefällt mir die erstaunliche Vielfalt an Grün- und Blau-Grautönen, die harmonisch ineinander übergehen. Die gestaffelten Silhouetten der Berge und die Strukturen der farblich harmonierenden Bäume verleihen dem Bild zusätzlich Harmonie und Tiefe. Der kleine Tempel mit seinem geschwungenen Dach verortet das Bild. Wir erfahren sofort, dass wir uns in Ostasien befinden. Ich habe sofort auf China getippt und ich denke, dass es den meisten Betrachtern so gehen wird. Schade finde ich, dass das Gebäude so weit links an den Rand gequetscht ist:

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Berglandschaft: Das fehlende Element

Gerade in der Landschaftsfotografie müssen die Regeln bisweilen gebrochen werden, um Spannung zu erzeugen. Die klassische Postkartenaufnahme wirkt häufig flach, weil ein echtes Zusatzmotiv fehlt.

Bild

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© David Lienhard). – Canon EOS 400D – 1/400s – f/13 – ISO 200 – 18mm (27mm)

Kommentar des Fotografen:

Am 31. Dezember auf dem Dachberg im Skigebiet von Vals aufgenommen.

Profi Douglas Abuelo meint zum Bild von David Lienhard:

Dieses Foto scheint alle Grundregeln der Fotografie zu befolgen: Es ist ein Landschaftsbild und vom Vorder- bis zum Hintergrund absolut scharf. Es befinden sich Objekte im Vordergrund, die unser Augenmerk auf sich lenken, und dann unseren Blick tiefer ins Bild ziehen:

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