Erlebnisbericht: 2015 World Wide Photo Walk (Teil 1) – Wo darf’s denn hingehen?

Seit 2008 wird der World Wide Photo Walk von Kelby One ausgerichtet. Nach zwei Jahren als Walker war Autorin Sofie Dittmann dieses Jahr als Führerin dabei.

West Side Market

West Side Market, Ohio City, Cleveland/Ohio – (c) Sofie Dittmann

Scott Kelby ist nicht nur der Photoshop- und Lightroom-Gott, er dominiert auch die englischsprachige Workshopszene zu diesen Themen. Ich selbst habe mir Photoshop vor Jahren mittels seiner nach Rezeptmanier aufgebauten How-to-Büchern angeeignet. Dementsprechend war ich etwas skeptisch, als ich vor etwas über zwei Jahren auf den Scott Kelby World Wide Photo Walk stieß. Was konnte es auch sonst sein, als eine perfide PR-Aktion von jemandem, der sowieso schon genug Geld gescheffelt hat?

2013 trug ich mich spaßeshalber für einen Photo Walk im Cuyhoga Valley in Ohio ein, um es einfach mal auszuprobieren. Die meisten unserer Leser, die mit der US-amerikanischen Pampa nicht vertraut sind, werden nicht genau wissen, worum es sich hier handelt. Cuyahoga Valley National Park ist erst seit 2000 ein Nationalpark; davor war das Gelände teilweise eine National Recreation Area, ansonsten ein Mischmasch an Bauernhöfen, Gemeinden und dem Towpath Trail. Außerdem gab es mehrere problematische Mülldeponien, die aber mittlerweile fast alle beseitigt sind.

Jedenfalls genießt das Gebiet wie erwähnt seit 2000 National Park Status, und das wurde unserem Walk im Jahr 2013 schlußendlich zum Verhängnis, denn im Oktober war die Regierung mit ihren Finanzen mal wieder am Ende, „Government Shutdown“ genannt auf amerikanisch, und deshalb der Park für Besucher gesperrt. Deshalb mußten wir kurzfristig auf einen städtischen Park in der Nähe von Cleveland ausweichen. Weiterlesen

Motivsuche: Nur Trophäen moderner Jäger und Sammler?

Meine persönliche Motivation bezüglich Fotografie auf dem Prüfstand. Fotografiere ich wirklich die „richtigen“ Motive? Oder gebe ich mich zu sehr der Trophäenjagd hin und kümmere mich zu wenig um Inhalte, die nachhaltig Bedeutung haben?

Katze Frau Intimität

Beispiel für ein Bild von Belang (zumindest für mich): Katze Frau Intimität

Die Fotografie ist mittlerweile über 175 Jahre alt und hat in ihrer relativ kurzen Geschichte schon so einige gravierende Wandel durchgemacht. Das Aufkommen des Kleinbild-Formates hat es ermöglicht, auch die Kameras und Objektive kompakter und leichter zu bauen. Die Filme waren günstiger und einfacher zu handhaben. Das Aufkommen des Farbfilms erlaubte eine natürlichere Abbildung des Motivs und fügte eine weitere Meta-Ebene hinzu, denn Farben, Farbkombinationen, und Kombinationen aus Farbe, Form oder Motiv haben oft eine eigene Bedeutung, die wir nicht selten unterbewusst werten. Die digitale Fotografie ermöglichte es, deutlich mehr zu fotografieren, denn auf eine Speicherkarte passen hunderte Bilder, die dazu quasi auch noch kostenlos sind, denn man kann die Speicherkarte immer wieder verwenden und muss die Bilder nicht mit Chemikalien entwickeln.

All diese Fortschritte haben ihre Vor- und Nachteile. Wenn man sich dessen bewusst wird, kann man sich quasi die Rosinen vom Kuchen picken.
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13 Punkte zum Verständnis: Das Artist Statement

Intention und Beweggründe für das eigene Schaffen auszuformulieren, sind für den Fotografen eine Herausforderung, aber auch eine gute Übung.

Homage an Man Ray #38

Eine der schwierigsten Übungen für jeden Künstler, ob Maler oder Fotograf oder was auch immer, ist das Artist Statement. In einem mehr oder weniger prägnanten Paragraphen (oder auch länger) zusammenzufassen, was einen bewegt, warum man macht, was man macht, kann zu agonieähnlichen Zuständen führen, und das Ergebnis sich dann trotzdem oft albern anhören.

Vor etlichen Jahren, als ich gerade angefangen hatte, mich ernsthaft mit Fotografie zu beschäftigen, hatte ich Gelegenheit, ein paar Aufnahmen einer lokalen Fotografieprofessorin zu zeigen. Sie betrachtete das mitgebrachte Sammelsurium an Abzügen gnädig, gab mir ein paar gute Ratschläge, klopfte mir verbal aufmunternd auf die Schulter, und fragte mich am Schluß, „So, where are you going with this?“ („Also, wo willst Du denn noch hin damit?“) Weiterlesen

Bildkritik Architektur in Abstraktion: Form-(fast)-Vollendet

Manchmal kann man noch einen Schritt weitergehen, und ein fast perfektes Foto durch (zugegebenermaßen) drastische Nachbearbeitung zu einem hervorragenden machen.

Panasonic DMC-FT5 - 1/500 s - ISO 200 - f/10 - 4.9 mm - © Wiebke-Susanne Homann

Panasonic DMC-FT5 – 1/500 s – ISO 200 – f/10 – 4.9 mm – © Wiebke-Susanne Homann

Wiebke-Susanne hat uns diese Aufnahme der Universität Bielefeld unter dem Titel „Form-vollendet“ in der Kategorie „Architektur“ eingereicht. Sie  schreibt dazu:

«Der Schatten der Feuerleiter an der Wand hat mich fasziniert, und ich habe versucht, sowohl die triste Architektur, als auch den interessanten Schattenwurf abzubilden. Seit 10 Jahren arbeite ich in diesem Gebäude der Universität Bielefeld, und immer wieder springen mir neue Fotomotive ins Auge.»

Auf der Website von Wiebke-Susanne Homann sind noch mehr Bilder dieses Motivs zu sehen, aber dieses sticht für mich heraus, wenn auch der Titel etwas krankt (nicht ganz vollendet für mich – siehe unten). Aber zunächst zum Bild: Weiterlesen

Interview mit Fotograf Martin Gommel: „Fotografie ist immer politisch.“

Nachdem er 2006 das Fotografie-Blog „Kwerfeldein“ gegründet hat, beschäftigt sich Martin Gommel seit 2014 intensiv mit den Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Seine Porträts und die sie begleitenden Lebensgeschichten und Leidenswege haben Autorin Sofie Dittmann bewegt, und er hat sich dankenswerterweise die Zeit genommen, ihr ein paar Fragen zu seinem Schaffen zu beantworten.

Martin Gommel

Martin Gommel

Wie lange fotografierst Du schon? Was hat Dich ursprünglich zur Fotografie gebracht?

Ich fotografiere seit 2005. Zur Fotografie „gebracht“ hat mich meine damalige Freundin, jetzige Ehefrau, die mich mit der Digitalkamera ihrer Eltern fotografieren liess. Die Möglichkeiten der digitalen Aufnahmetechniken begeisterten mich sofort. Bis heute ist es für mich etwas Magisches, dass ich einen Moment der Zeit mit der Kamera festhalten kann. Weiterlesen

Bildkritik Eichenporträt: Schönheit am Rande des Waldes

Bei diesem Porträt einer alleinstehenden Eiche genügt ein bisschen mehr Tiefe, um einem symbolträchtigen Motiv den letzten Schliff zu verleihen.

Canon PowerShot S5 IS - ISO 80 - f/ 3,5 - 1/100 s – ca.18 mm (KB) – © Dr. Gerald Kaiser

Canon PowerShot S5 IS – ISO 80 – f/ 3,5 – 1/100 s – ca.18 mm (KB) – © Dr. Gerald Kaiser

Unser Leser Dr. Gerald Kaiser aus Elmenhorst hat uns das obige Bild unter dem Titel „eiche im gutspark 2012” in der Kategorie ‚Landschaftsfotografie‘ zur Besprechung eingereicht. Er schreibt dazu: „die aufnahme entstand im rahmen eines openairgottesdienstes kurz nach dem tode meines vaters”.

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Technische Herausforderungen: Wir schwimmen frohen Mutes

Seit etwas mehr als einem halben Jahr ist fokussiert.com inzwischen unabhängig unterwegs – und schluckt doch bei höherem Wellengang gelegentlich Wasser. Das wird sich ändern.

Seelöwe vor Monterey

Seelöwe vor Monterey, CA – 1/500 @ f/5.6, 400mm Nikon D300 + Nikkor 80-400mm bei 500 ISO © Peter Sennhauser 2010

 

Ich ärgere mich zwar, wenn die Technik nicht richtig tut und fokussiert.com offenbar plötzlich Kommentare «versteckt». Aber ich freue mich auch, dass das Euch offensichtlich so sehr stört, dass Ihr Euch gleich zu Wort meldet und festhaltet, dass eine lebendige Diskussion auf zeitnahe Veröffentlichung der Zuschriften angewiesen ist – sonst kann kein Gespräch entstehen. Inzwischen scheint das Problem behoben, und Sofie hat die Meta-Diskussion deswegen entfernt.

Ich möchte deshalb an dieser Stelle – einmal mehr, ich weiss – auf das hinweisen, was sich hinter den Kulissen tut oder tun sollte (es tut, aber manchmal schneller und manchmal langsamer), während Sofie verdankenswerter Weise zusammen mit den neuen Autoren-Kollegen dafür sorgt, dass uns des Gesprächsstoff nicht ausgeht.

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St. Marxer Friedhof im Frühling: Nachbearbeitung ist eine individuelle Entscheidung

Klischee oder nicht – Nachbearbeitung ist eine individuelle Entscheidung. Schwerer wiegen manchmal andere Dinge, die schon bei der Aufnahme anders hätten gemacht werden sollen.

Canon EOS 6D, 35mm Festbrennweite von Canon, f6,3 1/200, ISO 400

War ein sonniger früher Frühlingstag, neue Kamera wollte getestet und geübt werden, ein Besuch am größten noch erhaltenen Biedermeierfriedhof bot sich da an. In der Bearbeitung hat mir dann s/w trotzdem besser zum Thema Friedhof passend gefallen. Aber ob das jetzt zu sehr Klischee ist, ich weiß es nicht? Das Bild hängt außerdem etwas, tatsächlich ist es aber gerade, es ist einfach der Weg dort schräg. Bin mir da nicht sicher, ob ich das grade rücken soll, damit es fürs Auge passt…

Du hast uns hier ein Foto des St. Marxer Friedhofs in Wien eingereicht. Zu sehen sind links und rechts Grabsteine, fast mittig ein Baum, der im Weg wächst. Rechts sieht man auch umgefallene Grabsteine. Das ganze hast Du in Schwarzweiß gehalten. Weiterlesen

Review: „PhotoKlassik – Das Magazin für aktuelle analoge Fotografie“

Titelseite

„Analog“ ist nicht gerade das Wort, mit dem man Neues in Verbindung bringt. Trotzdem gibt es Enthusiasten, die wieder neue Reize in der analogen Photographie setzen wollen. Zwei dieser wunderbaren Menschen sind Wolfgang Heinen und Thomas Maschke, die der Analogphotographie gleich ein ganzes Magazin widmen: PhotoKlassik.

Alles übers Analoge

Das Magazin erscheint quartalsweise und ist mit 9,80€ nicht gerade günstig, doch 40€ pro Jahr bezahlt man auch für billigere Magazine, die jeden Monat erscheinen. PhotoKlassik beschäftigt sich auf seinen knapp 100 Seiten mit verschiedenen Themenbereichen:

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„Winterabend in Atiu Creek, Neuseeland“: Luftperspektive als gestalterisches Element der Landschaftsfotografie

Räumliche Tiefe kann insbesondere in der Landschaftsfotografie durch das Einfangen der natürlichen Helligkeitsabstufungen realisiert werden – ein Praxisbeispiel.

Ausgangsbild

Unser Leser Peter Pieruschka aus dem bayerischen Augsburg hat uns das obige Bild unter dem Titel „Winterabend Atiu Creek Neuseeland” in der Kategorie ‚Landschaftsfotografie‘ zur Besprechung eingereicht.

Er schreibt dazu: „Es ging mir darum, das abendliche Farbspiel naturgetreu wiederzugeben (ohne Nachbearbeitung usw.) und die kaskadierende Lagenstruktur der Landschaft abzubilden, ohne mich in Details zu verlieren.“

Die Aufnahme entstand mit einer Canon EOS 550D bei einer Brennweite von 135 mm, die kleinbildäquivalenten 216 mm entspräche. Es wurde mit 1/640s und Blende f10 belichtet. Die Empfindlichkeit war hierbei auf ISO 100 gestellt.

Ich muss gestehen, dass ich erst einmal die Suchmaschine befragen musste, um mir einen groben Überblick über die portraitierte Landschaft zu verschaffen:

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