Akzeptable Bilder lernen laufen Test Canon Powershot TX1 (III/IV)

HD-Video mit 720p (1280×720 Pixel), das klingt allemal gut. Nur wenige Camcorder auf dem Markt bieten das heute, und die sind allesamt deutlich teurer und grösser als die kleine Canon. Wie schlägt sich ein so winziges und vergleichsweise preiswertes Gerät wie die TX1 in dieser Disziplin?

Testreihe Canon TX1: Übersicht / Handling / Bildqualität / Fazit

Nun, eigentlich gar nicht mal schlecht, aber Wunder darf man keinesfalls erwarten. Die HD-Auflösung stellt sicher einen Qualitätssprung gegenüber preiswerten Consumer-Camcordern mit klassischer PAL-Auflösung dar. Alles wirkt schärfer und besser definiert, Details sind deutlicher zu sehen, und insgesamt wirkt das Bild wesentlich natürlicher. Allerdings kann die TX1 ausgewachsenen HD-Camcordern (wie z.B. dem bei neuerdings.com getesteten Sony HDR-HC3) bei weitem nicht das Wasser reichen. Die Kantenschärfe ist eher unbefriedigend, das Bildrauschen selbst bei guten Lichtverhältnissen zu stark, und auch in Sachen Farbwiedergabe kann die TX1 nicht besonders überzeugen.

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Ein Standbild aus einem mit der TX1 aufgenommenen HD-Video (Klicken zum Vergrössern). Unten zum Vergleich ein Foto des gleichen Strandes, ebenfalls mit der TX1 aufgenommen.

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Deutlich fällt die sehr viel weniger nuancierte Farbwiedergabe im Videomodus auf. Die Farben wirken etwas verwaschen und blass. Dieser Effekt ist bei weniger hell ausgeleuchteten Motiven allerdings nicht so stark.

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Bei der 1:1 Ausschnittsvergrösserung des Videobildes fällt sofort das recht starke Bildrauschen auf, gut sichtbar in den dunklen Teilen der Sandburg.

Die TX1 nimmt 30 Vollbilder pro Sekunde auf (was im Videoslang „Progressive Mode“ genannt wird), nicht wie sonst bei Videokameras üblich 50 bzw. 60 Halbbilder („Interlaced Mode“). In Filmerkreisen gilt das durchaus als schick. Vollbilder erzeugen nämlich eine Bildästhetik, die etwas mehr nach Kinofilm statt nach Fernsehen aussieht. Ausserdem lassen sich so auch saubere Standbilder aus dem Videomaterial ziehen. Allerdings ist etwas Vorsicht geboten: Schwenks im Progressive Mode wirken schnell mal rucklig. Filmkameramänner wissen das und bedienen ihre Kamera entsprechend, aber Amateurfilmer könnten zunächst mal Enttäuschungen erleben, wenn sie wie gewohnt wild in der Gegend rumschwenken und zoomen. Aber eine ruhige Kameraführung hat noch keinem Film geschadet.

Eine Schwäche der meisten HD-Camcorder ist immer noch die Lichtempfindlichkeit. Auch die TX1 schneidet diesbezüglich nicht gut ab, zumal durch die relativ kleine Linse auch die verarbeitete Lichtmenge geringer ist. Schon in eigentlich noch akzeptablen Lichtverhältnissen wird das Bildrauschen recht stark, und bei richtig schummrigem Licht lässt man das Filmen lieber sein. Auch der Autofokus kriegt in dunkleren Verhältnissen Probleme.

Lustigerweise sehen die Bilder der TX1 durch den Progressive Mode und die recht starke Körnigkeit ein bisschen aus wie älteres 16mm-Filmmaterial. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber hat seinen eigenen Charme. Vielleicht wird die TX1 zum Geheimtipp bei Filmstudenten und Undercover-Dokumentarfilmern?

Wichtig für die Videofunktion ist die Verwendung ausreichend schneller SD-Karten. Da das von der TX1 verwendete Motion-JPEG-Format eine ziemlich hohe Datenrate (etwa 5 Megabyte pro Sekunde) aufweist, müssen die Speichermedien eine ausreichend hohe Speichergeschwindigkeit bieten. Ein guter Tipp sind im Moment die Ultra-II-Karten von SanDisk, die etwa 9MB/s schaffen. Noch besser sind SDHC-Karten der Klasse 6. Zwar gibt sich die Kamera alle Mühe, auch mit langsameren Karten zurechtzukommen, aber manchmal bricht die Aufnahme ungewollterweise ab, weil der Buffer überläuft.

Wie schon erwähnt schluckt der Videomodus extrem viel Speicher. Auf eine 2GB-Karte passen im normalen HD-Modus knapp sieben Minuten Video. Da muss man sich schon gut überlegen, was man filmen will. Ein bisschen kommt man sich zurückversetzt vor in die guten alten Super-8-Zeiten, als man sich auch noch anstrengen musste, die teure 3-Minuten-Filmkassette nicht zu verschwenden. Immerhin kann man aber die TX 1 auch auf einen Videomodus mit 640×480 Pixeln umschalten, der erheblich längere Laufzeiten ermöglicht. Immerhin: 8GB-Karten der höchsten Geschwindgkeitsklasse kosten heute schon deutlich unter 100 Euro und sind damit halbwegs erschwinglich geworden.

Der optische Bildstabilisator der TX1 kann seine Vorteile im Videomodus voll ausspielen. Obwohl man die winzige Kamera beim besten Willen nicht wirklich ruhig halten kann, wirkt das Bild im Weitwinkelmodus meist stabil, Wackler werden gut abgedämpft und in ein sanftes Schaukeln umgewandelt. Selbst bei voll ausgefahrenem Zoom lassen sich noch halbwegs geniessbare Bilder schiessen. Das ist erheblich besser als bei den meisten „richtigen“ Camcordern. Die Stabilisierungsqualität ist ähnlich gut wie bei den teuren semiprofessionellen Camcordern von Canon.

Um die Videoleistung der TX1 etwas in Perspektive zu rücken: Nehmen wir eine Skala von 1 bis 10 und geben darauf einem professionellen HD-Camcorder eine 10 und einem preiswerten klassischen DV-Camcorder mit PAL-Auflösung eine 1. Dann würde die TX1 wohl etwa eine 3 oder 4 erreichen und die höherwertigen HD-Camcorder der Consumerklasse vielleicht eine 6 oder 7. Die TX1 ist also klar ein Kompromiss und kein Ersatz für vollwertige Camcorder.

Leistungen in der Fotografie

Nicht zuletzt will die TX1 aber auch eine vollwertige Fotokamera sein. Und auch im Fotomodus reduziert der Stabilisator die Verwacklungsgefahr. Sogar bei Nachtaufnahmen kommt man oft um die Verwendung eines Stativ herum. Der optische Stabilisator holt noch unverwackelte Bilder aus Situationen raus, bei denen andere Kameras längst die Waffen strecken müssen.

Die Bildqualität im Standbildmodus verdient die Note „Geht in Ordnung“. Es gibt sicher bessere Kompaktkameras, aber fuer den Hausgebrauch reicht die Performance der kleinen Canon aus. Die angegebenen 7 Megapixel Auflösung beziehen sich auf das 4:3-Format, bei 16:9 werden einfach Pixel abgeschnitten.

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Ein Beispielbild: Der Hafen von Vancouver. Die Wiedergabe der farblichen Nuancen geht durchaus in Ordnung, aber der Kontrastumfang des Motivs stellt die TX1 vor eine Herausforderung: Die hellsten Teile der Wolken sind völlig ausgebleicht.

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Die Ausschnittsvergrösserung zeigt, dass auch Schatten noch recht gut abgebildet werden. Beim Fenster des Bootes ist allerdings klar eine Violettverschiebung zu sehen, die hin und wieder bei diagonalen Linien auftritt.

Wiederum stellt die eher geringe Lichtempfindlichkeit gewisse Probleme auf, da Bilder in dunklen Verhältnissen recht stark verrauscht geraten können. Überhaupt ist der abbildbare Kontrastumfang eine Schwäche, helle Bildteile bleichen gern mal aus. Aber dafür bildet die TX1 Farben meistens natürlich und nicht so überbunt ab, wie man das von einigen Konkurrenzprodukten kennt. Nur intensive Rottöne fallen gelegentlich etwas übermässig stark aus.

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In solchen Situationen schätzt man ein 10-fach-Zoom und die schnelle Startup-Zeit der TX1: Bärenfamilie beim Spaziergang in der Näher von Whistler, Kanada. Fotografiert durch die Windschutzscheibe, daher sind die Farben etwas blass.

Ziemlich ärgerlich ist die Tatsache, dass die Linse der TX1 keinen echten Weitwinkelbereich bietet. Ihre kleinste Brennweite entspricht 39mm bei 35mm-Kameras, was schon ein bisschen im Telebereich liegt und Aufnahmen in engen Räumen schwierig macht. Die Linse hat zwar ein Filtergewinde, bisher sind aber keine Weitwinkelvorsätze erhältlich.

Canon liefert natürlich Software zur Kamera mit, und zwar für Windows und Mac. Das Bildertransferprogramm und der Panoramafotogenerator gehen in Ordnung, aber warum Canon einen derart mittelmässigen Imagebrowser mitliefert, ist ein Rätsel. Theoretisch könnte man damit sogar etwas an seinen Videos rumschnippeln, aber wer halbwegs ernsthaften Schnitt betreiben will, greift lieber zu einem richtigen Schnittprogramm. Die von der Kamera erzeugten AVI-Files mit Motion-JPEG-Kompression lassen sich von fast allen Programmen verarbeiten, wenn auch teilweise nur über den Umweg einer Konvertierung in andere Formate.

Insgesamt überzeugt die TX1 durch ihre Bildqualität nicht restlos, aber angesichts der geringen Grösse waren Wunder auch kaum zu erwarten. Profis und sehr anspruchsvolle Amateure werden sowohl mit der Video- wie auch mit der Fotofunktion nicht besonders glücklich werden, aber der Normalverbraucher darf die Dokumentation seiner Ferienerlebnisse getrost der TX1 anvertrauen.

Was aber am wichtigsten ist: Die TX1 ist so klein, dass man sie wirklich überall hin mitnehmen kann, nicht wie die gängigen Camcorder oder Spiegelreflexkameras. Denn: HD-Video von unerwarteten Motiven zu haben ist allemal besser als kein Video, auch wenn die Bildqualität nicht grossartig ist.

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