Alter Traktor: Eisen im Wald

Wichtige Prinzipien der Waldfotografie, praktisch veranschaulicht.

Hanomag im Wald

Unser Leser Oliver Kolken aus dem oberbergischen Gummersbach hat uns das obige Bild unter dem Titel „Hommage an altes Eisen” in der Kategorie ‚Stilleben‘ zur Besprechung eingereicht.

SW-Aufnahme meines Hanomag-Treckers. Der alte Eisenhaufen ist nicht mehr schön, selten sauber und einige Originalteile fehlen oder wurden durch andere ersetzt. Aber das Teil verrichtet seit fast 50 Jahren zuverlässig seine harte Arbeit in Feld und Wald. Als kleine Homage an die solide Technik sollte ein Trecker-Foto zukünftig mein Arbeitszimmer schmücken. Entstanden ist dabei diese Aufnahme, aufgenommen beim Rücken von Brennholz im heimischen Wald bei Gummersbach. Verwendet habe ich eine Sony DSLR A100 und ein noch aus Analog-Zeiten stammendes Minolta Af 50 1:1.7 (22) Objektiv. Die Aufnahme entstand mit Stativ und mit folgenden Kameradaten: 1/3 s Belichtungszeit bei Blende f14 und ISO 80.

Über Ausrüstung und Aufnahmedaten hatte Oliver bereits berichtet. Zu ergänzen wäre noch die kleinbildäquivalente Brennweite von 75 mm bei einem Formatfaktor von 1,5. Freundlicherweise hatte mir Oliver im Vorfeld auch noch die farbige Originaldatei zur Verfügung gestellt, um die ich ihn zwecks Vergleich und möglicher Neukonvertierung gebeten hatte.

Betrachten wir zunächst wieder die grundsätzlichen Bildelemente.

Komposition (siehe dazu untenstehende, gleichnamige Bilder):

Wie ein ‚Gebirge aus Vierecken‘ überragt der alte und bewährte Traktor, etwa ins Drittel von links unten gesetzt, die Waldszene (siehe rote Linien ebd.). Ein gefällter Baum und tiefe Wegfurchen bilden von unten her das Bildfundament (siehe orange Linien ebd.). Im nach oben gesetzten Hintergrund fächert sich eine Vielzahl von intakten Stämmen auf (siehe gelbe Linien ebd.).

Von Seiten der Blickführung möchte ich einen Einstieg über den gefällten Baumstamm von links unten her beschreiben, gefolgt von einer Aufwärtsbewegung ins Bild hinein. Der Blick bleibt dann beim Traktor als Hauptmotiv hängen, bevor er in den Hintergrund des Waldes schweift (siehe grüne Linien ebd.).

Tonwerte (siehe dazu untenstehendes, gleichnamiges Bild):

Das Histogramm zeigt sich deutlich linksversetzt und -steil bei einem Median von etwa 75. Diesem Befund und dem insgesamt düsteren Bildeindruck entsprechend liegt die Masse der Tonwerte im Bereich der geschlossenen und offenen Schatten (Zonen 0 bis III).

Die dunklen Mitten (Zone IV) sind noch einigermaßen belegt, in der rechten Hälfte der Tonwerte erfolgt jedoch ein deutlicher Abfall. Ausbrennende Lichter (ein Fluch der Waldfotografie) finden sich hier, der Tageszeit bzw. nebligen Anmutung geschuldet, nicht.

Zusammenfassung:

Olivers Arbeit ist mir willkommener Anlaß, nochmals das Thema der Waldfotografie aufzugreifen und auf einige grundsätzliche Zusammenhänge zu verweisen.

Manche von Euch werden sich noch an mein einschlägiges Tutorial zur Waldfotografie erinnern. Als wesentliche Problembereiche hatte ich dort die Komposition, die Belichtung und die Figur-Grund-Konstellation benannt.

In Hinblick auf die beiden erstgenannten Themen steht Olivers Arbeit aus meiner Sicht sehr gut da. Die Platzierung der Elemente ist gelungen, das Ensemble weder überladen noch zu leer, die Blickführung eingängig. Gleichsam ist ein wesentlicher Fallstrick in Form der durch das Blätterdach durchbrechenden und den Dynamikbereich unserer heutigen Digitalkameras übersteigenden Lichter vermieden worden.

Etwas Kummer bereitet jedoch die Figur-Grund-Konstellation. Da sich das Bild im wesentlichen auf fünf Zonen (der Tonwerte) beschränkt, hebt sich der Traktor nicht wesentlich vom Hintergrund ab. Alles versinkt stattdessen in einer gewissen Düsternis, und das müßte eigentlich nicht sein.

Meine Vision dieser Szene wäre ein Traktor, der sich durchaus altersbeladen, aber vor Kraft und Zuverlässigkeit strotzend den Naturelementen, die hier in Form schlammig-tiefer Wegspuren, gefällter Stämme und intakter Bäume reichlich vorhanden sind, entgegenstellt. Und es fehlt mir einfach das Licht, welches die Szene belebt …

Meine Neuinterpretation (siehe dazu untenstehende, gleichnamige Bilder) zeigt das Ergebnis einer solchen Sichtweise. Eine bedenkenswerte Ergänzung zur Schwarzweißkonvertierung wäre noch eine leichte Selentonung, um die neblig-kühle Anmutung der Szene zu unterstreichen. Bitte schaut Euch auch das Histogramm an, wie dort nun die helleren Tonwertbereiche belegt sind.

Bildteil:

Komposition: Grundelemente

Komposition: Blickfuehrung

Tonwerte: Histogramm

Neuinterpretation: Schwarzweißkonvertierung

Neuinterpretation: Selentonung und Histogramm


Anmerkung der Redaktion: Thomas Brotzler arbeitet nicht mehr aktiv für fokussiert.com, aber er hat einige fertige Kritiken hinterlassen. Die möchten wir Euch nicht vorenthalten; eine Diskussion kann jedenfalls entstehen, und Thomas ist als Gast immer wieder zugegen.

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