Amerikanische Fotografie: Die (beinahe) ganze Geschichte
Wer sich von modernen Klassikern der amerikanischen Fotografie gerne inspirieren lässt, findet in diesem Sommer in München sein Zentrum. Dort wird (beinahe) die ganze Geschichte seit den Sechzigern vorgestellt.
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Wir haben hier bei fokussiert.com die amerikanischen Klassiker schon verschiedentlich vorgestellt – von Lee Friedlander über William Eggleston bis jüngst zu Lewis Baltz. Die Münchner Pinakothek der Moderne führt sie nun (beinahe) alle in einer Ausstellung unter dem Titel „True Stories“ – wahre Geschichten – zusammen.
Das zentrale Interesse dieser seinerzeit jungen Fotografen, die sich seit den späten Sechzigerjahren mit der amerikanischen Lebensrealität auseinandersetzten, galt der American Social Landscape, wie die Pinakothek zur Ausstellung mitteilt. Sie entwickelten neuartige Stilmittel zwischen subjektiver Weltsicht, analytischer Bestandsaufnahme und konzeptuellen Strategien, die wir als „amerikanische“ Bildsprache empfinden. Die einen – wie Lee Friedlander, Garry Winogrand, Robert Adams oder Larry Clark blieben der Schwarzweißfotografie verpflichtet. Andere wie William Eggleston und Stephen Shore haben die Farbfotografie als künstlerisch eigene Ausdrucksform vorangetrieben. Die Ausstellung führt rund 130 Werke zusammen und spannt einen weiten Bogen: von der subjektiven Straßenfotografie der Sechziger und den sachlichen Landschaftsstudien der New Topographics über die konzeptuellen Arbeiten von John Baldessari und Dan Graham bis zu dem erst vor wenigen Jahren entstandenen New York-Zyklus von Zoe Leonard.
„Es gibt eine neue Generation von Fotografen, die den dokumentarischen Ansatz ins Persönliche wenden. Ihre Arbeiten lassen eine Neigung für das Unvollkommene, Fragile der Gesellschaft erkennen. Ihnen geht es nicht darum, das Leben zu verbessern, sondern es zu kennen.“ Mit diesem Vorsatz zur Ausstellung New Documents läutete der Foto-Kurator am New Yorker Museum of Modern Art, John Szarkowski, 1967 die neue Ära der amerikanischen Fotografie ein. Die dort vertretenen Fotografen, etwa Diane Arbus, Lee Friedlander und Garry Winogrand, standen für diese veränderte Haltung, die aus der subjektiven Sicht des Einzelnen auf die Welt blickte.
Eine Gegenbewegung zu dieser subjektiven Ausdrucksform stellte die Ausstellung New Topographics: Photographs of a Man-Altered Landscape dar, die Mitte der Siebzigerjahre vom International Museum of Photography in Rochester organisiert wurde. Ihre Protagonisten, unter ihnen Robert Adams, Lewis Baltz, Nicholas Nixon und Stephen Shore, beriefen sich ebenfalls auf eine dokumentarische Haltung und Vorbilder wie Walker Evans und Robert Frank, doch sahen sie sich in der Tradition der Landschaftsfotografie des 19. Jahrhunderts. Als wesentlicher Initiator dieser ausdrücklich nicht um Stil bemühten Arbeitsweise gilt der in Los Angeles ansässige Künstler Ed Ruscha. Eine distanzierte, analytisch anmutende und möglichst urteilsfreie Beschreibung ist ein zentrales Anliegen. Es ist vor allem der amerikanische Westen, durch Kommerzialisierung und ökologischen Raubbau schon lange von der Realität eingeholt, der in ihren Bildern sichtbar wird.
William Eggleston – mit seiner 1976 ebenfalls im New Yorker Museum of Modern Art gezeigten Ausstellung – verhalf der Farbfotografie zum Durchbruch. Die harsche Kritik an seinen Bildern galt nicht dem Einsatz von Farbe, sondern dem Umstand, dass Eggleston bis dato nicht bildwürdige Dinge und Alltagssituationen aus dem Moment heraus und scheinbar nachlässig fotografierte: der Blick in ein vereistes Kühlfach oder auf ein Früchtestillleben, die er dann mit dem teuren und aufwändigen Dye-Transfer-Verfahren in kostbare Prints übersetzte.
Ende der Siebzigerjahre entwickelte sich eine künstlerische Haltung, die mit vorgefundenem Material aus Kunst, Film, Werbung oder den Medien neue Bildvorstellungen formulierte und gleichzeitig künstlerische und kunsthistorische Kategorien wie Autorenschaft, Originalität, Einzigartigkeit, geistiges Eigentum und Authentizität zur Diskussion stellte. Als Impressario dieser Appropriation Art gilt John Baldessari, als einer ihrer bekanntesten Vertreter Richard Prince, der vor allem durch seine Adaptionen von Werbebildern bekannt wurde.
Auch die Konzeptkunst der Sechziger- und Siebzigerjahre bediente sich der Fotografie. Wie das Werk von Dan Graham oder Zoe Leonard deutlich macht, sind die Grenzen zwischen einer Fotografie, die sich als eigenes Medium sieht und ihrer Verwendung als Mittel zum Kunstwerk längst fließend geworden.
True Stories – Amerikanische Fotografie
Robert Adams, John Baldessari, Lewis Baltz, Larry Clark, William Eggleston, Lee Friedlander, John Gossage, Dan Graham, Zoe Leonard, Nicholas Nixon, Richard Prince, Martha Rosler, Judith Joy Ross, Ed Ruscha, Stephen Shore, Garry Winogrand
Bis 30. September
Pinakothek der Moderne,Barer Straße 40, D-80333 München
+49 (0)89 23805-360, info@pinakothek.de
Geöffnet täglich außer Montag 10 – 18 Uhr, Donnerstag 10 – 20 Uhr
@ Trin -> technicolor +1
Ah ich liebe diese 60er Jahre Fotos, die harten Farben, der mix aus SW und Farbe – diese technicolor farben … ach einfach herrlich!