Andrea Diefenbach: Aids in Odessa

Aids in Odessa: Andrea Diefenbach fotografierte eine traurige Wirklichkeit in der Ukraine. Ihre eindringlichen und verstörenden Bilder sind in der Hamburger Freelens-Galerie zu sehen.

Andrea Diefenbach – Igor, aus: Aids in Odessa

Andrea Diefenbach fotografierte für diese Dokumentation mehr als drei Monate in der Millionenstadt. Die einstige Perle des Schwarzen Meeres ist zum Ausgangspunkt der Ausbreitung von Aids in den Staaten der früheren Sowjetunion geworden.

Mit rund 160 000 Infizierten ist Odessa heute selbst am stärksten von der Immunschwächekrankheit betroffen. Andrea Diefenbach, Jahrgang 1974, erzählt in ihren Bildern von Einzelschicksalen – vom Leben mit der Diagnose, vom Sterben an dieser Krankheit, die von der ukrainischen Regierung nun erst langsam als Problem erkannt wird.

Andrea Diefenbach – Natascha, 23, aus: Aids in Odessa

Andrea Diefenbachs Bildessay zeigt intensive Porträts mit einer großen Nähe und Intimität ohne voyeuristischen Blick auf das Leiden anderer. Diefenbach beleuchtet in ihren Fotografien und in den begleitenden Texten Ursachen und individuelle Biografien, in denen immer wieder von Drogen, Armut, Prostitution, schlicht vom Unglück die Rede ist.

So schreibt Andrea Diefenbach zu Natascha, 23 Jahre, in ihrem neu erschienenen Buch:

„Sie trägt ein Halstuch, um ihre Einstichstellen zu verdecken. Da sie keine verräterischen Spuren am Arm hat wie all die anderen drogenabhängigen Prostituierten, verdient sie gut – ohne Kondom sogar das Doppelte. Wenn sie nicht arbeiten will, wird sie von ihrem Mann verprügelt. Das zweite Kind, diesmal ein Junge, wird 2004 geboren und ist trotz ihres Drogenkonsums gesund. Beide Kinder sind zudem HIV-negativ. Im Sommer 2005 erkrankt Natascha an Syphilis und kommt ins Krankenhaus., kurz darauf sind ihre Beine gelähmt – vermutlich aufgrund der Syphilis und des Drogenkonsums. Der HIV-Status wird festgestellt. Da ihr Mann nicht infiziert ist, vermutet sie, dass sie sich bei einem Klienten angesteckt hat. Ihre Kinder werden ihr weggenommen und leben seitdem im Waisenhaus. In der Aids-Klinik gibt es keinen Neurologen, der sich um ihre gelähmten Beine kümmern kann. Seitdem lebt sie in der dunklen Einzimmerwohnung einer Großtante ihres Mannes, schläft auf einem Lager am Boder und verbringt ihre Tage mit Fernsehen, Lesen und Schlafen.“

Andrea Diefenbach – Sergej, aus: Aids in OdessaAuf Andrea Diefenbachs Website sind die erschütternden Bilder aus Odessa online zu sehen. Die Fotografin lebt in Wiesbaden. Nach der Ausbildung zur Fotografin studierte Diefenbach ab 2000 Fotografie an der Fachhochschule Bielefeld. Seit 2003 arbeitet sie als freiberufliche Fotografin unter anderem für Stern, Geo, Brigitte, Brand Eins, Die Zeit, SZ-Magazin. „Aids in Odessa“ war 2006 ihre Diplomarbeit zum Abschluss des Studiums in Bielefeld. Das gleichnamige Buch erschien bei Hatje Cantz Ostfildern.

Andrea Diefenbach – СПИД [spid] AIDS in Odessa
Bis 31. Oktober
Freelens Galerie, Steinhöft 5, 20459 Hamburg
+49 – 40 – 300664-0, E-Mail Kontaktformular auf der Website
Geöffnet Montag bis Freitag 11 – 18 Uhr

Freelens Galerie
Andrea Diefenbach

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  2. […] Andrea Diefenbach – Eine unmögliche Freundschaft (bei fokussiert.com Aids in Odessa) […]

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