Andrej Krementschouk: Heimat Tschernobyl

Auch 25 Jahre nach der Reaktorkatastrophe ist Tschernobyl Heimat geblieben: Andrej Krementschouk fotografierte das Leben der Rückkehrer in die evakuierte Zone.

[textad]© Andrej Krementschouk

Die Havarie des Atomreaktors hat die Gegend um Tschernobyl zu einem der giftigsten Orte der Welt und unbewohnbar gemacht. Trotzdem hängen die Menschen an ihrer Heimat. Wir sehen Krementschouks Bilder über ihren Alltag aktuell in Mannheim.

Andrej Krementschouk hat in den letzten Jahren wiederholt die Menschen besucht, die in der evakuierten Zone 30 Kilometer rund um Tschernobyl leben. Die weniger als Tausend Rückkehrer versuchen, dort ein möglichst normales Leben zu führen.

© Andrej Krementschouk

Krementschouks Fotografien erzählen vom Alltag dieser Menschen in einer verstörenden Umgebung, wie die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen zur aktuellen Ausstellung mitteilen. Seine Bilder widmen sich dem Land, dessen Natur langsam die Dörfer überwächst, sowie der heute geplünderten Stadt Prypjat, die zum Zeitpunkt der Katastrophe von 40 000 Menschen bewohnt war. Die unsichtbare Gefahr der Radioaktivität liegt über der natürlichen Schönheit der Landschaft. Jedes Bild erinnert an das Gift, das diese gefährliche Schönheit erst möglich gemacht hat. Die Menschen erzählten Andrej Krementschouk ihre unglaublichen Geschichten darüber, wie sie sich trotz aller Gefahr dort ihren Alltag zurückeroberten.

© Andrej Krementschouk

Nach dem atomaren Unglück 1986 mussten einem 30 km-Radius rund um das Kernkraftwerk über 100 000 Menschen evakuiert werden: weitere 240.000 wurden umgesiedelt. 40 Prozent der Gesamtfläche Europas waren durch radioaktiven Niederschlag betroffen, über zwei Prozent schwer. Die Opferzahlen schwanken je nach Quelle beträchtlich: Der Report des Tschernobyl-Forums von 2005 gibt 56 bestätigte Todesfälle an, Greenpeace benennt in einem eigenen Bericht 93 000 Tote.

© Andrej Krementschouk

Andrej Krementschouk wurde 1973 in Gorky (Nishni-Novgorod) in der ehemaligen Sowjetunion geboren. Er ist Chorleiter, selbständiger Goldschmied und Ikonenrestaurator. 1997 begann er Studien in Deutschland, erst Kunsterziehung und Slawische Studien, kurz darauf in Hamburg Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie. 2007/2008 gewann er den Nachwuchswettbewerb „Gute Aussichten – Junge deutsche Fotografie“ mit seiner Arbeit über den Verlust der russischen Heimat. Mit dem Buch dazu [amazon 3868280561]No Direction Home[/amazon] gewann er 2010 den Deutschen Fotobuchpreis Silber (erschienen im Kehrer-Verlag Heidelberg). Von 2009 bis 2011 war Andrej Krementschouk Mitglied der Berliner Fotoagentur „Ostkreuz“. Heute lebt Andrej Krementschouk in Leipzig. Wir finden die Arbeiten auf Andrej Krementschouks Website.

© Andrej Krementschouk

Die Ausstellung „Zone – Heimat. Tschernobyl“ umfasst rund 80 Fotografien. Sie trägt zwar die Züge einer dokumentarischen Arbeit, erzählt aber ganz aus subjektiver Sicht von der Schönheit und Kostbarkeit dieser Welt und vom Mut der Menschen, sich die Heimat nicht nehmen zu lassen. Zwei Bücher erscheinen jetzt im März und im April, beide ebenfalls im Kehrer-Verlag: [amazon 3868282009]Zone Tschernobyl I[/amazon] und [amazon 3868282106]Zone Tschernobyl II[/amazon].

Andrej Krementschouk – Zone – Heimat. Tschernobyl
Bis 31. Juli
Zephyr – Raum für Fotografie im Museum Bassermannhaus für Musik und Kunst, C4,8, D-68159 Mannheim, +49 (0)621/293.3150, reiss-engelhorn-museen@mannheim.de
Geöffnet Dienstag bis Sonntag 11 – 18 Uhr, Montag geschlossen, an Feiertagen 11 – 18 Uhr

Andrej Krementschouk
Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

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