Belichtungsreihe: Problematischer Wasserfluss

Langzeitbelichtung für Romantiker: eine Landschaft mit Licht und fließendem Wasser. HDR ist bei neuen Sensoren nicht mehr nötig; geschlossene Blende und tiefere Empfindlichkeit würden sich empfehlen.

Vilsalpsee. Canon EOS 6D Aufnahmedaten: 1/1s bei Blende 71/10 mit 24/1mm Brennweite und ISO 200 © Fabian Suffel

Vilsalpsee. Canon EOS 6D Aufnahmedaten: 1/1s bei Blende 71/10 mit 24/1mm Brennweite und ISO 200 © Fabian Suffel

Fabian Suffel aus Stuttgart schreibt zu diesem Bild: Ein Foto wie dieses wollte ich schon lange aufnehmen. Am vergangenen Wochenende war es dann endlich so weit. Ich war am Vilsalpsee in Österreich unterwegs und sah im Wald diesen kleinen Bach. Also stellte ich meine Kamera auf, montierte meinen ND 1,8 Filter und legte los.
Leider hatte ich keinen dunkleren Filter zur Hand. Das jetzige Bild habe ich aus zwei Einzelbildern erstellt, wobei das eine etwas heller als das andere war. Dies gab mir die Möglichkeit einen geringfügig besseren Kontrast zu erzielen und vor allem einen stärkeren Nebeleffekt des Wassers zu erreichen.
Mir persönlich gefällt dieses Motiv und Bild, jedoch bin ich nicht ganz zufrieden. Insbesondere die unscharfen Bereiche an den Bildrändern und die etwas merkwürdig aussehenden Wasserstrukturen unten links stören mich ziemlich.

Zum Motiv und Bild

Stimmung und Licht sind sehr romantisch eingefangen und gut bearbeitet, die sehr helle Stimmung ist sicher so beabsichtigt, ich hätte es etwas dunkler gemacht. Der Bildaufbau mit den Felsen als Begrenzung links und dem Wald mit dem sonnenbeschienenen Gras auf der rechten Seite gefällt mir sehr gut, dazu der geschwungene Verlauf des Wassers.

Der Blick geht auch in die Tiefe und kommt dann wieder bei dem sonnigen Waldboden im Hintergrund an. Dahinter wird er angenehm begrenzt von einer dunklen Waldwand (wenn in dieser Durchblicke in einen hellen Hintergrund wären, hätte mich das sehr gestört und ich hätte sie entfernt). Die Kontraste sind bei dem Gegenlicht mit der Sonne im Bild und dem hellen Wasserwirbel schon extrem und gut beherrscht.

Das hat dann sicher auch zu deinem Ansatz mit einer zweiten Belichtung geführt. Die Unschärfen im Vordergrund können einmal durch die Blende f/7.1 und Fokus auf den Hintergrund, aber sicher auch durch das auf die kurze Entfernung relativ schneller fließende Wasser zurückzuführen sein. Der quer hängende Ast im oberen Bildteil begrenzt einerseits da Bild nach oben, hat mich aber am Anfang gestört.

Original mit LR bearbeitet und beschnitten

Original mit LR bearbeitet und beschnitten

Es sieht aus, als hättest du nasse Füße bekommen :-). Ich habe einen Versuch in S/W gemacht und festgestellt, dass in diesem Fall mir diese Farbversion besser gefällt, das kann bei einer sehr viel längeren Belichtungszeit eventuell anders aussehe. Es ist sehr erstaunlich, dass bei 1 Sekunde Belichtung Wasserspritzer so deutlich zu erkennen sind:

bearbeitet mit LR und Nik HDR Tone Mapping (Einzelbild)

Zur Technik

  • die verwendete Canon 6D ist eine Vollformat-Kamera und das Zoom 24-105mm ist mit IS stabilisiert
  • die 24mm Brennweite sind für diese Motiv sicher ideal
  • bei Aufnahmen vom Stativ sollte der IS deaktiviert sein
  • für lange Belichtungszeiten und schön weiches Wasser hast du einen ND Filter mit 1.8 Verlängerung genommen
  • die Filterfassung vignettiert an den Rändern (ist in der Originaldatei zu sehen), bei 24mm Brennweite sollte es besser ein Filter in einer Slim-Fassung sein.
Dies hätte ich anders gemacht:
  • du hast ISO 200 benutzt, die Kamera bietet jedoch sogar noch ISO 50
  • du hast Blende f/7.1 genommen
  • ISO 50 zusammen mit f/16 hätte eine erheblich längere Belichtungszeit (es sollten ca. 16 Sek. sein) ergeben und damit einen erheblich stärkeren Wischeffekt beim Wasser
  • die beiden Aufnahmen sind nur mit 1.3 EV (Lichtwerten) Abstand gemacht, wie du mir geschrieben hast
  • bei problematischen Lichtsituationen wie dieser würde ich auch eine Belichtungsreihe (Bracketing) machen, ich nehme aber mindestens 1,5 oder sogar 2 EV Belichtungsabstände, das machen die modernen Sensoren ohne weiteres
  • die Dynamik der Sensoren ist so gut, dass man zunehmend auf eine Bearbeitung mit HDR verzichten kann, das ist hier auch möglich
  • dazu kommt, dass bei bewegten Motiven HDR selten möglich ist, wobei es hier mit dem Wasser bei genügend langer Belichtungszeit vielleicht gehen würde
Bearbeitung
  • du hast die Bearbeitung mit LR (Lightroom) und dem HDR in LR gemacht
  • du hattest mir die RAW Datei zum Testen geschickt und ich habe damit unterschiedliche Bearbeitungen versucht, s. unten
  • damit wollte ich feststellen, ob bei dem Licht ein HDR überhaupt erforderlich ist
  • dazu habe ich zwei Bearbeitungen gemacht, also mit nur einem Bild!
    • eine, bei der nur LR verwendet wurde, ohne jedoch sehr viel Aufwand in das individuelle Aufhellen der Schatten zu stecken
    • eine zweite, bei der ich nach LR auch das NIK HDR Efex Pro 2 (kostenlos von google) in der Funktion Tone Mapping (Einzelbild) eingesetzt habe
  • die RAW Datei zeigt etwas CA, die aber in LR leicht zu entfernen ist
Langzeitbelichtung
  • dass dafür ein gutes Stativ oder eine feste Unterlage für die Kamera erforderlich ist, versteht sich von selbst (es tut auch ein Sack/Plastiktüte mit Sand, trockenen Erbsen ….)
  • wenn es nicht dunkel genug ist (oder wird), ist ein ND (neutral density) Filter notwendig, um auf längere Zeiten zu kommen
  • wenn es ein S/W Bild werden soll, die Farben also keine so große Rolle spielen, ist ein Schweißglas aus dem Baumarkt die billigste Lösung (ich habe beeindruckende Bilder damit gesehen)
  • ein Fernauslöser verhindert das Verwackeln bei der Auslösung
  • für die Sony Alpha Modelle gibt es eine APP „Smooth Reflection„, die mit vielen Einstellmöglichkeiten ein Bild aus 100 und mehr Einzelbildern innerhalb der Kamera macht (s. unten)
Beispiele im Web

 

bearbeitet mit LR und Nik HDR Tone Mapping (Einzelbild)

bearbeitet mit LR und Nik HDR Tone Mapping (Einzelbild)

 

Beispiel von Sony: Kamera App Smooth Reflection

Beispiel von Sony: Kamera App Smooth Reflection, 94 Bildern und Blende 8, 16mm Brennweite

 

mit Sony Kamera App "Smooth Reflection", aus 94 Belichtungen mit je 1/400 Sek.

mit Sony Kamera App „Smooth Reflection“, aus 94 Belichtungen mit je 1/400 Sek.

3 Kommentare
  1. Frank Uhlig
    Frank Uhlig sagte:

    Der Ast oben, als Bildbegrenzung hier akzeptiert, ist für mich sehr störend. Auch wird er von der Sonne ‚angesägt‘, so zumindest sieht es links aus. Visuell stört er durch seine Dünne, er wird immer spitzer und verläuft fast senkrecht zu allen anderen Linien im Bild.
    Wie ein Strich über eine entwertete Briefmarke.
    Dann stehen für mich alle Bäume nach rechst geneigt; könnte so tatsächlich sein, aber soviel Wind in einem Tal, daran glaube ich einfach nicht. Bild ein wenig nach links drehen.
    Ich mag, wie das Wasser unten im Bild sich wölbt und mischt.
    Zur Technik ist alles in der Kritik oben ausreichend beschrieben.
    Ich hätte mir nur einen anderen Standpunkt gesucht. Auf solch kreuzende Linien muss man lernen zu achten. Genauso wie auf aus Köpfen wachsende Bäume oder Lampenpfosten. Demnächst also mit besserer Übersicht mehr Erfolg. Schön war das Motiv und das Licht.

    Antworten
  2. Dierk Topp
    Dierk Topp sagte:

    @Stefan
    danke für den Hinweis auf die Lichtblitze, so hatte ich den Effekt gar nicht erkannt.

    Es wäre interessant, einen Vergleich zwischen dieser Aufnahme und einer mit erheblich längerer Belichtung zu sehen. Das würde einen starken Kontrast zwischen dem dann weichen Wasser und der Struktur in den Ästen ergeben. In deiner Bearbeitung sind die Äste allerdings für meinen Geschmack sehr weich geworden.

    Mich interessierte aber auch, ob bei dem geringen Abstand der beiden Belichtungen ein HDR etwas bringt. Deshalb habe ich die original RAW von Fabian als Einzelbild Tone Mapping bearbeitet und man sieht, dass die zweite Belichtung in dem geringen Abstand von 1,3 EV hier keinen Vorteil bietet.

    Es gibt einen Film von Tony Northrup in Youtube, der zu dem Thema Langzeitbelichtung sehr interessant ist. Man hätte mit seiner Technik hier sogar eine Aufnahmeserie machen können und die in PS zu einem Langzeitbild zusammen fügen können, und dass vielleicht sogar aus der Hand,
    ab ca. 5. Minute:

    You (probably) DON’T Need Polarizing, UV, or ND Filters: Simulate them for FREE!
    https://www.youtube.com/watch?v=YcZkCnPs45s

    VG
    dierk

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  3. Stefan Jeschke
    Stefan Jeschke sagte:

    Fuer mich machen das Bild die schoenen Godrays, welche eine tolle Stimmung rueberbringen. Sie koennten vom mir aus noch staerker sein, ist hier aber sicher schwierig weiter herauszuarbeiten aufgrund der sehr unruhigen Szene.. Links das Moos koennte man abdunkeln (macht die Szene etwas ruhiger) und rechts oben das Geaest ebenso. Etwas waermer abgestimmt um die tolle Stimmung besser zu transportieren und schliesslich ein leichter lokaler Gaussfilter (hauptsaechlich im nervoesen Geaest, da extrem viele extrem unwichtige Details die ablenken) um noch etwas mehr Ruhe ins Bild zu bekommen.
    Das Wasser finde ich sehr gelungen, es ist nicht zu sehr weichgespuelt sondern die Dynamik ist noch erkennbar, das gefaellt mir. Dass die sonnenbeschienenen Wasserspritzer helle, scharfe Flugbahnen ergeben ist logisch, es ist quasi der gleiche Effekt wie bei Silversterraketen (es sind kurze helle Lichtblitze).
    Mir kippt das Bild entschieden nach rechts. Habs um 1 Grad nach links gedreht, dann gings so einigermassen. Anbei meine Variante (verkleinert) vielleicht gibts ein paar Inspirationen.

    Viele Gruesse,
    Stefan

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