Bergpanorama: Dolomiten-Bühnenbild

Markante Berge in spannendem Licht – was will der Landschaftsfotograf mehr? Einen Vordergrund, vielleicht.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Kurt Schifferegger).

Kommentar des Fotografen:

Berglandschaft in den Dolomiten; Was ist speziell an dem Bild: Beleuchtung und Schatten mit einem bewölkten Himmel.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Kurt Schifferegger:

Die Dolomiten haben wohl einige der markantesten Gipfel der Berge dieser Welt aufzuweisen. Hier sehen wir eine Gruppe der typisch steil aufragenden Felsnadeln, eingebettet in eine bewaldete Vorgebirgslandschaft.

Der Himmel des Farbbilds ist relativ dicht und niedrig bewölkt, die Sonne scheint durch eine Wolkenlücke ungefähr im 45-Grad-Winkel in die Szenerie und verleiht den Felsen durch das seitliche Spotlicht deutliche Schatten, welche die Zerklüftung betonen.

An dem Bild fällt sofort die Beleuchtung auf:

Dramatisches Seitenlicht, bewölkter Himmel, ein bewältigbarer Kontrastumfang trotz direkter Sonneneinstrahlung. Ideale Bedingungen für eine Gebirgs-Landschaftsfotografie, und die hast Du genutzt.

Die Berggipfel scheinen an den Wolken zu kratzen, ihre Majestät kommt vor den im dunklen Schatten liegenden Waldhügeln im Mittelgrund erst richtig zur Geltung. Und dennoch fehlt etwas.

Ich hab’s grade geschrieben: Das Bild hat Mittel- aber keinen echten Vordergrund, es hat eigentlich fast nur eine Ebene – die beeindruckende Kulisse der Felsspitzen. Die steht allerdings flach im Bild, der Raum wird nicht spür- und erfahrbar. Angesichts des spannenden Lichts ist das sehr schade.

Im vorderen rechten Eck erhebt sich zwar ein bewaldeter Hügel, der relativ nah bei uns liegt – aber ein Vordergrund ist das nicht. Angesichts der mit 160mm bereits sehr langen Brennweite kann man nicht erwarten, dass Du ein naheliegendes Objekt in die Tiefenabstufung einbezogen hättest – es müsste bereits ziemlich weit weg liegen, um in den Schärfebereich zu ragen.

Landschaftsfotografie braucht aber unbedingt das Gefühl des Raums. Es lässt sich mit ausgeprägten Vorder- und Hintergrundszenerien und namentlich mit Brennweiten im Weitwinkelbereich herbeiführen.

Bei Telefotografie wird es schwieriger, aber es gibt Tricks. Einer besteht darin, einen Rahmen für die Szene in der Ferne zu schaffen – beispielsweise, indem Du durch im (unscharfen) Vordergrund liegende Äste eines Baumes hindurch fotografierst. Mir persönlich liegt diese Methode nicht besonders, aber sie kann einen Guckloch-Effekt haben, der einen schon fast ins Bild hineingreifen lässt.

Eine andere Methode besteht darin, das ferne Motiv zum Vordergrund zu machen. Dazu wählst Du eine Komposition, welche die Felskulisse so weit nach vorne rückt, dass das, was dahinter liegt, zum Hintergrund wird, auch wenn faktisch alles in optisch „unendlich“ liegt.

Schichtung: Mittel- wird Vordergrund durch Komposition.Das habe ich in diesem Beispiel im Sequioa-Nationalpark versucht: Eigentlich hat das Bild keinen klaren Blickfang, aber mir gefiel die Lichtstimmung. Ich habe den Hügel vor mir deswegen zum Hauptmotiv und die Täler dahinter zum Hintergrund gemacht, weil ich einfach keinen geeigneten Vordergrund hinkriegte.

Bei Deinem Bild wäre vielleicht auch das Gegenteil denkbar gewesen: Der Abhang zur rechten ist so, wie das Bild jetzt komponiert ist, überhaupt nicht hilfreich. Aber schon eine Strasse darin, Ein Gebäude oder auch nur ein Fels hätte die rechte untere Bildecke zum Vordergrund im weiteren Sinne gemacht und dem Bild sofort ein Mindestmass an Tiefe verliehen.

Aber wie gesagt: Der Kaktus ist nicht immer da, wo man ihn braucht…

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1 Kommentar
  1. Christian Gruber
    Christian Gruber sagte:

    Licht und Wolkenstimmung – ok. Der massive Schattenwurf auf den bewaldeten Bergrücken raubt aber dem Bild eine Ebene.
    Ebenso der Schattenwurf auf teile der Steilhänge. Und darum gehts ja in dem Bild. Die Konturen durch den Lichtwinkel auf den Felsen.
    Üblicherweise wanderen solche Wolkenschatten meist zügig. Etwas Geduld und notfalls eine Überlagerung am PC könnten hier helfen.
    Weiters hätte ich der Steilwand etwas mehr Ausblick gegönnt. Die Dimensionen wären besser rübergekommen.
    Theoretisch gehört noch über den Aufnahmestandort gesprochen. Bei einem ambitionierten Wanderfoto wird das meist nicht möglich sein, aber gelungene Landschaftsfotos leben von der Aufnahmezeit (blaue Stunde) und dem geplanten Blickwinkel. Da der Bergrücken im Vordergrund die Hälfte der Felsübergänge zum Schnee verdeckt hätte ich hier die Spitze des bewaldeten Bergrücken ca 4/5 von rechten Rand gewählt. Klarerweise in der Realität nicht so einfach umzusetzen.

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