Bernhard Edmaier: Erde – abstrakt und wunderschön

Fotograf und Geologe Bernhard Edmaiers «_Kunstobjekt Erde» lautet der Titel, dieser äußerst sehenswerten Schau, die einen gänzlich anderen Blick auf unseren Planeten bietet, auch wenn Edmaier seine Bilder ganz in der Tradition der klassischen, unverfälschten Fotografie aufnimmt und verarbeitet.

Erde aus der Vogelperspektive

© Bernhard Edmaier: Kunstobjekt Erde

Es sind wunderschöne, ruhige Aufnahmen. Es sind stille Bilder voller natürlicher Schönheit. Bernhard Edmaier gelingt etwas, das selten ist: Er hat ein altbekanntes, teilweise schon ausgeleiertes Motiv: die Erde. Er hat eine seltene, aber durchaus nicht ungewöhnliche Perspektive: die Luftbildaufnahme.


Bernhard Edmaier verzichtet auf eine künstlerische Nachbearbeitung und Verfremdung seiner Aufnahmen. Und doch gelingen ihm neue, medidative, faszinierende Fotos der unberührten Natur. Aufnahmen, die ganz konkret, aber durch die Wahl des Ausschnitts, der Perspektive und des Lichts schon wieder abstrakt und surreal werden.
Edmaier bricht die in «_Kunstobjekt Erde» die Regeln der Landschaftsfotografie.

Bernhard Edmaier: _Kunstobjekt Erde

Nur ganz, ganz selten nutzt er Seitenlicht, um die Konturen, die Höhen und Tiefen der Landschaft auszuarbeiten. Im Gegenteil. Er blickt von oben auf die Erde. Einen Horizont gibt es nicht. Alles ist Fläche. Fläche mit Farben, Strukturen und Rhythmus. Bei ihm wird die Landschaft zu einer Ebene, auf der Küsten, Flüsse, Eisberge, Wälder und Wüsten zu gleichrangigen Elementen werden, deren Anordnung, Nachbarschaft, Ineinandergreifen zu einmaligen Bildern führen. Bilder, die durch die Farben, das Zusammenspiel und die Strukturen wirken. Manchmal sind die einzelnen Elemente ganz deutlich zu erkennen, manchmal aber auch nur noch zu erahnen. So werden zum Beispiel die Aufnahmen von Vulkanasche auf isländischem Gletschereis dank der starken Kontraste zu Radierungen, Linienbildern. So werden aus ganz konkreten Aufnahmen – allein durch die Wahl des Abstands und des Ausschnitts – urplötzlich abstrakte Fotografien von eigenartiger, einzigartiger Schönheit.

Bernhard Edmaier hält das Bild einer unberührten Natur fest. Flußdeltas, Küstenstreifen, Gletscherlandschaften. Schichtungen im Sedimentgestein, Schmelzwasserströme, Sinterkrusten. Alles hat er fotografiert. Aber in «_Kunstobjekt Erde» kommen die Zeugnisse der Menschen, die Straße, Städte und Dörfer auf dieser Welt nicht vor. Es ist das Bild eines wunderschönen, eines faszinierenden, unberührten Planeten, dass der deutsche Fotograf zeichnet.

Es sind Aufnahmen, die für sich selber sprechen, die nicht anklagen oder verherrlichen, sondern einfach die Natur abbilden und diese selber sprechen lassen. Aufnahmen, die von Edmaiers Liebe zur Natur sprechen und die so ruhig, aber umso eindringlicher sind.

«_Kunstobjekt Erde» ist eine sehenswerte Ausstellung. Passend zu der Ausstellung gibt es den [amazon 0714894249]Bildband «Earthsong»[/amazon] aus dem Phaidon Verlag, der noch mehr – auch klassische – Landschaftsaufnahmen enhält. Ein schönes Buch, aber nicht so konzentriert und eindringlich wie die Ausstellung.

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Bernhard Edmaier: _Kunstobjekt Erde

Bernhard Edmaier: _Kunstobjekt Erde

Bernhard Edmaier: _Kunstobjekt Erde

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Deutsche Ausgabe, Phaidon Verlag, London – Berlin 2004

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Die Beschreibung offenbart bereits, was diese Aufnahme mit einem machen kann: Ich habe auf den ersten Blick eine Blickrichtung parallel zur Erdoberfläche angenommen. Das ist unsere natürliche Perspektive. Was davon abweicht, gibt sich meistens rasch zu erkennen – das gilt sogar für Fotografien aus der Frosch- oder Vogelperspektive, sogar wenn es die umwerfendsten Luftaufnahmen sind. […]

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