Bildkritik „Herbsttag“: Komposition und Technisches kann man lernen

Wenn man mit dem Fotografieren anfängt, gilt es viel zu üben. Dazu gehört nicht nur das Beherrschen des Handwerkszeugs = Kamera, sondern natürlich auch ein Verständnis für Bildaufbau/Komposition. Beides bedarf hier noch der Verbesserung, aber ein guter Ansatz ist vorhanden.

Canon 1100D, 135mm, F/7.1 , 1/500 sek., ISO 6400 – (c) Larissa Sellmann

 

Ich wollte bei diesem Shooting auf die schöne Jahreszeit Herbst eingehen. Ein bisschen mit herbstlicher Umgebung und Farben arbeiten. Ich hoffe ich kann ein paar Tipps bekommen was ich in Zukunft besser machen kann, da ich später Fotografin werden möchte und bis dahin schon so viel wie möglich lernen.

Zunächst einmal zu dem, was mir an Deinem Foto gefällt. Da ist die allgemeine Farbstimmung, die den Herbst wirklich gut eingefangen hat, und die Tatsache, daß das Modell nicht direkt in die Kamera schaut. Das wirkt verträumt, nachdenklich, und paßt zu der natürlichen Umgebung. Sie sitzt mit dem Rücken an einem Baum, inmitten einer Wiese, als wollte sie sich ausruhen. Daß Du die junge Frau so aufgenommen hast, zeugt von einem guten Auge, insbesondere für Farbstimmung. Alles andere, woran dieses Foto krankt, kannst Du lernen.

Zum Technischen: Ich bin mir nicht sicher, ob Du die technischen Aspekte von Fotografie voll verinnerlicht hast, also den Zusammenhang zwischen Blende, Brennweite, Verschlußzeit etc. Du hast in dieser Hinsicht zwei Möglichkeiten: entweder Du greifst auf die mathematische Erklärung zur Kameraoptik zurück, oder Du gehst den langen Weg und experimentierst, bis es für Dich stimmt. Du scheinst den letzteren Weg zu gehen, was OK ist, aber warum Du mit diesen Einstellungen fotografiert hast, ist mir nicht ersichtlich. Der hohe ISO hat zu einem extremen Bildrauschen geführt, das auch bei der geringen Auflösung, in der Du das Bild eingereicht hast, immer noch unangenehm auffällt. Selbst mit einem Entrauscher wäre das nicht zu beheben. Man kann es höchstens noch in Schwarzweiß umwandeln, dann wird aus dem Bildrauschen eine weiche Körnung – allerdings verliert man dann auch die Farbstimmung im Foto.

Die 1100D ist eine sehr gute Anfängerkamera, ich hatte selbst früher eine Rebel, aber man muß sich der Grundzusammenhänge bewußt sein und diese konkret anhand der eigenen Kamera umzusetzen wissen. Meine bevorzugte Portätlinse war damals eine Festbrennweite von 50 mm, maximale Blende von f/1.8. Diese habe ich fast grundsätzlich auf f/4 eingestellt, was mir im unmittelbaren Gesichtsbereich genügend Schärfe gab, aber bei der geringen Schärfentiefe alles andere angenehm verschwimmen ließ. Alternativ habe ich gerne meine 85 mm Festbrennweite benutzt. Als ich dann auf eine Vollformatkamera umstieg, mußte ich mich erst daran gewöhnen, daß ich diese Ergebnisse nur mit f/8 erzielen konnte. Das hieß aber auch, das ich grundsätzlich bei geringen ISO-Werten mit Stativ fotografieren muß, oder eben den ISO hochschrauben; jedoch nie so extrem.

Hier zwei Beispielfotos, beide fotografiert mit meiner Canon 5D Mark II auf einem Stativ mit Blitz (Softboxaufsatz). Das erste hat die EXIF-Daten ISO 400, 70 mm, f/4, 1/40s. Das zweite ISO 640, 85 mm, f/5, 1/15 s.

Vergleichsfoto - (c) Sofie Dittmann

Vergleichsfoto – (c) Sofie Dittmann

 

Vergleichsfoto - (c) Sofie Dittmann

Vergleichsfoto – (c) Sofie Dittmann

 

Hier dann noch zwei Außenaufnahmen, bei denen ich einen höheren ISO hätte verwenden sollen, weil die Kinder sich zu schnell bewegt haben:

Vergleichsfoto - (c) Sofie Dittmann

Vergleichsfoto – (c) Sofie Dittmann

 

Vergleichsfoto - (c) Sofie Dittmann

Vergleichsfoto – (c) Sofie Dittmann

 

Das zweite „existiert“ nur in Schwarzweiß, denn der Junge weist im Gesicht eine leichte Unschärfe auf, die sich in Farbe nicht kaschieren ließ.

Will sagen: Du mußt Dich also mit dem, was Deine Kamera technisch bringt, genug auseinandersetzen, um vor Ort die richtigen Einstellungen zu wählen. Und selbst, wenn man das schon eine Weile macht, geht es manchmal in die Hosen. Das war im zweiten Fall nicht wichtig, denn ich bin dafür nicht bezahlt worden, aber wenn man für Geld fotografiert, erwartet der Kunde Perfektion (im Fall einer Hochzeit kann das zu enormem Druck führen, denn die Aufnahmen sind nicht zu wiederholen).

Zur Komposition: Zwei Dingen fallen sofort auf, wenn man Dein Bild sieht. Erstens das Bein der jungen Frau, das sich wie eine Schlange unten rechts durchs Bild zieht, und zweitens der ausgebrannte helle Fleck oben rechts.

Vergleichsfoto/Problemzonen

Vergleichsfoto/Problemzonen

 

Ich hätte, um ersteres zu vermeiden, keinen so extrem engen Ausschnitt gewählt. Dann wäre mehr von den Extremitäten im Foto, und sie würde nicht so amputiert wirken. Wenn Du den Ausschnitt beibehalten willst, hätte ich sie gebeten, das Bein auf den Boden zu legen, damit es nicht im Bild ist, und ihre Hände auf den Schoß zu legen.

Der ausgebrannte Fleck ist vermutlich Himmel, der ohne Grauverlaufsfilter eben weiß wirkte. Das kann man im Nachhinein nur in der Nachbearbeitung beheben. Du hast laut EXIF mit Picasa nachbearbeitet, das meines Wissens ebenfalls die Möglichkeit bietet, Bildteile zu klonen. Wenn Du aber langfristig professionell arbeiten willst, solltest Du Dich zumindest mit Photoshop Elements befassen. Picasa bietet einfach nicht genug. Jedenfalls solltest Du hier den störenden Fleck hinterher manuell entfernen.

Falls man sowohl das Schlangenbein, als auch den Fleck loswerden möchte, kann man das Bild auch entsprechend beschneiden. Das verändert dann zwar die Komposition wesentlich, aber meines Erachtens zum besseren. Ich habe noch den Rest des weißen Flecks und Deines Logos weggestempelt. Wenn man dann noch die erwähnte Schwarzweißumwandlung vornimmt, kommt das hier dabei heraus:

Vergleichsfoto mit Bearbeitung

Vergleichsfoto mit Bearbeitung

 

Fazit: Wenn man ein Foto so extrem nachbearbeiten muß, um es zu „retten“, ist das ein sicheres Zeichen, daß bereits bei der Aufnahme wesentliche Dinge nicht richtig gelaufen oder nicht beachtet worden sind. Du hast ein gutes Auge insbesondere für Farbstimmung, aber das Handwerk muß genauso stimmen. Es gibt genügend Bücher und Webseiten, Tutorien und mehr, die Dir die Grundlagen vermitteln. Ich würde mich freuen, in der Zukunft noch einmal ein Porträt Deinerseits zu sehen.

5 Kommentare
  1. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Einspruch!

    So sehr ich Schwarzweißbilder mag, aber die Herbststimmung ist halt weg.

    Ansonsten bin ich dabei, Herbststimmung gut eingefangen, bei der Belichtungseinstellung und in den Randbereichen mit dem augebrannten Fleck und dem abgeschnittenen Knie nicht genug aufgepasst. Wenn wir schon beim Randbereich sind: Ich hätte über dem Kopf etwas mehr Platz gelassen.

    Antworten
    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Sag ich ja – die Farbstimmung geht total flöten. Aber bei dem Bildrauschen bleibt fast sonst keine andere Wahl.

      Und mehr Platz über dem Kopf: stimme Dir voll zu.

    • Chilled Cat
      Chilled Cat sagte:

      Jetzt wo du’s schreibst, lese ich es auch.

      Wir hoffen jetzt einfach, dass sich Fotografin und Modell kennen und das Bild noch einmal machen können bevor der Winter einbricht.

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  1. […] Das war die Idee hinter diesem Bild. Einen magischen Moment festzuhalten. :) Durch die Kritik, die ich bereits bekommen hab, hab ich viel im Bezug auf Kamera Einstellungen und Bearbeitung geändert. Die Kamera wird vorher […]

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