Bruce Barnbaum: Die Kunst der Fotografie

Zwei Kilo Buch und jede Menge Wissen: Bruce Barnbaums Kompendium »Die Kunst der Fotografie“ ist in jeder Hinsicht ein gewichtiges Werk.

Und ein Werk, das man nicht nebenher lesen kann und sollte. Es fordert viel Aufmerksamkeit und belohnt den fleißigen Leser mit ebenso vielen Inspirationen und Einsichten – auch die fortgeschrittenen Fotografen unter uns.

Das im Heidelberger Dpunkt-Verlag auf Deutsch erschienene Buch erhielt im November einen Deutschen Fotobuchpreis in Silber. Die Jury schrieb zur Begründung (verfasst von Andreas Langen):

„Es ist das geballte Werk eines Fotografie-Lehrers, der seit über 35 Jahren im Job ist. Ich sage Job, weil Bruce Barnbaum Amerikaner ist; das zeigt sich nicht nur in der Auswahl seiner Bildbeispiele, sondern vor allem in seiner Sprech- und Denkweise: locker plaudernd im Tonfall, immer unterhaltsam. Was nicht mit oberflächlich zu verwechseln ist, genausowenig wie „Job“ einen Mangel an Leidenschaft bedeutet, im Gegenteil. Barnbaum ist spürbar begeistert von seinem Metier, und er ist ein ungemein kenntnisreicher Erzähler.“

Begeisterung fordert Bruce Barnbaum auch von seinen Lesern – als fundamentale Voraussetzung für die Entwicklung eines persönlichen fotografischen Ausdrucks: »Wenn Sie keine Begeisterung für eine Unternehmung entwickeln, dann probieren Sie lieber gleich etwas anderes. Sind Sie hingegen von etwas begeistert, dann gehen Sie ihm nach!« Barnbaum beginnt mit einer Diskussion über dieses grundlegende Interesse – und kommt am Ende wieder darauf zurück mit den Fragen nach der künstlerischen Kreatitvität und der Entwicklung einer persönlichen Philosophie.

Die gestalterischen und technischen Kapitel liegen dazwischen: die Komposition und deren einzelne Elemente, das Konzept der Visualisierung, das Licht als elementare „Essenz der Fotografie“, die Farben, das Zonensystem für Film und für das digitale Negativ, die Präsentation.

Klar ist zu sagen: Bruce Barnbaum fotografiert in Schwarzweiß und auf Film. Deshalb nehmen die Techniken für die analoge Schwarzweißfotografie den größeren Raum im Buch ein, ausführlich zum Beispiel die Methodik des Schwarzweißprints im Fotolabor. Der digitale Druck fehlt dagegen. Dennoch lernen wir viel Grundlegendes etwa über die Farben – und die Methode des digitalen Zonensystems ist noch längst nicht so verbreitet wie mir das selbstverständlich erscheint. Barnbaum grenzt die verschiedenen Medientechniken gegeneinander ab, so dass ihre Eigenheiten sichtbar werden und die Möglichkeit, dieses bewusst zu wählen und einzusetzen. In den grundlegenden Kapiteln finden sich alle Fotografen wieder, ob digital oder auf Film, Farbe oder Schwarzweiß, gar keine Frage.

Bruce Barnbaums roter Faden ist aber – neben Technik und Gestaltung – die Persönlichkeit des Fotografen. Der Untertitel seines Buches heißt deshalb: »Der Weg zum eignenen fotografischen Ausdruck«. Barnbaum fordert Begeisterung und Einsatz. Und vor allem Aufgeschlossenheit. Deshalb widmet er sich auch der Zerstörung einiger fotografischer Mythen. Zum Beispiel: »Der Mittelpunkt des Bildinteresses sollte ein Drittel von unten und ein Drittel von der Seite des Fotos platziert werden.« Barnbaum schreibt: »Es kommt eben doch vor, dass Sie ein Objekt genau in der Bildmitte platzieren wollen, damit das Foto Stabilität, Stärke, Balance, Symmetrie oder vieles andere ausstrahlt. Manchmal wollen Sie vielleicht auch das Zentrum der Aufmerksamkeit nahe der Kante oder Bildecke legen, um dadurch ein absichtliches Ungleichgewicht zu erzeugen…«

Bruce Barnbaum bürstet also ein wenig gegen den Strich. »Regeln sind einfach blödsinnig, völlig willkürlich und geistlos, da sie einem zwar schnell zu akzeptablem Mittelmaß verhelfen, aber im Fortgang daran hindern, weiter voranzukommen.« Und um das Vorankommen geht es Barnbaum: »Bleiben Sie immer aufgeschlossen, Interessieren Sie sich für neue Methoden und Ansätze. Versuchen Sie, Ihre Grenzen zu erweitern. Die Fotografie ist ein fortlaufender, im ständigen Werden begriffener Prozess… Bleiben Sie auf der Suche.«

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Dpunkt-Verlag Heidelberg 2012, 400 Seiten, 49,90 Euro.

Bruce Barnbaum
Dpunkt-Verlag

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  1. […] ich hier ansprechen möchte, ist zweierlei. Zum einen einmal das, was Bruce Barnbaum „Randkontrolle“ nennt. Rechts (blauer Pfeil) hast Du einen Wolkenkratzer recht nah an den Rand […]

  2. […] ist gerne mit anderen Bildteilen so beschäftigt, daß man vergißt, auf die Bildränder zu achten. Bruce Barnbaum nennt das „Grenzkontrolle“ (der Ausdruck „border control“ macht im […]

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