Buchrezension «Außen Wildnis Innen»: Gemischte Gefühle

Allein der künstlerische Gedanke in diesem Buch genügt nicht, wenn seine Umsetzung in anderen nichts auslöst.

Cover

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“Geheimnisvoll am lichten Tag
Läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben,
Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.“

Johann Wolfgang von Goethe, „Faust, Der Tragödie erster Teil“, 1808

Ich habe dieses Faust-Zitat immer so interpretiert, daß man Natur aus dem Bauch heraus erfahren muß; analytisch funktioniert es nicht, insbesondere beim Fotografieren. Viele der bekanntesten Naturfotos lösen denn auch in einem ein Gefühl aus.

Ich will ganz ehrlich sein, mit diesen Bildern habe ich gehadert. Es ist nicht leicht, zu ihnen einen Zugang zu finden, und bis zuletzt habe ich damit gekämpft. Was Schwedes uns zeigt, ist ihre Version der Natur, aufgenommen über Jahre hinweg an Stellen, die sie selbst in der Nähe ihres Wohnorts entdeckt und immer wieder aufgesucht hat. Im Grunde genommen an sich ein interessanter Ansatz.

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

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Ein Teil der in diesem Buch enthaltenen Bilder sind Abstrakte im eigentlichen Sinn, andere digital konstruierte Montagen/Collagen. Wenn auch Abstrakte an sich bereits meist rein auf der viszeralen Ebene wirken, sind es die Montagen, mit denen ich am meisten Probleme hatte – weil sie den Eindruck erwecken, als hätte jemand arbiträr irgendwelche digital erzeugten geometrischen Formen auf ansonsten nicht besonders aufregende Naturfotos appliziert. Und so waren sie bestimmt nicht gemeint.

Vor diesem Hintergrund wäre es falsch, dieses Buch einfach nur verbal zu zerreißen. Denn wenn ich auch vielleicht nicht kapiert habe, was Schwedes mir genau sagen wollte, heißt es nicht, daß diese Fotos wertend schlecht sind – ich habe sie schlichtweg nicht verstanden. Sie haben in mir nichts ausgelöst, und ich wußte nicht, was ich dabei fühlen sollte.

Das könnte man selbstverständlich, um bei Goethe zu bleiben, als des Pudels Kern betrachten und argumentieren, die Bilder laden eben zur Diskussion über unser Verhältnis zur Natur ein, wie es auch der Autor des Vorworts zu diesem Buch tut. Letztlich bringt mir das jedoch nichts, wenn ich dieses Buch irgendwann in dem Bewußtsein ad acta lege, nichts durch es gewonnen zu haben.

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

Ich selbst fotografiere ebenfalls gerne Abstrakte, und ich weiß zu schätzen, wenn jemand in einer vermeintlich offensichtlichen Szene andere Dinge findet, die diese transzendieren. Dabei hätte ich es in diesem Fall auch belassen – mich auf die Werke konzentriert, die genau das tun, und die auch visuell entsprechend miteinander zusammenhängen.

Vielleicht würde ich meine Meinung ändern, wenn ich sie in natura auf einer Ausstellung sähe. Ansonsten sind sie unter Umständen etwas für Leute, denen diese Art von digitaler Kunst etwas sagt. Mir sagen sie leider nichts.

(c) Stefanie Schwedes

(c) Stefanie Schwedes

Über die Autorin: Die seit 2011 entstandenen Fotoarbeiten der Künstlerin Stefanie Schwedes eröffnen eine neue Perspektive auf ein vertrautes und etabliertes Thema: Wald und Naturbetrachtung. Die Grenzen zwischen Virtualität und Realität lösen sich zusehends auf. Das Verhältnis des Menschen zur Natur verändert sich ebenso stark und die Einwirkungen des Menschen und seiner Kultur auf die Erde ist nicht mehr rückgängig zu machen. Mit einem sensiblen Gespür für Form und Struktur reagiert Stefanie Schwedes mit ihren Werken auf diesen Umstand. Das Buch zeigt teils unveröffentlichte Arbeiten, die der lauten und inzwischen globalisierten Diskussion so ästhetisch wie vielschichtig angelegte Statements hinzufügen.

[buchrezensiontabelle 9783735602114]

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