Buchrezension «Der Rote Faden»: Fotoprojekt statt Bilderdschungel

Egal, ob man bereits vorhandene Bilder sichten und gruppieren lernen oder diese als Ausgangspunkt für themenbezogenes Arbeiten nehmen möchte: «Der Rote Faden» hilft insbesondere fortgeschrittenen Fotografen, den unübersehbaren Dschungel ihrer vorhandenen – und zukünftigen – Digitalaufnahmen in Projekte umzuformen.

Der Rote Faden - (c) Meike Fischer

Der Rote Faden – (c) Meike Fischer

Level: Fortgeschritten
Genre: gemischtes Lehrbuch
Benutzbarkeit*: 9
Preislevel**: €€
Empfehlenswert für alle, die aus ihrem Bilderstapel Bildprojekte gestalten möchten.
* 1 – eher nicht, 5 – geht so, 10 – super
** € (sehr billig) bis €€€€€ (überteuert)

Diese Buchrezension fügt sich an einen Artikel an, den wir vor nicht allzu langer Zeit über projektbezogenes Arbeiten veröffentlicht haben.

Viele Fotografen sind ohne klare Linie in ihrem Schaffen sehr glücklich. Sie fotografieren – zum Teil technisch sehr gut – was ihnen gefällt, mehr oder weniger wahllos, und hinterher lagern die Ergebnisse auf einer Festplatte oder DVD. Doch keiner interessiert sich nach ein paar Jahren für die Trophäenbilder, die man aus dem Urlaub mitgebracht hat, oder die Aufnahmen des Kindergeburtstages, wenn man sie überhaupt noch findet.

Das muß nicht sein: es gibt Wege, diese Fotos zu ordnen und zu verarbeiten, oder besser noch, von vorneherein so zu fotografieren, daß man sie leichter ordnen und verarbeiten kann. Genau diesem Thema ist „Der Rote Faden“ gewidmet, und mir tut nach der Lektüre vom vielen zustimmenden Nicken fast der Kopf weh. Besser hätte ich das Buch selbst nicht verfassen können, wenn es auch ein oder zwei Errata aufweist (Helmut Newton war kein deutsch-amerikanischer Fotograf; er war australischer Staatsbürger, er lebte/starb nur in den USA).

Aufgeteilt ist „Der Rote Faden“ in neun übersichtlich konzipierte Kapitel, die mit den Fotos der Autorin zur Anschauung, aber viel wichtiger noch mit Trainingsmodulen durchzogen sind. Wer sich beispielsweise den Kopf kratzt nach der Auseinandersetzung mit verschiedenen Arten der Bilderkombination – Diptych vs. Kurzserie und so weiter – der wird nicht einfach im Regen stehen gelassen, sondern das vermittelte Wissen wird so weiter praktisch verfestigt.

© Meike Fischer

© Meike Fischer

Von der einfachen Bildserie bis zur komplexeren Bildauswahl für eine Ausstellung oder ein Fotobuch wird der Leser umfassend an projektbezogenes Arbeiten herangeführt. Gleich zu Anfang regt Fischer auch die Zusammenarbeit mit anderen befreundeten Fotografen an, um im Vieraugenprinzip Themen in bereits vorhandenen Aufnahmen zu suchen.

Ebenfalls besonders wertvoll fand ich die Darstellung zur formalen und motivischen Herangehensweise an Bildserien, sowie die Ausführung zur Bildsprache. Diese gehen Hand in Hand mit der Wahl einer einheitlichen Nachbearbeitung für die Serie, die sie ebenfalls anspricht.

Ein insgesamt solides Kurzlehrbuch mit vielen guten Anregungen, die helfen werden, der eigenen Arbeit eine thematische Richtung zu geben und aus einem digitalen Bilderstapel Projekte zu schaffen, an denen man sich auch Jahre später noch erfreut.

Buchtitel: Der Rote Faden – Eigene Fotoprojekte konzipieren und verwirklichen

Autor: Fischer, Meike

Verlag: dpunkt.verlag

Erscheinungsjahr: 2015

ISBN: 978-3864902055

Listenpreis: [amazon 3864902053]Gebunden (34,90)[/amazon]

Genre: Fotografielehrbuch

Seitenanzahl: 232

Level: Fortgeschritten

Über die Autorin: Meike Fischer hat an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Fotografie studiert und arbeitet seither als Fotojournalistin. Zudem war sie mehrere Jahre als Bildredakteurin für das Frankfurter Rundschau Magazin tätig. Arbeiten von Meike Fischer befinden sich in den Sammlungen des Deutschen Architekturmuseums Frankfurt und des Historischen Museums Frankfurt.

Als Autorin schreibt sie Fachartikel und Fachbücher. Beim dpunkt.verlag erschienen ihre Bücher »Fotokurs Straßenfotografie« (2. Auflage) und »Nacht- und Restlichtfotografie«, die beide mit dem Prädikat »Nominiert zum Deutschen Fotobuchpreis« ausgezeichnet wurden. Ihre Fotodokumentation »8 qm. Tisch Bett Stuhl« über ein stillgelegtes Frauengefängnis in Frankfurt wurde beim Kehrer Verlag veröffentlicht.


Über Buchrezensionen bei fokussiert: Wir geben ausschließlich unsere persönliche Beurteilung des rezensierten Buches wieder, für die wir von den jeweiligen Verlagen nicht bezahlt werden. Rezensionsexemplare der Bücher erhalten wir unabhängig davon, ob wir eine positive oder negative Besprechung verfassen.

Falls Sie interessiert daran sind, Ihr Buch von uns besprechen zu lassen, würden wir uns freuen, von Ihnen zu hören.

3 Kommentare

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  1. […] Vielleicht bekommt die/der eine oder andere von Euch dadurch ja Anregungen allgemein zu einem Fotoprojekt, oder Ihr habt etwas Ähnliches in Eurem Fundus, das Ihr zum Wettbewerb einschicken […]

  2. […] meisten Fotografen haben kein Problem damit, ein Motiv für ihre Aufnahme zu finden – aber viele kämpfen mit der Entscheidung, was sie auslassen sollen. Oder wie sie es weglassen […]

  3. […] Ich habe auch noch ein anderes Bild online entdeckt, das Du wohl in der Radiostation in Tacloban gemacht hast. Wenn Dich diese Orte/Motive interessieren, und Du die Zeit hast, würde ich mir überlegen, aus dem, was jetzt mehr oder weniger zufällig entstandene Schnappschüsse zu sein scheinen, ein Fotobuch oder einen Fotoessay anzufertigen. Tipps und weitere Hinweise, wie das zu bewerkstelligen ist, findest Du in einem hier vor kurzem erschienenen Artikel, oder in dem Buch „Der Rote Faden“ von Meike Fischer (Affiliate-Link), das auf fokussiert vor nicht allzu langer Zeit besprochen wurde. […]

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