Buchrezension «Genesis»: Mahnung und Liebeserklärung

Eine Mahnung an die Menschen, zugleich aber auch eine Liebeserklärung an den Planeten Erde im Großformat.

(c) Sebastiao Salgado

(c) Sebastiao Salgado

Level: Alle
Genre: Fotobuch
Benutzbarkeit*: 8
Preislevel**: €€
Eine großformatige Liebeserklärung an den Planeten Erde in atemberaubenden Schwarzweißbildern.
* 1 – eher nicht, 5 – geht so, 10 – super
** € (sehr billig) bis €€€€€ (überteuert)

Das Wort „Genesis“ bedeutet „Entstehung“, „Anfang“ oder „Ursprung“. Viele werden dieses Wort als Name für die biblische Schöpfungsgeschichte (1. Buch Mose) kennen, in der beschrieben wird, wie sich die Anhänger des jüdischen und christlichen Glaubens die Entstehung der Welt und des Menschen vorstellen.

Das Buch „Genesis“ des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado hat nichts mit Religion zu tun und handelt auch nicht von der Entstehung der Welt. Dennoch ist der Name wohlüberlegt gewählt, denn es geht um „die Schöpfung“, also um die Welt und den Menschen.

Sebastião Salgado ist zwar ein berühmter Fotograf, der auch schon für die berühmte Agentur Magnum gearbeitet hat, er ist aber auch Umweltaktivist. Er ist auf einer Farm in Brasilien auchgewachsen, doch das Schicksal hat ihn in jungen Jahren hinaus in die Welt getragen. Er arbeitete unter anderem als Fotograf und machte einige Langzeit-Projekte, darunter das hart zu verdauende „Migrations“ (aus dem Jahr 2000).

Als er irgendwann wieder auf die Farm seiner Kindheit zurückkehrte, war er entsetzt, wie stark der umliegende Regenwald gerodet und der Lebensraum unzähliger Tiere zerstört wurde. Er fing an den Bereich um die Farm herum zu renaturieren und kämpft seitdem für den Naturschutz. Seine Waffe in diesem Kampf ist die Fotografie.

South Sandwich Islands. Chinstrap penguins (Pygoscelis antarctica) on icebergs located between Zavodovski and Visokoi islands. South Sandwich Islands. 2009.

South Sandwich Islands.
Chinstrap penguins (Pygoscelis antarctica) on icebergs located between Zavodovski and
Visokoi islands.
South Sandwich Islands. 2009.

Für dieses Buch unternahm er 30 Reisen rund um die Welt (Brasilien, Alaska, Afrika, Amazonas, Galapagosinseln, Antarktis, Ozeanien, Amerika, usw.) um Landschaften, Tiere und menschliche Kulturen abzulichten, die es vermutlich bald so nicht mehr geben wird. Sei es, dass Regenwälder gerodet werden oder Mensch und Tier in der Antarktis oder in Alaska ihren Lebensraum und ihre Lebensweise dank Klimaerwärmung verlieren oder indigene Völker aus dem Regenwald Amazonas ihre Lebensweise aufgeben.

Zum einen ist es eine Art Liebeserklärung an unseren Planeten, zum anderen ist es aber auch eine Mahnung an die jetzige Menschheit diesen Schatz zu bewahren und eine Dokumentation an die zukünftige Menschheit, falls dieser Schatz wirklich verloren gehen sollte.

In der Landschafts- und Wildlife-Fotografie ist diese Art der Fotografie eher unüblich. Normalerweise würde man hier farbenfrohe Bilder erwarten, die die Natur in all ihrer Pracht zeigen. Doch diese Bilder sind nicht nur schwarzweiß, sondern auch noch sehr kontrastreich. Dennoch schafft es der Fotograf meisterlich diese beiden „Gegensätze“ in Bildern zu vereinen, denen eine starke visuelle und emotionale Kraft inne wohnt. Auch die Bilder, auf denen indigene Völker gezeigt werden, beinhalten die Botschaft des Buches, denn sie zeigen diese Völker nicht wie sonst oft rückständig oder gar abstoßend. Im Gegenteil, die Menschen werden mit Würde dargestellt und zeigen uns, dass diese Völker den „zivilisierten Menschen“ wenigstens eins voraus haben. Sie schaffen es unter teilweise sehr harten Bedingungen zu überleben ohne für Profit und Konsum ihre Umwelt massiv und nachhaltig zu zerstören.

North of the Ob River, about 100 kilometers inside the Yamal peninsula, fierce winds keep even daytime temperatures low. When the weather is particularly hostile, the Nenets and their reindeer may spend several days in the same place, doing repair work on sledges and reindeer skins to keep busy. The deeper they move into the Arctic Circle, the less vegetation is to be found. Inside the Arctic Circle. Yamal peninsula, Siberia. 2011.

North of the Ob River, about 100 kilometers inside the Yamal peninsula, fierce winds keep
even daytime temperatures low. When the weather is particularly hostile, the Nenets and their reindeer may spend several days in the same place, doing repair work on sledges and reindeer
skins to keep busy. The deeper they move into the Arctic Circle, the less vegetation is to be
found.
Inside the Arctic Circle. Yamal peninsula, Siberia. 2011.

Dieses Buch ist mit 25,8 x 4,7 x 36,4 cm ein ganz schöner Brocken, dafür hat man aber auch diese Bilder in einem für Bücher relativ großen Format, was natürlich zur Wirkung der Bilder beiträgt. Es ist zwar ein erläuternder Text enthalten, doch er ist sehr kurz gefasst. Hier sprechen die Bilder für sich.

[buchrezension]

Alle Bilder sind in kontrastreichem Schwarzweiß, und erinnern von ihrer Art her an die Arbeiten von Ansel Adams. Es gibt Bilder, die über zwei Seiten gehen, es gibt Bilder, die Platz auf einer Seite finden, es gibt Seiten mit mehreren kleineren Bildern, es gibt sogar Seiten, die man aufklappen kann. Die Drucke sind, so weit ich das beurteilen kann, hochwertig und ein Leckerbissen für jeden Schwarzweiß-Fan. Leider sind die Bilder, die über zwei Seiten gehen, in der Mitte geteilt. Der Knick der Buchmitte lässt es auch nicht zu diese ganz eben zu bekommen. Das ist für mich aber auch der einzige negative Punkt an dem Buch.

Für Sammler mit dem nötigen Kleingeld bietet der Verlag neben der „normalen“ Ausgabe auch eine auf 2500 Exemplare limitierte, nummerierte und vom Fotografen signierte Sonderausgabe. Diese Ausgabe hat es in sich. Das Buch ist auf zwei Bände aufgeteilt, es ist mit 46,8 x 70 cm noch größer und wird mit einem vom Tadao Ando entworfenen Buchständer aus Kirschbaumfurnier in einer Transportkiste aus Holz geliefert. Das Gesamtgewicht der Lieferung der Sonderausgabe beträgt 59 kg und kostet 3000 €.

Fazit

Es ist ein Buch, das fast in jeder Hinsicht aus dem Rahmen fällt und eines meiner Lieblingsfotobücher, welches ich immer wieder mal gerne studiere. Es zeigt dem Betrachter die Schönheit der Fotografie, die Schönheit unseres Planeten und die Liebe des Fotografen zu diesem. Als Fotograf kann man daraus mehr über Fotografie lernen, als aus den meisten Fotografie-Büchern. Absolute Kaufempfehlung!

Buchtitel: Genesis

Autor: Salgado, Sebastião; Salgado, Lélia Wanick

Verlag: Taschen

Erscheinungsjahr: 2015

ISBN: 978-3-8365-4259-3

Listenpreis: [amazon 3836542595]Gebunden (49,99)[/amazon]

Genre: Fotobuch

Seitenanzahl: 520

Level: Alle

Über den Autor: Sebastião Salgado begann 1973 seine berufliche Karriere als Fotograf in Paris und arbeitete in der Folge für die Fotoagenturen Sygma, Gamma und Magnum Photos. Im Jahr 1994 gründete er gemeinsam mit seiner Frau Lélia die Agentur Amazonas images, die sein Werk exklusiv vertritt. Salgados fotografische Projekte wurden in zahlreichen Ausstellungen und Büchern gezeigt, darunter Other Americas (1986), Sahel, L’Homme en détresse (1986), Arbeiter (1993), Terra (1997), Migranten (2000), Kinder (2000) und Afrika (2007).

Falls Sie interessiert daran sind, Ihr Buch von uns besprechen zu lassen, würden wir uns freuen, von Ihnen zu hören.

5 Kommentare
  1. Frank Uhlig
    Frank Uhlig sagte:

    Ich hab die Genesis Ausstellung vor zwei Jahren (?) im neuen CO in Berlin gesehen, Eine Genesis CD davon gab es damals dort zu kaufen.
    Sie ist ebenso toll wie die beiden Ausgaben des Buches. Und etwas Umwelt freundlicher, was alleine den Platz im Bücherregal angeht. Sucht einmal danach.

    Aber ich liebe gedruckte Bilder mehr als virtuelle. Was soll man da machen ausser eben kaufen und ansehen, wenn man der Salgado Ausstellung nicht hinterher reisen kann.

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Paula Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert