Perspektiven in Heidelberg: Blass ohne Grund

Fotos kommen meistens nicht perfekt aus der Kamera. Sie unbearbeitet zu lassen, läßt mich als Betrachter im Regen stehen. Hier hätte es zumindest eine Farbkorrektur gebracht.

Nikon D70 - f/9 - 1/320 s - ISO 640 - 50 mm - (c) Lisa Rossbach

Nikon D70 – f/9 – 1/320 s – ISO 640 – 50 mm – (c) Lisa Rossbach

Lisa Rossbach aus Heidelberg schreibt zu diesem Bild:

„Das Bild habe ich in Heidelberg auf dem Unigelände aufgenommen, wo es überwiegend Architektur aus den 80er Jahren gibt. Ich habe mit unterschiedlichen Formen und Perspektiven gespielt um eine spannende Komposition zu erreichen.“

Es ist fazinierend, was mal architektonisch als schön galt. Zumindest ist es irgendwo fotografisch interessant, und das hast Du hier gezeigt. Weiterlesen

Abstraktes Architekturfoto: Hong Kong Vertigo

Manchmal helfen Regeln gar nichts, um die Faszination einer Fotografie zu ergründen. Hier wird der Blick entlang zweier Hochhäuser in den Nachthimmel zum abstrakten Kunstwerk. Nichts erklärt dem Hirn des Betrachters, was er hier wirklich sieht.

Zwei Fassaden in Hong Kong gegen den Nachthimmel

Pentax K3, 2.5s bei f/11 und ISO 100. © Christoph Merklein

Christoph Merklein aus Würzburg schreibt zu diesem Bild: Ein Blick von unten nach oben. Aufgenommen in Hong Kong im Frühjahr diesen Jahres. Besonderen Wert habe ich hierbei auf die symmetrische Anordnung der Bildelemente gelegt.

Auf den ersten Blick ist bei dieser fast monochromatischen Hochformat-Farbfotografie nicht erkennbar, worum es sich handelt. Auf der linken Seite erstreckt sich eine zweigeteilte Struktur mit komplexer Oberfläche auf den Fluchtpunkt in der Bildmitte zu. Rechts davon streckt sich dem Bildzentrum eine rechteckige, schwarze Struktur entgegen. Den Hintergrund der in braun bis schwarz gehaltenen Fotografie scheint ein dunkler Nebel zu bilden.

Die Beschreibung offenbart bereits, was diese Aufnahme mit einem machen kann: Weiterlesen

High-Key-Architekturfoto: Der Schwung der Treppe

Eine untypische, aber äusserst wirkungsvolle Architekturaufnahme: Eine ungewöhnliche Perspektive, mässige Kontraste und eine High-Key-Belichtung isolieren die Form dieses Treppenhauses und abstrahieren seine Dynamik.

Treppenhaus Berggrün Museum Berlin, © Anne Sura

Treppenhaus Berggrün Museum Berlin, © Anne Sura, Fuji X-E1, Objektiv 35/1.4, ISO: 500, Blende f/2, Verschlußzeit: 1/40

Anne Sura aus Berlin schreibt zu diesem Bild:

Mein Foto ist im Berggrün Museum Berlin entstanden, Stativ war nicht erlaubt, so dass ich mit relativ weit geöffneter Blende gearbeitet habe, ISO wollte ich nicht so hoch ansetzen. Auf Grund des Abstandes hielt ich das noch für vertretbar, auch wenn der vordere Treppenhausbogen so etwas weich ausfällt. Fasziniert hat mich die Leichtigkeit , das Schweben dieser geschwungenen Konstruktion und die verschiedenen weiß/beige Töne. Ich habe mich gegen eine s/w Umwandlung entschieden.

Der Vorteil einer Kleinbildansicht von Fotografien ist der, dass ungewöhnliche Formen, Stile und Farben sofort auffallen. Ich sage das deshalb, weil mir Annes Bild aus unseren Einreichungen für die Bildkritik ins Auge gestochen ist. Die Vergrösserung zeigte dann: Ein Architekturfoto. Wirklich?  Weiterlesen

Bildkritik Architektur in Abstraktion: Form-(fast)-Vollendet

Manchmal kann man noch einen Schritt weitergehen, und ein fast perfektes Foto durch (zugegebenermaßen) drastische Nachbearbeitung zu einem hervorragenden machen.

Panasonic DMC-FT5 - 1/500 s - ISO 200 - f/10 - 4.9 mm - © Wiebke-Susanne Homann

Panasonic DMC-FT5 – 1/500 s – ISO 200 – f/10 – 4.9 mm – © Wiebke-Susanne Homann

Wiebke-Susanne hat uns diese Aufnahme der Universität Bielefeld unter dem Titel „Form-vollendet“ in der Kategorie „Architektur“ eingereicht. Sie  schreibt dazu:

«Der Schatten der Feuerleiter an der Wand hat mich fasziniert, und ich habe versucht, sowohl die triste Architektur, als auch den interessanten Schattenwurf abzubilden. Seit 10 Jahren arbeite ich in diesem Gebäude der Universität Bielefeld, und immer wieder springen mir neue Fotomotive ins Auge.»

Auf der Website von Wiebke-Susanne Homann sind noch mehr Bilder dieses Motivs zu sehen, aber dieses sticht für mich heraus, wenn auch der Titel etwas krankt (nicht ganz vollendet für mich – siehe unten). Aber zunächst zum Bild: Weiterlesen

“Candidplatz, München“ auf Ilford HP5+: Das analoge Medium macht nicht allein das Bild

Wenn das fotografische Medium schlußendlich das Foto macht, sollte man das Motiv noch einmal erkunden

candidplatz

Entstanden im U-Bahnhof Candidplatz in München auf ILFORD HP5+, Canon EOS 500, Zoom 35-80mm auf 35mm eingestellt, Film selbst entwickelt und vergrößert auf 13x18cm.
Scan vom Abzug.

Du hast uns eine eingescannte Aufnahme des zum Bahnsteig führenden Ganges der U-Bahnstation Candidplatz in München geschickt. Dieser Bahnhof, wie U-Bahnhöfe überhaupt, sind bei Fotografen ein beliebtes Motiv, der Architektur wegen. Man sieht die Station Candidplatz online jedoch oft in Farbe und digital eingefangen; Du hast Dich dagegen nicht nur für schwarzweiß, sondern auch für analog entschieden. Weiterlesen

Leserfoto – Hamburger Rathaus bei Nacht in HDR: Effekt und Details

Man sollte, wenn man sich die Zeit nehmen kann, auf Kleinigkeiten achten.

(c) Borg Enders

Als ich meine Nikon D300s vor einigen Jahren gekauft hatte, wollte ich natürlich auch die neuen Kamerafeatures ausprobieren.
Hier mein erster Versuch an einem HDR.
Aufgenommen hatte ich 9 Bilder mit einem Belichtungsunterschied von jeweils +1/3 mit der Belichtungsreihenfunktion.
Diese Bilder wurden dann damals in Adobe Photoshop Elements zusammengefügt.
Leider ist dieses erste HDR auch eins der wenigen HDR Bilder, die mir gelungen sind.
Was denkt ihr? Braucht man 9 Bilder für ein gutes HDR oder anders was sind Tipps, um gute (nicht überzogene) HDRs hinzubekommen?

Vielen Dank schon mal!

HDR-Bilder („High Dynamic Range“) sind ein andauerndes Thema hier bei fokussiert. Wir haben Tutorien darüber veröffentlicht, Kritiken geschrieben, und mit unseren Lesern angeregt diskutiert. Unterm Strich ist HDR Geschmackssache, und seit sie in Mode kam, ist sie eine dieser Bearbeitungsmöglichkeiten, die jeder schon mal irgendwie ausprobiert hat, oder ausprobieren wollte. Wenn sie gut gemacht sind, haben sie einen gewissen „Wow“-Effekt. Wenn sie schlecht gemacht sind, bestechen sie auf negative Art durch überzogene Farben und Aureolen.

Zunächst einmal zu Deiner Frage, wieviele Fotos für ein gutes HDR eigentlich erforderlich sind: auch, wenn Deine Kamera eine Belichtungsreihe von neun Bildern in +/- 1/3 Schritten aufnehmen kann, benötigst Du so viele nicht. Fünf Aufnahmen im Abstand von +/-1 reichen vollkommen. Du kannst es selbst ausprobieren – das menschliche Auge kann diese Feinheiten fast nicht unterscheiden. Ich selbst habe festgestellt, daß es sogar manchmal komplett ausreicht, eine einzige RAW-Datei zu duplizieren und via Photomatix in ein Pseudo-HDR zu verwandeln. Der Effekt wird nicht ganz so stark, aber es fällt kaum auf. Weiterlesen

Leserfoto – Brooklyn Bridge bei Nacht: Vor- und Nachbereitung in herausfordernden Belichtungssituationen

Nachtfotografie bedarf spezieller Überlegungen und Übung, die aber mit Geduld gemeistert werden können.

(c) Borg Enders
Dies ist eine Aufnahme der Brooklyn Bridge bei Nacht. Die Herausforderung hier war einerseits ein scharfes Bild zu bekommen, obwohl die Brücke durch die große Anzahl von Autos ständig leicht vibrierte. Auf der anderen Seite eine Balanz zu finden zwischen ausreichend belichteten Hintergrund (Skyline) und den Scheinwerfern der Autos.

Es freut mich immer, wenn ich auf fokussiert Fotos zu sehen bekomme, bei denen jemand klar versucht hat, ein totfotografiertes Motiv in noch nicht gesehener Weise darzustellen. Deine Einreichung der Brooklyn Bridge ist so ein Beispiel, und es ist auch der Grund, der mich zur Auswahl bewogen hat.

Du hast die Brücke bei Nacht aufgenommen, und zwar so, daß der durch die Brückenaufhängung/Seile gebildete Fluchtpunkt extrem aus dem Goldenen Schnitt heraus verschoben ist. Für mich funktioniert dieser Regelbruch hier, weil die Linien, die parallel etc. durchs Bild laufen, so regelmäßig sind, daß ein „perfekt“ komponiertes Foto langweilig geworden wäre. Weiterlesen

Leserfoto – „Treppe“: Architektur als Abstrakt

Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, lassen sich auch aus eher unscheinbaren Motiven außergewöhnliche Fotos herausholen.

(c) Oliver Bedford

Schnappschuss einer Kolonnade in Hamburg – genauen Ort kann ich nicht mehr rekonstruieren. Perspektive korrigiert, in S/W gewandelt, Kontrast erhöht und beschnitten.

Ein Fotografenfreund hat mir einmal gesagt, die Herausforderung in der Fotografie sei oft nicht, spektakuläre Motive angemessen abzulichten (man muß sich beispielsweise regelrecht bemühen, vom Grand Canyon schlechte Bilder zu machen, obwohl es die leider auch zuhauf gibt), sondern im Alltäglichen das Interessante abzubilden. Das ist Dir hier meines Erachtens gelungen. Bei Deiner Aufnahme mußte ich zweimal hinsehen, bis mir die Illusion klar wurde, und das hat mich schließlich zur Auswahl bewegt.
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Leserfoto – „Himmelsfinger“: Was ist der Bildgegenstand?

Wenn man historische Gebäude fotografiert, konzentriert man sich normalerweise eben auf das Gebäude, und auf seine (unmittelbare) Umgebung. Hier haben Dich die Bäume und ihre visuelle Beziehung zum Dach des Schlosses inspiriert, wie Du schreibst. Hätte ich das Foto ohne die Beschreibung gesehen, wäre mir das nicht unbedingt in den Sinn gekommen. Ja, es gibt einen optischen Bezug, aber der ist nicht genug im Bildmittelpunkt, um einem ins Auge zu fallen. Ein Bild muß aus sich heraus wirken, und für jeden Betrachter ist diese Wirkung eine andere, subjektive.

(c) Karsten Zolk

Zu dem Foto hat mich die korresponierende Form der Kopfschnittlinden mit den Zwiebeltürmen des Schlosses inspiriert. Deren Spitzen ragen wie knorrige Finger in den verhangenen Winterhimmel.
KameramoZudell Canon EOS 5D

Tv (Verschlusszeit) 1/250
Av (Blendenzahl) 20.0
Filmempfindlichkeit (ISO) 1250
Objektiv EF24-105mm f/4L IS USM
Brennweite 47.0 mm.

Was mich an Deinem Bild gereizt hat, war die düstere Stimmung: der Himmel ist wolkenbedeckt, und zusammen mit den kahlen, knorrigen Bäumen hat man den Eindruck, vor einer Kulisse für einen alten Film oder Krimi zu stehen. Die Schwarzweißumwandlung verstärkt das noch. Hier wären alle möglichen Aufnahmen denkbar gewesen, je nachdem, was Dir wichtig ist. Und das ist mir hier nicht klar: was war Dir wichtig? Was wolltest Du dem Betrachter zeigen?

Was ich statt dessen zuerst sah, war ein Bild, dessen Bildgegenstand nicht offensichtlich ist. Vorne links dominiert die Baumgruppe ein Drittel des Fotos (rosa schattiert). Das Schloß ist ebenfalls dominant im Foto, allerdings im Hintergrund (grün schattiert). Du hast mit einer sehr kleinen Blende fotografiert, wodurch Vorder- und Hintergrund gleichmäßig scharf abgebildet wurden. Sie befinden sich in direkter Konkurrenz, was eigentlich optische Spannung erzeugen könnte, hier aber meines Erachtens stört. Es wirkt, als hättest Du Dich nicht entscheiden können, ob Du Dich auf die coolen Bäume oder das Schloß konzentrieren willst.

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Leserfoto – St. Pauls Kathedrale: zu viel Vignettierung

Bei einem Abstecher irgendwohin kann man selten Aufnahmen der gleichen Qualität machen wie jemand, der entweder dort wohnt oder sich für längere Zeit dort aufhält. Außer, man fährt öfter dorthin oder hat dort vor nicht allzu langer Zeit noch gewohnt und kennt sich daher dort aus.

(c) Thomas Minde

Das Bild entstand wärend eines 3-Tages-Urlaub in London im Mai 2011. Nach einem Besuch im Pub sah ich auf dem Rückweg wie die Straße und das Gebäude den Blick förmlich in Richtung Kathedrale lenkt. Hab dann schnell die Kamera gezogen und abgedrückt. Das trübe Abendlicht und die dicken Wolken verleiht dem Ganzen etwas düsteres, was mir sehr gefällt.

Verwendet wurde eine Canon 30D mit dem Kit-Objektiv 18-55 mm, 1/80 bei F6.3

Bei einem Abstecher irgendwohin kann man selten Aufnahmen der gleichen Qualität machen wie jemand, der entweder dort wohnt oder sich für längere Zeit dort aufhält. Außer, man fährt öfter dorthin oder hat dort vor nicht allzu langer Zeit noch gewohnt und kennt sich daher dort aus. Ich selbst erkenne meine Geburtsstadt mittlerweile nicht mehr wieder, so viel hat sich dort getan. Dazu kommt dann noch der Zeitdruck, denn ich bin ja nur vorübergehend dort. Man kommt deshalb eher mit Schnappschüssen zurück, aber das tut deren Qualität keinen Abbruch.

Was mir an diesem Bild ins Auge stach, war der Gegensatz zwischen Moderne und Vergangenheit. Die Kathedrale ist nicht nur eines der berühmtesten Wahrzeichen der Stadt, in ihr finden auch wichtige Gottesdienste und Feiern statt, wie etwa vor nicht allzu langer Zeit der Begräbnisgottesdienst für Margaret Thatcher. Während sie die letzten paar Jahrhunderte, inklusive mehrerer Kriege, überdauert hat, haben sich die Gebäude um sie herum gewandelt.

Mir gefällt an diesem Foto ebenfalls, wie die Straße und die Gebäude den Blick auf die Kathedrale lenken. Daß der Horizont aus dem Goldenen Schnitt heraus verschoben ist, stört hier nicht – es unterstreicht eher die imposante Präsens des Gebäudes. Desgleichen hinsichtlich der fast mittigen Anordnung der Kirche, denn der Rest des Fotos hat genügend Elemente, um es nicht statisch wirken zu lassen. Die Lampen auf der Straße brennen bereits, es wird langsam dunkel. Die Straße ist fast menschenleer, was die melancholische Stimmung hier verstärkt.

Das einzige, was mich stört, ist die starke Vignettierung an den Seiten und unten. Die Beleuchtungsverhältnisse wirken unnatürlich – ich bin mir sicher, Du hast daran „herumgefeilt“ (1/80s bei f/6.3 sagt mir, daß es hell genug war, um mit mittlerer Blende bequem handgehalten zu fotografieren), und meines Erachtens etwas zu sehr. Dadurch wird der für mich an sich gute Schnappschuß verschlimmbessert. Der Blick wird bereits auf die Kathedrale gelenkt, das muß man nicht noch dadurch tun, daß man die Ränder fast absumpfen läßt.

Ich persönlich würde das Foto noch einmal entsprechend überdenken.