Dies ist kein Plakat: Blick durch die Dimensionen

Wie sehr die Simulation von Räumlichkeit uns in der Fotografie fasziniert, zeigt diese zweidimensionale Abbildung eines dreidimensionalen Plakats mit der zweidimensionalen Abbildung eines dreidimensionalen Menschen. Alles klar?

E-620 Aufnahmedaten: 1/800s bei Blende 50/10 mit 29/1mm Brennweite und ISO 200

Olympus E-620 1/800s bei Blende 5 mit 29mm Brennweite und ISO 200 © Henrik Lauber

Henrik Lauber aus Nienburg schreibt zu diesem Bild: Am Rande einer Straße im Gewerbegebiet fand ich dieses Plakat, das wohl schon eine Weile dort hing. Es wirbt für nichts mehr und trotzig kleben die letzten Reste an einer Holzwand, die nass und schmutzig in einem krassen Gegensatz zu dem edlen Ambiente des Werbebildes steht. Genau diesen Gegensatz fand ich interessant. Die kurze Belichtungszeit habe ich gewählt, weil ich festgestellt habe, dass Bilder in der Hundertprozentansicht oft irgendwie verwackelt sind. Das macht keinen Spaß, deshalb ging ich hier auf Nummer sicher.

Was sehen wir hier eigentlich? Was ist in dieser Fotografie abgebildet? Diese Frage stellt sich unweigerlich beim Betrachten. Das hier sind keine Frauenbeine. Es ist aber auch kein Plakat. Es ist die Fotografie eines Plakats mit Frauenbeinen. Weiterlesen

Fassadenspiegel: Mehr offen lassen

Spiegelnde Fassaden sind namentlich in klassischer Nachbarschaft ein beliebtes Fotomotiv und eine Kunstart der Architektur. In der Fotografie lassen sie mehr mit sich machen, als einfach nur abzudrücken.

Glasfassade mit gespiegelter Klassik

Nikon D3100 1/80s bei Blende 9 mit 28mm Brennweite und ISO 200 © Markus Geier

Markus Geier aus Ober-Olm: In der Glasfront des quaderförmigen Komplexes spiegeln sich die Fronten der gegenüber liegenden Gebäude derart, dass der Eindruck einer Komposition aus Alt und Neu entsteht.

Stürzende Linien sind in der Architekturfotografie (nicht immer) ein Problem. Hier hätte sich aber weite mehr als die Verzerrung durch die verkippte Kamera überarbeiten lassen.

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Tanzende Bäume: Ausprobieren!

Was soll man als Fotograf ausprobieren, um spannende Bilder zu kriegen? Alles. Und wenn es schon jemand gemacht hat, dann tauscht man sich drüber aus und macht’s noch besser. Hier ein Beispiel.

Bewegter Wald © Torsten Jäger

Nikon D90; Nikon DX AF-S NIKKOR 10-24mm 1:3,5-4.5G; Blende 25, Manuell 1,3 s, 16 mm Brennweite (CROP 1,5 = 24), Stativ. © Torsten Jäger

Torsten Jäger aus Berlin schreibt zu diesem Bild:
Liepnitzsee (Brandenburg). Aufgenommen Ende Oktober 2015,  Nach eigentlich erledigter „Arbeit“ wollte ich noch etwas rumprobieren und habe mich an einer abstrakten Aufnahme versucht. Ich habe mit kleiner Blende und langer Belichtungszeit die Kamera bei der Aufnahme senkrecht nach oben gezogen. Grundsätzlich bin ich mit dem Resultat zufrieden. Ich mag die Farben und wie die Bäume im Gras tanzen. Man hat das Gefühl durch Milchglas zu schauen. Lediglich der Baum im rechten Bereich stört m.E., weil er oben und unten an den Bildrand grenzt. Bildbearbeitung: entwickelt aus RAW mit PS Elements; normale Bildbearbeitung (Tonwerte, Kontrast, Sättigung, Schärfe, etc.)

Tolle Idee, und das sie schon jemand vor Dir hatte, spielt überhaupt keine Rolle.

Wir sehen in diesem Farbbild offensichtlich einen Blick durch den unterholzfreien Jungbaumbestand in einem Wald. Die Aufnahme ist unscharf, und auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass es sich wahrscheinlich um vertikale Bewegungsunschärfe handelt.   Weiterlesen

Balloons in Dutch Angle: Aus dem Rahmen gefallen

Wenn man mit ungewöhnlicher Perspektive unerwünschte Elemente ins Foto bringt, sollte man sich ihrer zumindest in der Nachbearbeitung annehmen.

Aliza im Dutch Angle mit Ballons am Strand

Die technischen Daten: EOS 5D Mk III, Sigma 1.4/50 mm, Blende 5 bei 1/160s. © Reinhard Witt

Reinhard Witt aus Loose schreibt zu diesem Bild: Es war kalt, lausig kalt… Mein langjähriges Modell Aliza kam immer auf solche „grenzwertigen“ Ideen. Aber sie hat den Job einer Eventmanagerin, der es eben an den schönen Tagen des Jahres nicht möglich macht solche Bilder zu schießen. Die Zeit wird für etwas anderes gebraucht. Nun entschloss sie sich im Oktober das nachzuholen, was sie sich im Sommer ausgedacht hatte. Schon die Vorbereitungen mit den Luftballons gerieten fast zu einem Desaster. Helium hat eben seine Tücken… Wir entschieden uns für Strand… ja klar… und dann dieser eisige Wind… Aliza ließ sich nichts, aber auch nichts anmerken. Konzentriert wie immer… Welche Absicht steckte hinter dem Bild, ihr stellt Fragen. Muss denn immer eine hochtrabende Absicht dahinter stehen, darf man keine Bilder nur aus Spass mehr machen? :-) Gibt schon genug traurige Bilder auf der Welt. Und was ist speziell?… Vielleicht die Nachbearbeitung die ich mit dem Pixlr ausgeführt habe. Mittlerweile ein eigenständiges und für meine Zwecke hervorragendes „Verhübschungsprogramm“ :-)

Einer der Hauptgründe, warum ich gerne Bildkritiken schreibe, ist, dass ich permanent damit zu kämpfen habe, mein eigenes ästhetisches Empfinden – sprich, wie ich an Motive herangehe, wie ich sie umsetze, hintanzustellen. Hätte ich diese Szene fotografiert, wäre alles düster, Aliza schwarz angezogen, entsprechend geschminkt etc. Genau deshalb habe ich mir Dein Bild ausgesucht: es ging in eine so vollkommen andere Richtung. Weiterlesen

Ausweg: Der Blick von unten

In ungewöhnlichen Perspektiven liegt ein spannendes fotografisches Experimentierfeld. Wer ausserdem mit Formen und Flächen arbeitet, braucht in der Tat nicht zu viel auf die Technik zu geben.

ausweg

Paula Christine Lehmann aus Freiburg schreibt zu diesem Bild: Liebe Damen und Herren,
Meine Bilder sind alle mit einer Digitalkamera Nikon cool B500 gemacht und wie gesagt nach Gefühl ohne Bestimmungen, also ich kann leider nicht die technischen Daten aufzählen und hoffe trotzdem, dass eines von 30jährige Beachtung findet….

Ich entnehme Deiner Einführung eine (etwas trotzige) Ansage, dass Dich technische Details nicht interessieren – und dagegen ist nicht viel einzuwenden, schon deswegen nicht, weil Du offensichtlich andere Wege zu einer künstlerischen Fotografie gefunden hast.

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Geschichten im Kopf: Keine Kritik nötig

Ein Bild wirkt nicht durch tot-optimierte Tonwerte und Farben mit schärfsten Konturen inhaltsloser Fotos, sondern dadurch, dass seine Bilder eine Geschichte erzählen.

Ohne eine Spur von Reue verließ Frau Emma den Tatort!

Ohne eine Spur von Reue verließ Frau Emma den Tatort!

Franz Schmied aus Ottensheim schreibt zu diesem Bild: „war baden!“

Eingereicht unter der Rubrik „Bildjournalismus“, stach mir dieses Bild unter einer breiten Masse von Fotos ins Auge, ohne dass ich auf den  Namen des Autors geschaut hätte.

Ein typischer „Franz“, dachte ich, als ich das Bild sah! Franz kenne ihn schon seit ein paar Jahren aus den sozialen Medien, wie facebook und der fotocommunity, habe ihm aber leider persönlich noch nie gegenübergestanden.

Was bedeutet „typisch“? Franz Schmied, wir berichteten schon mal über ihn und seine Bilder, prägt eine deutliche Handschrift (symbolisch gemeint). So deutlich, dass seine Bilder aus der Masse von Bildern hervorstechen und erkannt werden. Sein Wiedererkennungsfaktor ist hoch! Weiterlesen

Bildbesprechung „kopflos“: Verhältnisse beeinflussen

In der Fotografie lassen sich Grössenverhältnisse von Motiv und Hintergrund auf verschiedene Art beeinflussen. Auf den Standpunkt kommt es an.

wiebke-susanne1

Wiebke-Susanne Homann schreibt zu diesem Bild: Die Universität Bielefeld ist nicht nur mein Arbeitsplatz, sondern fasziniert mich auch fotografisch – obwohl oder weil sie auch wahnsinnig hässlich ist, so versuche ich doch immer wieder, interessante Fotomotive zu entdecken.

Der große Kopf ist der Rest eines Projektes der Bielefelder Kunst-Studenten, der seit Jahren immer noch im Gras vor der Uni liegt. Ich habe versucht, das Bild absichtlich schräg aufzunehmen, um den kopflosen Effekt zu unterstreichen.

Zunächst die Exif-Daten: Wiebke-Susanne hat das Foto mit einer [amazon  B00BB3DP1G]Kompaktkamera Panasonic DMC-FT5[/amazon]  mit einer  Brennweite von 4,9mm bei Blende 10, Belichtungszeit von 1/125s und ISO 100 aufgenommen. Die Brennweite 4,9mm entspricht mit einem diagonalen Bildwinkel von 75Grad einer Brennweite von 28mm im Kleinbildformat. Weiterlesen

Strandfoto: Zeig mir das Meer

Man kann auch im Urlaub und mit der eigenen Verwandtschaft statt nur schöne Erinnerungsfotos mal ein tolles Konzeptbild schiessen.

Canon EOS 700D 1/2000s bei Blende 4.5 mit 35mm Brennweite und ISO 100

Canon EOS 700D 1/2000s bei Blende 4.5 mit 35mm Brennweite und ISO 100

Dany Suko aus Meerbusch schreibt zu diesem Bild: Juist 2016. Die kleine der beiden Cousinen ist zum ersten Mal am Strand.

Zwei kleine Mädchen spazieren im linken Drittel dieser Farbaufnahme an einem Sandstrand Richtung Meer, das im horizontalen Goldenen Schnitt gerade noch als blauer Streifen erkennbar ist. Links von den beiden steht eine Metallstruktur im Sand, weit weg am Wasser sind noch knapp einzelne Menschen erkennbar.

Ich staune bisweilen, dass es heute nochMenschen gibt, die mit der Spiegelreflex ans Meer gehen. Könnte ja Sand reingeraten, und das iPhone macht doch auch suuuper Bilder…

Ernsthaft: Nichts gegen das iPhone oder Handyfotografie generell. Aber die grossen Kästen haben eben auch was für sich. Du zeigst das hier sehr schön mit dieser Fotografie. Weiterlesen

Konzeptioneller Blick nach unten: „Leiser Schrei“

An vielfotografierten Orten lohnt ein Blick nach unten – und eine ungewöhnliche Perspektive, die eben jenen Ort transzendiert.

Panasonic DMC-TZ8, f/6.3, 1/200 s, ISO 80, 4 mm - (c) Anika Tauwel

Panasonic DMC-TZ8, f/6.3, 1/200 s, ISO 80, 4 mm – (c) Anika Tauwel

Anika Tauwel aus Köln schreibt zu diesem Bild:

Das Bild enstand in Wien am Opernplatz- voll mit Touristen. Im lauten Menschengetummel ging und der Sommerhitze ging vieles unter. In dieser Stimmung enstand das Bild, des Asphaltbodens auf dem Platz. Ich habe bisher noch keine sonderlich herausragende Kamera (Panasonic DMC-TZ8), da ich gerade erst anfange, mich im fotografieren auszuprobieren. Aus diesem Grund freue ich mich über jede Art von Anregungen.

Fotos vom Opernplatz in Wien zeigen sonst das Übliche – die Staatsoper und so weiter. Du hast Dich in dem Gewimmel auf das konzentriert, was zu Deinen Füßen lag, und das verrät ein gutes Auge und die Fähigkeit, über den fotografischen Tellerrand hinauszublicken. Diese Aufnahme transzendiert den Ort, an dem sie entstanden ist, ein Blick in eine andere Welt.

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Perspektive Mensch: Die Besucherin

Schon eine Veränderung des Aufnahmestandpunktes kann aus einem vorhersehbaren Foto ein außergewöhnliches machen.

Besucherin

Wolfgang Everding aus Bremen schreibt zu diesem Bild:

Innenaufnahme in einer leeren Kunsthalle (ohne Bilder) nach Abschluss des Umbaues. An dem Tag konnten Besucher sich die neue gestalteten Räume ansehen. Das Foto gehört zu meiner Serie „Menschen im Raum“.

Eine meiner Lieblingsübungen im Kunstunterricht war, Räume zu entwerfen. Malen oder Zeichnen kann ich nicht als Fähigkeit verbuchen, aber mit dem Lineal und Bleistift war ich immer unschlagbar. Der strengen Geometrie wegen habe ich mir Dein Foto auch ausgesucht. Es hat eigentlich alles, was ein gutes Bild ausmacht, und dabei könnte ich es belassen: „Wow, super Foto!“ Das wäre aber dann hier Facebook oder flickr, und so möchte ich Dir im einzelnen erklären, warum es mir gut gefällt. Weiterlesen