Color-Key-Fotografie: Die leuchtende Himbeere

Bilder wie dieses laden zum Spielen mit dem Color-Key-Effekt ein. Ich würde ihn aber immer ausschliesslich am Rechner und mit dem Raw-Material der Fotografie anwenden, niemals direkt in der Kamera.

Color-Key Aufnahme einer Himbeere

Color-Key-Himbeere Sony Alpha 6000, 1/250s bei Blende 5.6 mit 155mm Brennweite und ISO 2000 © Bernhard Ruhland

Bernhard Ruhland aus Eggstätt schreibt: das Bild „Himbeere“ entstand im Sommer 2016 in einem kleinen Waldgebiet. Das kräftige Sonnenlicht brachte die Himbeere zum leuchten und schuf in diesem Detailausschnitt eine tolle Stimmung. Aufnahmedaten: Alpha 6000, 1/250 s, Blende 5,6, 155 mm und ISO 2000 (das Foto wurde aus der Hand aufgenommen). Die Einstellung s/w und „selektive Farbe rot“ habe ich ebenfalls noch vor Ort vorgenommen. In PSE wurden dann einige kleinere Störstellen weggestempelt, sowie eine Tonwertkorrektur und ein Beschnitt vorgenommen. Hier allerdings musste ich von den klassischen Vorgaben (Drittelregel bzw. goldener Schnitt) abweichen, da ich neben der Himbeere auch das sonnenbeschienene Blätterdach drauf haben wollte. Ich habe mich daher entschieden, die Himbeere ins Zentrum einer Fibonaccispirale zu legen, um so den harmonischen Ansprüchen Rechnung zu tragen. Ganz sicher bin ich mir aber nicht, ob der Leerraum links nicht zu dominant ist und die Lichtreflexe stören. Was haltet ihr davon, eure kritische Meinung interessiert mich!

Wir sehen in dieser Schwarz-Weiss-Fotografie im unteren rechten Drittel eine leuchtend rote Himbeere, die vom oben rechts nach links in den Ausschnitt ragenden Ästchen hinab hängt. Der Negativraum links von der Beere wird belegt durch einige sich überlagernde Bokeh-Kreise.

Was Deine Technik angeht, ist zu sagen, dass Iso 2000 bei hellem Tageslicht eher ungewöhnlich ist. Allerdings hast Du mit einer Brennweite von immerhin 155 Millimetern gearbeitet, was wiederum sehr lang ist und die Blende 5.6 erklärt. Trotzdem sind die Blattoberseiten hart an der Grenze, was die Belichtung angeht, und die Beere selbst in einigen kleinen Stellen ausgebrannt, sprich überbelichtet: Und das, obwohl du mittenbetonte Belichtungsmessung und nicht etwa die Matrix benutzt hast. Ich kann mir das damit erklären, dass Du nicht ganz sauber auf die Beere gemessen und dann neukomponiert hast. Jedenfalls zeigt das Histogramm und die Übersteuerungsanzeige, dass Teile des Blattes und des Stengels ausgebrannt sind.

Himbeereausgebrannt

Ausgebrannte Stellen am Stengel

Kommen wir zunächst kurz auf die Komposition zu sprechen, die ich sehr gelungen finde, die Fibonaci-Spirale wird perfekt bedient, obwohl das nicht unbedingt nötig wäre, ebensowenig wie die immergleiche Drittels- oder Goldener-Schnitt-Regel: Das sind Referenzen, an die man sich halten kann, aber es gibt andere Aufteilungen, die ebenso harmonisch wirken. Was mich hier allenfalls stören könnte, ist die links am Bildrand abgeschnittene Blattspitze. Die Bokeh-Kreise im Negativraum schaffen ein spannendes Gegengewicht zur Beere und scheinen mir gut platziert.

Fibonacci-Spirale in Color-Key-Fotografie

Die Fibonacci-Spirale ist gut ausgefüllt.

Der Elefant im Raum, auf den Du kaum eingehst, ist der Color-Key-Effekt, den wir hier im Blog schon so oft an guten Fotografien und weniger guten Beispielen behandelt haben. Ich bin persönlich, ehrlich gesagt, kein grosser Freund solcher Effekte, aber ich anerkenne, dass sie in bestimmten Situationen ein Bild machen können. Hier dünkte es mich in der Voransicht recht angebracht, später habe ich mich gefragt, ob das leuchtende Rot nicht viel mehr heraussticht, wenn der Betrachter es nicht aufgrund einer Manipulation besonders gut wahrnimmt, sondern eben weil es durch die Hinterleuchtung entsteht.

[bildkritik]

Das ist aber eine andere Diskussion als die, welche ich hier anführen möchte. Du schreibst nämlich, dass Du den Effekt mit der Funktion „Selektive Farbe Rot“ in der Sony Kamera angewandt hast – und das führt zu sehr, sehr unschönem Resultat und jedenfalls nicht zu einem sauberen Color-Key.

Erstens wendet die Kamera nämlich einen sehr eindeutigen Algorithmus an, der einfach alles entsättigt, was nicht rot ist – und die überstrahlten Glanzteile der Beere sind nun mal nicht mehr rot, weil sie im hellen Licht eine andere oder keine Farbe mehr hatten.

Und zweitens geht es in der Color-Key-Isolation ja nicht darum, eine Farbe zu isolieren, sondern ein Objekt einer bestimmten Farbe – und das ist hier gut erkennbar: Die Beere hat nämlich auch einen Saum hinten Links, wo möglicherweise Farbaberrationen aufgetreten sind, welche die Kamera kurzerhand in den Schwarz-Weiss-Teil des Bildes einbezogen hat.

Color-Key bitte nicht von der Kamera machen lassen, sondern selber in Photoshop erstellen!

Color-Key bitte nicht von der Kamera machen lassen, sondern selber in Photoshop erstellen!

Ich würde solche Effekte in der Kamera höchstens zu Demo- oder Anschauungszwecken, aber nie als Output für die Nachbearbeitung anwenden. Generell vertraue ich nicht auf die JPG-Bilder, an denen die Kamera bereits einen Haufen Manipulationen vorgenommen hat wie Schärfungen, Nachbelichtungen oder Kontrastanpassungen. Ich arbeite immer noch ausschliesslich mit den RAW-Dateien. Denn möglicherweise entscheide ich mich am grossen Bildschirm für eine ganz andere Richtung mit dem Bild, und dann soll mir nicht die Kamera ins Handwerk pfuschen, wie sie es hier bei Dir getan hat. Da nützen dann Deine ganzen liebevollen Handgriffe mit Stempeln und Beschneidung nichts, wenn die Beere nicht sauber in Rot freigestellt ist. Ausgerechnet die wichtigsten Eingriffe solltest Du nicht der zweifellos weit entwickelten, aber Deiner Intuition jedenfalls unterlegenen Kamerafunktion überlassen.

4 Kommentare
  1. Markus
    Markus sagte:

    Sehe ich auch so, gut eingefangen, aber die Einstellungen der Kamera passen nicht.

    Ich stehe eh viel mehr auf reines Schwarzweiß. Hin und wieder finde ich Colorkey bei Architekturen gut :-)

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  2. fherb
    fherb sagte:

    Ja ich stehe auch hinter der Bildkritik. Aber versemmelt hat es zuerst die Kamera. Es ist ein Lerneffekt, zu erkennen, wo die Grenzen der Kamera und der Werbung sind. Und es ist dann schade, wenn die Bildkomposition so sehr stimmig ist, aber die Automatik nicht weit genug mitdenken kann. Bei solche Effekten muss man tatsächlich damit rechnen, dass die „Softwerker“ von Sony nur faule Kompromisse eingehen können. Und dementsprechend den Weg gehen, zumindest (auch) ein RAW anzufertigen. In meiner Praxis (auch mit Sony) ist nur unter optimalen Standardbedingungen das Kamera-JPG so gut, wie man mit der Handentwicklung es (aufwändig) nachher erreicht. Meine Devise deshalb: Beim Auslösen so sparsam vorgehen, als hätte man den „Kostenfaktor Film“ in der Kamera (damit man nicht zu viel sinnlose Shots anhäuft), und dann grundsätzlich mit dem Raw-Entwickler an jedes einzelne Bild ran. Das Ergebnis ist immer besser. Zumindest, so lange in Zukunft keine Künstliche Intelligenz in die Kamera eingebaut ist, die nach heutigem Niveau auf Großrechnerkapazität basiert.

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  3. Bernhard Ruhland
    Bernhard Ruhland sagte:

    Hallo Peter, vielen Dank für deine fundierte Kritik, es freut mich sehr, dass du dir so viel Zeit für mein Bild genommen hast. Die kameraeigenen Kreativeffekte einzusetzen ist natürlich bequem, es entfallen einige lästige Nachbearbeitungsschritte. Allerdings sind deine Ausführungen hinsichtlich der Bildqualität nachvollziehbar, so dass ich bei künftigen Arbeiten deine Anregung, RAW-Daten zu verwenden, umsetzen und die Bearbeitung des Bildes selbst in die Hand nehmen werde. Beste Grüße Bernhard

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