Color Key in Gartenfoto: Frage nach dem Warum?

Wenn Color Key in einem Bild zum Einsatz kommt, fragt man sich unwillkürlich nach dem Grund für diese Bearbeitungsentscheidung.

ISO 320 - 18mm - f/9.0 - 1/80 - (c) Mario Zaunschirm

ISO 320 – 18mm – f/9.0 – 1/80 – (c) Mario Zaunschirm

Unser Leser Mario Zaunschirm hat uns dieses Foto unter dem Titel „Silent Garden“ eingereicht und wünscht sich eine konstruktive Kritik.

Im Sinne voller Offenheit: ich bin kein Freund von Color Key, im Gegenteil. Bis auf SEHR wenige Ausnahmen macht Color Key als Stilelement für mich absolut keinen Sinn. Es ist eine gute Fingerübung für Ebenenmaskierung, und das ist es dann auch.

Das war das erste, was mir bei Deinem Bild einfiel, und deshalb wollte ich es auch erst nicht besprechen. Was mich schließlich doch bewogen hat, war, daß es ein paar Elemente gibt, die Dein Foto trotzdem noch ansprechend machen, auch für mich. Es ist darum das, was der Amerikaner einen „teachable moment“, also einen guten Zeitpunkt nennt, um etwas für den anderen Wichtiges/Interessantes/Wertvolles/(…) rüberzubringen.

Zunächst einmal zum Technischen: nichts wirklich Weltbewegendes. Du hast mit einer [amazon B00I3M61H8]NIKON D5200[/amazon] fotografiert, und zwar in Zeitautomatik. Das heißt, Du hast Deine Blende von f/9 vorgewählt, und die Kamera hat bei einem ISO von 320 dann die Verschlußzeit von 1/80 Sekunden benutzt. Soweit, so gut. Nachbearbeitet hast Du dann laut EXIF in Lightroom, doch darauf möchte ich gleich noch weiter eingehen.

Die rote Brücke liegt recht gut im Goldenen Schnitt (rosa), allerdings leicht außerhalb der Drittelregel (grün):

Vergleichsfoto - Komposition

Vergleichsfoto – Komposition

Dominiert wird das Bild vorne von einem großen Stein (gelb), der fast ein Drittel des Fotos einnimmt, und leicht sowohl aus dem Goldenen Schnitt, wie auch der Drittelregel heraus verschoben ist:

Vergleichsfoto - Komposition

Vergleichsfoto – Komposition

Und das bringt mich zum Hauptteil dieser Besprechung. Es ist zwar grundsätzlich richtig, daß man bei Landschaftsaufnahmen etwas im Vordergrund platziert, das dann erstens einmal einen Blickfang bietet, zweitens aber auch einen Referenzpunkt, was den Rest des Fotos anbelangt. Man sieht oft erst durch, sagen wir, einen Baum oder ein Boot vorne, wie grandios die Berglandschaft (…) in Natur tatsächlich sein muß.

Im vorliegenden Fall hast Du den Teil eines Gartens fotografiert. Der Rahmen ist also ein eher enger, und hier hätte es ein Wimmelbild werden können, hättest Du nicht bewußt den Ausschnitt so gewählt, daß der Blick des Betrachters durch den Schwung des Baches zur Brücke hingeleitet wird. Eingerahmt wird das ganze links und rechts durch Bäume:

Vergleichsfoto - Komposition

Vergleichsfoto – Komposition

Die Brücke ist der Blickfang, und das ist eine goldrichtige Entscheidung – aber dann ist da dieser riesige Stein, an dem man hängenbleibt, und an dem man irgendwie optisch nicht vorbeikommt. Ich persönlich hätte die Szene so nicht fotografiert, denn das Ding erschlägt Deine Aufnahme regelrecht. Das muß Dir auch aufgefallen sein, und so hast Du Dir überlegt, wie man die Brücke mehr hervorheben kann – und hast Dich unglücklicherweise für Color Key entschieden, sogar noch in SPIEGELUNG.

Es ist nicht einfach, Color Key gut hinzubekommen. Dir, das muß ich Dir geben, ist es im großen und ganzen gelungen, und zwischen den Blättern links sind nur wenige Unsauberkeiten zu erkennen. Das löst aber Dein Problem mit dem Stein nicht, und es verschlimmbessert meines Erachtens die Aufnahme eher. Wenn Dich die Brücke so fasziniert hat, und Du ohne weiteres Zugang zu diesem Motiv hast, versuche als nächstes, den Stein aus dem Foto herauszuhalten, beispielsweise, indem Du die Kamera auf ihn legst.

Das einzig andere, was ich hier noch ändern würde, ist die fast ausgebrannte Oberfläche der Brücke. Das kannst Du in Lightroom mit dem Korrekturpinsel leicht zurückholen.

8 Kommentare
  1. Reinhard
    Reinhard sagte:

    Moin Sofie,

    das ist eine Frage die ich Dir jetzt nicht (mehr) beantworten kann. Wie gesagt, ich kenne nun zwei verschiedene Richtungen aus denen man das Fotografieren lernen kann… die einen beten die Gestaltungslehre nach Regeln herunter, die anderen verteufeln sie. Wer hat denn jetzt Schuld? Wer hat Recht? Ich kann nur wiederholen den ollen Barnbaum zu lesen. Er schreibt und beschreibt sehr informativ den Weg zu einem aussagekräftigen Foto.
    :-) Gerade bei Euch gefunden… http://fokussiert.com/2013/12/30/bruce-barnbaum-die-kunst-der-fotografie/

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    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Ich glaube nicht, daß „Schuld“ das richtige Wort ist. Und ja, Uli hat damals das Buch besprochen. Ich werde es mir auf jeden Fall mal anschauen. Vielen Dank in jedem Fall für die Anregungen!!

  2. Reinhard
    Reinhard sagte:

    Hi Sofie,
    O-Ton Bruce Barnbaum: OK, ich wandele es ein wenig ab, sonst kriege ich noch Ärger mit dem Copyright…
    Jedes Bild muss individuell nach seinen eigenen Stärken angegangen werden. Es bringt seine eigenen Regeln mit, die nur sehr selten auf das nächste Bild anwendbar sind. Manch einer geht davon aus, dass es sinnvoll sei die Regeln zu kennen, um sie bewusst brechen zu können. Da muss ich widersprechen. Wenn Regeln im Ansatz schon nichts taugen, sollte ihre Kenntnis nicht dazu zwingen, sie zu befolgen – aber dann können sie auch gar nicht bewusst gebrochen werden. Warum sollte man sich also mit so etwas unnötigem belasten? Man legt sich damit ohne Not nur Steine in den Weg. Mein Ansatz lässt sich also am besten so zusammenfassen: „Es gibt keine Regeln:“

    Zitat Ende.

    Joa.. und nun sind wir alle samt ganz schön in der Zwickmühle… Welche Bücher lehren denn nun richtig?
    Die, die uns das Ganze immer wieder vorbeten. Oder die, die von wahren Künstlern geschrieben wurden.
    Ich denke, jeder wird seinen eigenen Weg finden. Ich habe ihn ja jetzt auch gefunden… :-)

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    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Ich teile zwar die Ansicht, daß jedes Bild individuell angegangen werden muß, aber nicht, daß man grundsätzlich keine Regeln befolgen sollte, besonders nicht als Anfänger. Man hat mir im Kunstunterricht vom Goldenen Schnitt nie etwas erzählt, und in der Oberstufe gab es für mich keine Kunst als Fach mehr – und trotzdem haben sich später meine anfänglichen fotografischen Kompositionen innerhalb dieses Regelwerks bewegt. Doch dieses Regelwerk sollte, um es noch einmal zu betonen, nicht als Krücke im von Dir zitierten Sinn benutzt werden.

      Ich habe Barnbaums Buch (er verlegt es wohl seit 2007 selbst) nicht gelesen, bin aber vor kurzem auf einen Beitrag in PetaPixel gestoßen, der in eine ähnliche Bresche schlägt. (http://petapixel.com/2016/01/30/10-myths-about-the-rule-of-thirds/) Statt des relativ einfachen Goldenen Schnitts bringt der Autor ein, wie ich meine, für Anfänger nicht brauchbares Rastergitter („Dynamische Komposition“) in die Diskussion ein, sowie Gestaltpsychologie. Ich weiß wirklich nicht, wie man als Anfänger mit so etwas praktisch arbeiten soll.

      Seine Begründung? „It took me years to erase the damage the rule of thirds caused on my compositions. I was always placing the subject on one side or the other without consideration for the image as a whole.“ Er lief also blind der Regel hinterher, anstatt zu denken, und das macht die Regel schlecht? Und seine Behauptung, jemand namens Smith habe sich das ganze aus dem Hintern gezogen, stimmt ebenfalls nicht.

      Ich stimme Barnbaum nicht zu, daß die Regel nichts taugt. Ich stimme jedoch vollkommen damit überein, daß sie, als Krücke benutzt, nur Schaden anrichtet. Doch jemandem, der gerade anfängt zu fotografieren, zu sagen, es gäbe keine Regeln, heißt, ihm auf die Schulter zu klopfen und zu sagen, „Fotografier einfach drauflos, irgendwas wird schon dabei herauskommen.“ Und es hilft ihm auch nicht, sich zu verbessern, wenn ihm ‚zig Leute sagen, sein Foto sei schlecht.

      Wenn also nicht Goldener Schnitt, wie soll man als Anfänger dann Deiner Meinung nach vorgehen?

  3. Reinhard
    Reinhard sagte:

    CK – die Furunkel am A… der Fotografie… musste ich auch gleich dran denken. Der gute Stilpirat hat es da echt auf den Punkt gebracht. Dazu will ich mich auch nicht länger äußern.
    Was sehe ich? Ich sehe einen großen Felsstein im linken Vordergrund. Er nimmt fast einen Viertel des Bildes ein. Von ihm ausgehend führt mich eine Steinbefestigung am Ufer des Teiches weiter ins Bild hinein. Etwa in der Mitte rechts fällt die kugelige Form des Baumes auf, der mich zwingt die Brücke zu überqueren. Ob man will oder nicht, die Steinreihe und der Weg über die Brücke bilden fast ein schönes Oval. So viel zu Formen im Bild. Linien… Überhaupt sind auch viele Kreise dort versteckt. Die Baum – und Buschgruppe hinten im Bild bildet den Abschluss.
    Da keine großartigen Schatten im Bild aufzufinden sind frage ich mich ob die Bearbeitung (harte Kontraste, Krachschärfe…) überhaupt die Stimmung die vorherrschte wiedergeben. Das muss zwar nicht sein, aber ein weicherer Touch hätte meines Erachtens mehr zum Erfolg beigetragen als der CK. Ob dieser Stein im VG links zu groß ist, ob er dominiert, stelle ich erst einmal in Frage. Denn er korrespondiert sehr gut mit dem Baum am Anfang der Brücke, rechts im Bild. Was mich stört ist der Baum und das Gestrüpp links über dem Stein… Würde diese Störung nicht dort sein, wäre das Oval des Teiches fast greifbar.
    Es gibt ja Freaks die „erlaufen“ sich ihr Motiv. Kann man auch nix gegen sagen. Mach ich auch so.
    Über Gestaltungslehre gibt es haufenweise Lehrbücher. Nicht zuletzt hat mein sehr geschätzter Kritiker Thomas Brotzler jede Menge davon in dieser Rubrik beschrieben.
    Muss man das alles wissen? Die Frage habe ich mir jahrelang gestellt und habe auch nach diesen „Regeln“ fotografiert.
    Bei jedem Wettbewerb, in jedem Fotoclub, in jeder Fotocommunity werden sie buchstäblich herunter gebetet… :-)
    Und dann, nach Jahren dieser ewig gleichen Methode… bekomme ich ein Buch in die Hände das all das über den Haufen schmeißt. Bruce Barnbaum heißt der Autor, Die Kunst der Fotografie das Buch. Ich kann nur jedem anraten es zu lesen.
    Denn wenn man erst einmal weiß, wie diese Regeln entstanden sind… und von wem…
    fotografiert es sich sehr viel entspannter.

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    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Ja, ich denke trotzdem, daß es wichtig ist, diese Regeln zu kennen. Zumindest als Ausgangspunkt. Ist so, wie in manchen Beziehungen: man muß ja nicht gleich heiraten. Ich halte diese Gestaltungsregeln seit Jahren nicht mehr religiös ein und gehe eher intuitiv vor: was paßt? Hier ist, glaube ich, ziemlich klar, was alles NICHT paßt. :-)

  4. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Da stimme ich voll und ganz zu.

    Die Brücke ist hier das Motiv im Bild, allerdings hat der Stein im Vordergrund ganz eindeutig zu viel Gewicht. Da hilft auch rot Anmalen der Brücke nicht. Es macht nur noch mehr auf das Problem aufmerksam.

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  5. Tilman
    Tilman sagte:

    <>
    Auch Farbsättigung ist ein gutes Stilmittel. Für mich ist ein wichtiges Kriterium: bemerkt ein Betrachter sofort, dass da etwas nicht stimmt. Dann ist es oft (falls es nicht Absicht war) ein misslungener Versuch, wie in diesem Beispiel.
    Ein sehr lehrreiches Beispiel, danke für Deine Besprechung, Sofie!

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