Das kollektive Fotoalbum

Die Künstlerin Fiona Tan präsentiert in ihrer Ausstellung „80 Tage“ in München den dokumentarischen Wert alltäglicher Fotografie.

„80 Tage“ brauchen wir schon lange nicht mehr um die Welt zu umrunden, aber dennoch sind wir trotz aller Globalisierung noch lange nicht zu einem Ganzen zusammengewachsen. Kulturelle Unterschiede und auch Ähnlichkeiten zeigt uns die Künstlerin Fiona Tan mit ihren großflächigen Fotoinstallationen in der gleichnamigen Ausstellung jetzt in der Münchner Pinakothek der Moderne.

Ein Blick auf ihren Lebenslauf macht klar, dass die Künstlerin selbst eine unmittelbare Verbindung zum Thema besitzt. 1966 in Indonesien geboren, wuchs sie in Australien auf, studiere in Europa und lebt heute in den Niederlanden. Die Internationalität und das Universelle in der Fotografie zieht sich auch durch ihre Arbeiten.

So sammelte Tan Amateurfotografien in Norwegen, Australien und Japan, brachte sie durch einheitliches Format und Rahmung in eine gleiche Form und präsentiert uns diese unter dem Namen „Vox Populi“ jetzt in ihrer Ausstellung.

Scheinbar zufällig zusammengewürfelt hängen zahlreiche Fotografien an der Wand, erzählen Geschichten, die wir nicht kennen können und die trotzdem jeder von uns erlebt haben könnte. Unabhängig vom Ort des Geschehens und losgelöst von der kulturellen Herkunft beweisen sie uns, wie ähnlich sich doch verschiedenste Fotos sein können und wie universell die Dokumentation durch das Medium Fotografie funktioniert.

In einer weiteren ausgestellten Arbeit, „Countenance“ betitelt, zeigt uns die Künstlerin Tan etwa 200 Portraits von Menschen unterschiedlichen Hintergrunds. Angelehnt an das in den 20er Jahren entstandene Werk August Sanders „Menschen des 20. Jahrhunderts“ hebt sie die Kunstform des vergleichenden Portraits in unsere heutige Zeit. Was früher in Form von Fotografien dominierte, versucht Tan in ihrer Arbeit zum Leben zu erwecken.

Eigentlich als Film konzipiert, behalten die gezeigten Portraits die Ästhetik einer Reihe von Fotografien. Lediglich minimale Bewegungen der abgebildeten Personen zeigen uns dass die Idee des Mediums Fotografie hier weitergeführt wurde. „Countenance“ entstand im Jahre 2002 in Berlin und zeigt uns einen repräsentativen Querschnitt durch die Bevölkerung. Die statische Darstellung, eine typische Eigenschaft der Portraitfotografie, wird durch die unwillkürlichen Bewegungen der Portraitierten unterbrochen und schafft so beim Betrachter eine stärkere Identifikation mit den dargestellen Personen. Wo das fotografische, klassische Portrait mehr eine von außen zu betrachtende Abbildung ist, fühlen wir uns hier fast in die Fotografie hineinversetzt. So werden all die Aspekte und die Faszination, die einem Portrait ohnehin innewohnen, noch gesteigert.

Neben den beschriebenen Arbeiten zeigt die Ausstellung noch weitere, kleinere Exponate und bietet so ein umfassendes Bild einer interessanten Künstlerin, das in seiner Vollständigkeit in einer Einzelausstellung erstmalig hier gezeigt wird und in seiner Vielseitigkeit und seinem Facettenreichtum ergiebiger nicht sein könnte.

Fiona Tan „80 Tage“ 21. September 2007 – 6. Januar 2008

Pinakothek der Moderne Barerstr. 40 80333 München Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr Donnerstag 10 bis 20 Uhr

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