Der Sinn oder Unsinn eines Fotoclubs: Bildkritikabend, Exkursion und Stammtisch

Fotoclub Bildkritk

So wie alles im Leben hat ein Verein seine Vor- und Nachteile. Wenn man diese kennt, kann man für sich selbst entscheiden, ob ein Fotoclub das Richtige für einen ist. Als ich mir 2009 meine erste DSLR zulegte, bin ich bei der Suche nach Gleichgesinnten auf den örtlichen Fotoclub gestoßen. Das doch recht hohe Durchschnittsalter der Mitglieder wirkte etwas abschreckend, aber ich war blutiger Anfänger und hatte auch nichts zu verlieren. Ich durfte mir die Sache unverbindlich anschauen, bin dann nach einiger Zeit auch Mitglied geworden und es bis heute geblieben.

Als Anfänger kann man so einiges von den alten Hasen lernen. In Fotoclubs sind oft Mitglieder, die auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen können. Man kann sich so recht einfach Wissen aus erster Hand aneignen, und manche Fotoclubs bieten auch Workshops an, bei denen erfahrene Mitglieder den Lernbegierigen ihr Wissen weiter geben. Gerade die älteren Mitglieder sind oft auch sehr gut ausgestattet mit fotografischen Equipment aber auch so etwas, wie Fotomagazinen oder Fotobüchern. Ist das Vertrauen da, leiht man sich hin und wieder auch mal was aus, sei es, weil man es einfach vor dem Kauf nur testen möchte, oder weil man es nur kurzzeitig braucht. Manche dieser Dinge werden auch innerhalb des Clubs verkauft. Man kann gut handeln und man sieht direkt, was man kauft; für Gebrauchtkäufe nicht ganz unwichtig.

Ausflug

Spaß machen auch die Ausflüge, Exkursionen genannt. Manche sind kurze Tagesausflüge, es gibt aber auch solche, die über mehrere Tage dauern (meist verlängerte Wochenenden) und auch etwas weiter entfernte Ziele anvisieren. Ist man in einem Fotoclub aktiv, entwickeln sich fast zwangsläufig auch Freundschaften, die auch über den Fotoclub hinaus gehen. Es ist schön, wenn man mit Freunden, mit denen man das gleiche Hobby teilt, verreisen kann, um gemeinsam diesem Hobby frönen zu können.

Es gibt noch andere gemeinsame Unternehmungen, wie Bildkritikabende, clubinterne Fotowettbewerbe und Workshops, doch für mich persönlich ist mittlerweile der Stammtisch die liebste Club-Aktivität. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, und daher ist ein Fotoclub, wie vieles andere auch, ein Spiegel der Gesellschaft, nur im Kleinen. Es fängt damit an, dass man dort Menschen mit komplett unterschiedlichen Interessen, Meinungen und fotografischen Entwicklungsstand trifft. Mit der Zeit lernt man, wessen Rat man beherzigen kann, wessen Kritik für einen selbst relevant ist, wessen Meinung man schätzt. Und wer das ist, hat nichts mit dem Alter, Schulabschluss, dem Beruf oder dem im Besitz befindlichen Equipment zu tun.

Man trifft dort Mitglieder, die zwar schon seit Jahrzehnten, die aber auch wie vor Jahrzehnten fotografieren. Das macht sich meistens in den internen Fotowettbewerben sehr deutlich bemerkbar, denn dort gewinnen viel zu oft die üblichen massenkompatiblen kitschigen Bilder. Diese Bilder sind zwar technisch versiert und oft auch ganz gut komponiert, sagen aber nichts aus. Als Anfänger lässt man sich davon nur all zu leicht blenden und will dem nacheifern. Vielleicht um etwas zu lernen, vielleicht aber auch für ein wenig Ruhm innerhalb des Clubs. Entlarvt wird das Ganze aber dann bei den Bildkritikabenden, bei denen jedes Mitglied sich mit seinen Werken der Kritik der anderen Mitglieder stellen kann. Viel zu oft sagt kaum jemand ein Wort, oder es werden technische Kritiken gegeben („Schneid mal das weg“, „Mach das mal schwarz-weiss“, …). Aber was will man auch großartig zu Bildern sagen, die zwar technisch gut sind, denen aber die inhaltliche Tiefe fehlt? Da bleibt einem doch fast nur die Flucht in etwas, worüber man bei jedem Bild sprechen kann, und das ist die technische Umsetzung. Die ist natürlich nicht unwichtig, aber definitiv nicht das wichtigste, und schon gar nicht das einzige Kriterium für gute Fotografie.

Leider fehlt vielen Mitgliedern der Antrieb und die Zeit, um sich ein wenig mehr mit der Materie auseinander zu setzen. Es werden kaum Fotobücher gelesen (nicht Tutorials, sondern richtige Fotobücher), und man geht kaum auf Ausstellungen oder Museen, man kennt nicht die Arbeiten wichtiger Fotografen. Schlußendlich greift man auf das zurück, was sich leicht konsumieren lässt, was leicht zugänglich ist, und das ist meistens Werbung. Es hilft, wenn man das als Anfänger schnell begreift. Ich persönlich finde die Bilder interessant, die eine (oft auch hitzige) Diskussion unter den Mitgliedern auslösen. Man trifft aber auch Mitglieder, die für die Fotografie brennen und wirklich interessante und auch moderne Bilder produzieren, über die es sich lohnt zu sprechen.

Kameras und Bier

Fazit: Eine klare Empfehlung pro oder contra Fotoclub kann ich nicht geben. Es wird sicher so sein, dass die jeweiligen Eigenschaften von Fotoclub zu Fotoclub unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Vor allem kommt es aber wohl darauf an, was man erwartet, und wie man sich fotografisch entwickeln möchte. Als Anfänger kann man sicher vieles lernen, sollte aber auch aufpassen, dass man sich dem Gruppenzwang nicht beugt. Fotowettbewerbe verleiten einen dazu, dass man nicht so fotografiert, wie man eigentlich möchte, sondern so, dass man gewinnt. Aber solche Wettbewerbe haben im Prinzip so viel Wert, wie „Likes“ auf den üblichen Internet-Portalen. Es ist nichts Dauerhaftes und es bringt einen fotografisch auch nicht wirklich weiter.

Als Fortgeschrittener findet man Gespräche und ggf. Aktivitäten mit Gleichgesinnten. Oft bilden sich auch innerhalb eines Clubs lose Cliquen, die sich auf irgendein Thema spezialisieren. Wie fast überall im Leben hängt es von einem selbst ab, was man draus macht. Meine fotografischen Interessen und auch ich als Mensch habe mich in eine Richtung entwickelt, die mir der Club nicht einfach so bieten kann. Das ist aber auch nicht schlimm, denn ich sehe den Club nicht als meine einzige fotografische Wurzel an. Ich muss niemanden beeindrucken und ich muss niemandem etwas beweisen. Ich fotografiere so, wie es mir gefällt. Wenn das jemandem im Club gefällt, um so besser – und wenn nicht, dann nicht. Dafür bekomme ich aber interessante Gespräche und gesellige Abende, die ich nicht mehr missen möchte.

9 Kommentare
  1. Oliver Rindelaub
    Oliver Rindelaub sagte:

    Hallo Darius,

    Du beschreibst unseren Verein sehr treffend.
    Ich denke, das Beste, was so ein Verein bieten kann, ist… Ehrlichkeit. Im Gegensatz zu den meisten Fotocommunities bekommst Du ehrliche Rückmeldungen zu Deinen Bildern. Nicht jede Kritik wird positiv sein, spätestens beim Thema „gefällt mir das Foto“ wird man immer nur eine Mischung von Meinungen bekommen. Aber viele Mitglieder haben eben schon Hunderttausende von Fotos gesehen und sich fotografisch durch Ausstellungen, Workshops, Studium von Fotobüchern gebildet. Diesen Erfahrungsschatz bekommt man sonst nicht so schnell. Oder dass man sein Portfolio mal mit einem Clubkameraden durchgeht und kritisieren lässt.

    Sowas geht natürlich auch bei einem Stammtisch. Ich habe mehrere Jahre lang unabhängig vom Fotoclub einen Fotostammtisch organisiert und musste feststellen, dass sich am Ende nur der harte Kern, d.h. 4-5 Leute getroffen haben, die sich irgendwann (zu) gut kannten. Da braucht es dann entweder besondere Aktionen, die weitere Leute anlocken oder (Foto-)Promis, die ihre Jünger anziehen.

    Stammtische (auch der unseres Vereins) leben, wie Du auch schreibst, von der Vielfalt der Teilnehmer/innen und ihrer fotografischen Aktivitäten. Es macht Spaß, sich einen Abend mal ganz anderen fotografischen Themen zu widmen und zu sehen, was denn die anderen produzieren. Auch wenn ich „meinen“ Stammtisch nicht mehr weiter führe, gehe ich alle paar Monate mal zu anderen Stammtischen, um mich auszutauschen.

    Glücklicherweise ist unser Verein so groß, dass sich – nicht nur beim Stammtisch – für jede/n genügend andere finden, die die gleichen Genres fotografieren, die unterschiedliche Wissensstände haben, sodass man vom anderen lernen kann, von denen man positive wie negative Kritik annehmen will, mit denen man gemeinsam fotografieren geht, vielleicht auch eine eigene Ausstellung organisiert und mit denen auf diese Weise ein Zusammengehrigkeitsgefühl entsteht. So ist das im Verein. In unserem jedenfalls.

    LG, Oliver

    p.s.: Interessenten für die FAB sind immer willkommen :-)

    Antworten
  2. Mett
    Mett sagte:

    Hmm, was mich an meinem Fotoclub richtig gestört hat, war, dass es zwei Leute gab, die Ideen anderer zuerst madig machten und wenig später als eigene ausgaben und dafür warben. Ansonsten stimme ich zu. Man kann wirklich viel lernen.

    Antworten
    • GambaJo
      GambaJo sagte:

      Ja, schwarze Schafe wird es immer geben. Ich kenne jetzt die Situation nicht, aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man als Club mit so etwas umgeht.
      Allerdings wäre es schade, wenn der Club an nur zwei Personen scheitern sollte.

  3. reckordzeitstudio
    reckordzeitstudio sagte:

    Hallo Darius,
    schön geschrieben dein Artikel, danke dafür!
    Ich war bis vor kurzem auch Mitglied eines Fotostammtischs (Verein war zu aufwändig). Leider hat sich das aber ein wenig zerlaufen, die Motivation der einzelnen Mitglieder hinkte etwas mit der Zeit. Wie oft trefft ihr euch denn so? Zu dem Thema hatte ich auch mal was geschrieben, würde mich freuen, wenn du es mal durchlesen würdest: http://reckordzeitstudio.de/stammtische/

    Danke und liebe Grüße

    Frank

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    • GambaJo
      GambaJo sagte:

      Hallo Frank,

      ich habe mir deinen Text durchgelesen und kann das Problem gut nachvollziehen.
      In dem Club, in dem ich Mitglied bin, sind wir auf dem Papier über 60 Mitglieder. Wirklich aktiv sind aber so um die 20.

      Der Erfolg so eines Clubs liegt nur an den Mitgliedern. „Mein“ Club existiert dieses Jahr seit 40 Jahren, ist also in einer Zeit gegründet worden, in dem selbst ein Telefon noch nicht unbedingt zur Grundausstattung eines Haushalts gezählt wurde. Damals waren Vereine und Stammtische die sozialen Netzwerke.
      Heute zählen wir noch einige Gründungsmitglieder zu den aktiven Nutzern. Diese Menschen brennen seit über 40 Jahren für Fotografie und treffen sich in der Regel ein Mal in der Woche. Vor Veranstaltungen, wie Ausstellungen, trifft man sich auch mal öfter.

      Ich kann mir vorstellen, dass bei deinem Problem die Anzahl der Teilnehmer das Problem ist. Ein Stammtisch macht erst dann Spaß, wenn sich möglichst viele Menschen immer wieder treffen.

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  1. […] ich der Meinung, dass man sie nicht auf alle Menschen anwenden kann. Wie ich das schon in meinem Artikel zum Thema Fotoclubs beschrieben habe, kann ein solches Vorgehen dazu führen, dass man irgendwann sehr festgefahren ist […]

  2. […] mal mehr, mal weniger erfolgreich an einigen Fotowettbewerben teilgenommen. Sei es in meinem Foto-Club, beim DVF, auf der Photokina oder bei Foto-Magazinen, der Ablauf ist immer sehr ähnlich. Der […]

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