Drauflosfotografieren reicht nicht (1/2): 10 Gründe, warum Deine Fotos wie Anfängerschnappschüsse wirken

Wer einfach ohne nachzudenken auf den Auslöser drückt, bekommt eben nur Schnappschüsse.

Nichtssagendes Naturfoto

Seit Jahren besprechen wir hier bei fokussiert jetzt schon Leserbilder. Sehr häufig sind Einreichungen mit der Frage verbunden, was der oder die Fotograf/in anders hätte machen können.

Was sich in dieser ganzen Zeit bei unseren Bildbesprechungen abgezeichnet hat, sind bestimmte „Themen“, die immer wiederkehren: technische Mängel, Kompositionsfehler etc. Im folgenden möchte ich einige typische Anfängerfehler zusammenfassen. Vielleicht ist es ja von Nutzen.

1. Du beachtest das (vorhandene) Licht nicht

„Photography is a love affair with light.“ (Fotografie ist eine Liebesaffäre mit Licht) – von wem dieses Zitat auch schlußendlich stammt, das Klischee trifft leider zu. Vielfach stimmt in Aufnahmen einfach das Licht nicht, oder die Art, wie es eingesetzt wurde.

Das heißt nicht, daß man grundsätzlich nur die Blaue Stunde nutzen sollte, aber man sollte sich eben des Lichts bewußt sein. Nachfolgend ein paar Aufnahmen, bei denen das Licht stimmt, und sie sind nicht alle spätnachmittags entstanden:

Schattenskater - (c) Carsten Schröder

Schattenskater – (c) Carsten Schröder

 

Columbus Photowalk 2014 - (c) Sofie Dittmann

Columbus Photowalk 2014 – (c) Sofie Dittmann

2. Du ignorierst den Hintergrund

Wie viele Aufnahmen sieht man, wo Leuten Lichtmasten oder Bäume aus dem Kopf wachsen? Oder andere störende Dinge im Hintergrund (man denke an Landschaftsaufnahmen mit vorbeifahrenden oder parkenden Autos oder Leuten im Bild). Geringe Schärfentiefe reicht nicht immer aus, denn auch ein unscharfer Horizont, der eine Person hübsch in zwei Teile teilt, ist ein schlechter Hintergrund. Desgleichen ein farblich nicht zum Modell passender.

Kopf mit Auswuchs

Kopf mit Auswuchs

 

Im Eifer des Gefechts sieht man häufig diese Dinge nicht, bis man dann zu Hause am Bildschirm einen „Gesichtspalmenmoment“ hat. Wenn man Glück hat, lassen sich diese Elemente im Nachhinein wegstempeln oder wegschneiden. Es wäre jedoch besser gewesen, schon bei der Aufnahme darauf zu achten.

3. Du überläßt der Kamera zu viele Entscheidungen

Wenn Du Deine DSLR wie eine Schnappschußkamera bedienst, bekommst Du genau das: Schnappschüsse. Der hübsch verschwomme Hintergrund bei Porträts, das coole Bokeh bei anderen, der in der Bewegung „eingefrorene“ Motorradfahrer oder spektakuläre Nachtaufnahmen haben alle eines gemeinsam: die Fotografin wußte mit ihrer Kamera umzugehen.

Der technische Aspekt ist ein wesentlicher in der Fotografie, und wenn auch ab und zu mal jenes blinde Huhn ein Korn findet: lerne Deine Kamera zu bedienen, und beschäftige Dich mit den Zusammenhängen von Verschlußzeit, Blende, Brennweite und ISO. Je technisch anspruchsvoller die Art der Fotografie, desto wichtiger ist das Handwerk, denn ohne sind diese Aufnahmen nicht möglich.

Ich spreche hier nicht notwendigerweise von superteuren brandaktuellen Objetiven und Vollformatkameras. Man kann auch mit einer kleinen Canon Rebel xTi und einer preiswerten Festbrennweite super Porträts aufnehmen. Aber einfach Vollautomatik einzustellen und auf ein gutes Bild zu hoffen, macht genauso viel Sinn fotografisch, wie Lotterie zu spielen.

4. Du behältst die Verschlußzeit nicht im Auge

Unter 1/60 s ist es fast unmöglich, ohne Stativ zu fotografieren, außer man hat eine extrem ruhige Hand. Wenn man wie oben erwähnt in Vollautomatik fotografiert, wählt die Kamera die Einstellungen, die für sie den Lichtverhältnissen gemäß sinnvoll erscheinen – aber das sind manchmal Verschlußzeiten, die nun einmal nur für die Kamera Sinn machen, und für die ein Stativ notwendig gewesen wäre: das Foto ist verwackelt.

Man sollte im Zweifel zumindest mit Zeitvorwahl arbeiten, um genau das zu verhindern. Das bedeutet jedoch, daß man unter Umständen einen höheren ISO einstellen muß.

5. Du übertreibst den Einsatz von Blitzlicht

Blitz ersetzt nicht natürliches Licht, er unterstützt es. Wenn man in einem dunklen Raum mit Blitzlicht fotografiert, das vielleicht auch noch direkt auf die Person gerichtet ist, kommt der bekannte „Reh im Scheinwerferlicht“-Look dabei heraus.

Es gibt genügend Tutorien im Netz, die den Einsatz von Aufhellblitz erklären, man muß sie nur suchen.

(Teil 2)

11 Kommentare
  1. Carsten Schröder
    Carsten Schröder sagte:

    Ein wenig Wissen um Blende und Verschlusszeit bringen den Fotografen schon sehr weit.
    Ein Stativ bei Landschaftsaufnahmen macht auch Sinn. Ein entschleunigtes Fotografieren läßt Zeit sich den Bildausschnitt besser zu überlegen und zu korrigieren, ohne dass man die Kamera wieder absetzen muß.
    Ansonsten setzte ich das Stativ bei jeder Langzeitbelichtung ein, wobei das nicht jede Nachtaufnahme betrifft. Situationsbedingt (und zugegebenermaßen Kamera- bzw. Sensorabhängig) fotografiere ich auch Nachts z.Tl mit hohen ISO-Werten, um auch auf kürzere Verschlußzeiten zu kommen.
    Von der Vollautomatik halte ich gar nichts, aber sowohl von den Halbautomatiken (S/T/Tv und Av) die unterstützend arbeiten. Lange Zeit war ich gegen die Programmautomatik P, die aber aus der eErfahrung meiner Fotoschüler her greift, wenn man gerade nicht mehr technisch weiter weiß. Diese kann ja dann auch geshiftet werden.
    Ich persönlich fotografiere zu 95 % in der Av-Automatik und nutze bewußt die Belichtungskorrektur, da es meiner Meinung nach der schnellste Weg zum richtig belichteten Bild ist. S/T/Tv nur, wenns mir um das Thema „einfrieren“ oder „fließen lassen“ geht! Mit der Blendenvorgabe habe ich immer meine Hintergrundsgestaltung (Tiefenschärfe) mit im Blick.

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  2. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Wenn es darum geht, dass Bilder nicht wie Anfängerbilder aussehen, dann sind für mich die Punkte 1 und 2 ganz weit oben auf der Liste. Gefolgt von Punkt 5 mit dem Reh im Scheinwerfer. Danach kommt lange nichts.

    Für einen Einsteiger ist es sicher nicht der schnellste Weg zum Ziel, wenn er als erstes alle Automatiken abschaltet. Wer jedoch nie Einstellungen von Hand vornimmt, der kann das auch dann nicht, wenn der Automat danebengreift. Um etwas Übung kommt man da also nicht herum, auch wenn es der Microcontroller in der Kamera oft schneller einstellen kann.

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  3. Darius Kupczak
    Darius Kupczak sagte:

    zu 3.: Für Trockenübungen empfehle ich http://www.exposuretool.com

    zu 4.: So pauschal kann man das nicht sagen, denn die „verwackelungsfreie“ Verschlusszeit hängt noch von Faktoren, wie Brennweite, Größe des Aufnahmemediums, Nutzung eines Bildstabilisators, der Umgebung (z.B. auf einem Schiff) und natürlich den Fotografen selbst ab.
    Wenn es wirklich um maximale Bildqualität geht, dann sollte man immer ein Stativ nutzen (bei DSLRs in Kombination mit Spiegelvorauslösung), auch bei kurzen Verschlusszeiten. Beim Drucken des Auslösers bewegt man minimal die Hand. Es gibt Dinge, wie Shutter Shok und Mirror Slap, die sich auch bei kurzen Verschlusszeiten sichtbar negativ auswirken.

    Antworten
    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Bei Nr. 4 gebe ich Dir zwar grundsätzlich recht, aber die meisten Fotografen, die ich kenne, machen sich diese Gedanken so nicht. Der Artikel richtet sich ja auch nicht an Profifotografen.

    • Christian Fehse
      Christian Fehse sagte:

      Naja immer mit Stativ – also ich weiß nicht. Schärfe ist nun schließlich nicht alles. Aus meiner Sicht nicht mal das meiste. Ich verwende fast nie ein Stativ. Das Ding schränkt mich einfach zu sehr ein.
      Genauso der Abgesang auf die Automatik. Die Kameras können das so viel schneller als ich – und teilweise auch besser, denke ich. Wenn mir die Wahl der Automatik nicht paßt, wird geshiftet. Ich finde das oft schneller als dediziert in Blende- oder Zeitautomatik zu fotografieren. Ist natürlich Geschmackssache.

    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Nicht IMMER mit Stativ, aber wenn es darauf ankommt? Und wie würdest Du mit Automatik profimäßige Nachtaufnahmen machen beispielsweise? (Und das frage ich jetzt ernsthaft.)

    • Christian Fehse
      Christian Fehse sagte:

      Hi Sofia,

      ja für Nachtaufnahmen braucht man ein Stativ und im Makrobreich wahrscheinlich bzw. bei der Produktfotografie (da kenne ich mich nicht aus – aber ich vermute schon). Auch je größer das Format wird, desto eher mit Stativ.
      Ich will um Gottes Willen auch nix gegen Stative sagen. Ich fotografiere allerdings meistens ab ISO 400/800 aufwärts – deswegen brauche ich es nicht.
      Die Automatik hat ihre ganz klären Grenzen, auch keine Frage. Allerdings fotografiere ich nicht selten zum Beispiel den Superia 1600 auf ISO 1250 nachts aus der Hand. Wie professionell das dann ist, weiß ich nicht, aber es gibt mir einen speziellen Look. Zum Beispiel den hier:

      http://www.lomography.de/homes/cfehse/albums/2070659-hamburg-stage-theater-at-night-on-cn-08-2015

      Und die Bilder sind mit der F90x in P bei Bedarf teilweise deutlich geshiftet aufgenommen. Sind anders als gängige digitale Nachtaufnahmen. Das ist aber auch der Plan.

    • Chilled Cat
      Chilled Cat sagte:

      Außer dem Nachteil, dass man es herumtragen muß, hat das Stativ einen großen Vorteil: Man muss sich vor der Aufnahme überlegen, wo man es hinstellt. Damit denke ich länger über den Aufnahmestandpunkt nach als ohne Stativ.

    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      @Christian,

      von dieser Art Nachtfotografie rede ich nicht, und Lomographie ist ja schon wieder eine Spezialanwendung. Ich habe das bewußt verallgemeinernd formuliert, denn ich weiß nicht wieviele Leute haben mich über die Jahre schon gefragt, mit welcher Automatikeinstellung ich genau für bestimmte Fotos gearbeitet habe – sie waren so sehr daran gewöhnt, daß die Kamera ihnen das Denken abnimmt.

      PS. Gute Bilder übrigens. Magst Du mal einen Gastpost über digitale Lomographie schreiben?

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