Europäischer Architekturfoto-Preis 2013: Zelte und Wolkenkratzer

Zelte als einfachste Behausung des Menschen und auf der anderen Seite Wolkenkratzer – die Preisträger des Europäischen Architekturfoto-Preises 2013 loten das ganze Spektrum des Genres aus.

Frank Bayh und Steff Rosenberger-Ochs, Deutschland
 - Die Entwicklung neuer Stadtquartiere im Herzen der City

Der erste Preis ging an das Stuttgarter Fotografenduo Frank Bayh und Steff Rosenberger-Ochs – für ihre Serie „Die Entwicklung neuer Stadtquartiere im Herzen der City“. Sie zeigen: Zelte – und zwar die der Gegner des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21.

Das Thema des nunmehr zehnten Architekturfoto-Preises lautete: „Im Brennpunkt | Focus of Attention“. „Die Wettbewerbsteilnehmer haben in beeindruckenden Bildserien zu kulturellen, gesellschaftlichen, politischen Ereignissen, aber auch zu städtebaulichen Entwicklungen mit der Kamera Stellung bezogen“, so stellte die Jury unter dem Vorsitz von Prof. Peter Bialobrzeski fest.

Die Stuttgarter Bayh und Rosenberger landeten mit ihrer Arbeit genau in einem gesellschaftlichen und politischen Brennpunkt: Sie schreiben zu ihrem Zelt-Projekt:

Die Entwicklung neuer Stadtquartiere im Herzen der City – das verspricht ein Slogan für Stuttgart 21. Streifte man im Herbst 2010 einmal durch den mittleren Schlossgarten, so stellte man schnell fest, dass diese Entwicklung längst eingesetzt hat. Sehr wohl ausgelöst durch das umstrittene Großprojekt, aber keinesfalls als Ergebnis dessen Realisierung, hatten Projektgegner dort eine Zeltstadt errichtet. Deren außergewöhnlicher, einfallsreicher, aber auch vergänglicher Architektur möchte die Bildstrecke „Die Entwicklung neuer Stadtquartiere im Herzen der City“ ein Denkmal setzen.

[photos]

Zwei gleichwertige zweite Preise wurden an Stanislaw Chomicki und Nadia Pugliese vergeben.

Chomicki führt mit perfekt inszenierten, klassisch schwarzweißen Lochkamerafotos das Imponiergehabe und die Glitzerwelt mancher Hochhäuser vor. Nadia Pugliese widmet ihre Serie einem der heiligsten Plätze sowohl des Judentums, des Christentums als auch des Islam, dem in der Altstadt Jerusalems gelegenen Kidron Valley. In poetisch stillen, aber gerade dadurch sehr stark nachwirkenden Bildern schildert sie, dass die Stadt des Todes von gleichen Konflikten geprägt und gezeichnet ist wie die Stadt der Lebenden. Weitere Auszeichnungen gingen an Enrico Duddeck, Olaf Rößler und Jörg Winde.

Stanislaw Chomicki über seine Türme:

Frankfurt steht wie keine andere deutsche Stadt für Hochhausarchitektur und beweist dies durch seine prägnante Silhouette. Seit den fünfziger Jahren veränderte sich das Stadtbild ständig und zieht bis heute die Aufmerksamkeit auf sich – Branding und Landmark zugleich: Hochhäuser als Ausdruck von Fortschritt, wirtschaftlicher Macht und gesellschaftlicher Bedeutung. Das Projekt „Towers“ entstand 2012 mit einer Lochkamera – einer Technik im scheinbaren Gegensatz zu alledem. Die Diskrepanz zwischen Alt und Neu führt zur eigenwilligen Aussage der Motive, die durch Überstrahlungen und Unschärfen ihren besonderen Reiz entwickeln.

Nadia Pugliese schreibt:

Kidron Valley liegt im östlichen Teil der Altstadt von Jerusalem und ist einer der heiligsten Plätze der drei großen monotheistischen Religionen: des Judentums, des Christentums und des Islam. Entsprechend einer Textstelle der Bibel ist dieses Gebiet identisch mit dem Tal Joschafat, dem Ort, an dem Gott einst über alle Menschen richten wird. Im Laufe der Jahrhunderte ist es zu einem riesigen Friedhof geworden, der nun in drei Teile – für jede Religion einen – geteilt ist. Als direktes Spiegelbild der politischen und gesellschaftlichen Konflikte ist dieses Territorium auch ein umstrittenes Stück Land, eine Stadt des Todes, die das Gleiche erleidet, wie die Lebenden.

Die 28 besten Bildserien (es wurden noch weitere Anerkennungen vergeben) des Architekturfotografie-Preises architekturbild werden bis zum 16. Juni im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main gezeigt. Alle Informationen dazu finden wir auf der Website des Deutschen Architekturmuseums. Ein Bildband erschien unter dem Titel [amazon 3899861833] „Im Brennpunkt | Focus of Attention“ – Europäischer Architekturfotografie-Preis 2013[/amazon] im Verlag Avedition, Ludwigsburg.

Update: Weil die aktuelle Ausstellung bereits zu Ende gegangen ist, hier eine Übersicht der nächsten Termine in Deutschland und Österreich (danke an das Büro des Vereins architekturbild in Stuttgart):

  • Urbexpo, Bochum, 24. August bis 1. September (nur Preisträger und Auszeichnungen) – mehr Infos via Urbexpo
  • KAZimKUBA, Kassel, 11. bis 22. September 2013 – KAZimKUBA
  • Galerie Oberösterreichischer Kunstverein, Linz (A), 17. Oktober bis 13. November 2013 (nur Preisträger und Auszeichnungen) – Oberösterreichischer Kunstverein
  • vhs-Photogalerie im Treffpunkt Rotebühlplatz, Stuttgart, 28. November 2013 bis 31. Januar 2014 – vhs-Photogalerie

 

Deutsches Architekturmuseum Frankfurt/Main

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