Fantasyfilm-Romantik: Gelungener Tunnelblick

Nebel, Bäume, Wasser, Rennaissance: Ein gelungenes Stimmungsbild mit einem raffinierten Dreh – dem „Filmausschnitt“.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Martin Wolf).
Kommentar des Fotografen:

„Another World“: Nebel, Linien, die das Auge leiten, Reflexion, Statuen, mystische Atmosphäre und ein paar andere Umstände waren einfach fantastisch an diesem Morgen. Ich liebe diese Fantasy-Film-Ähnlichen Fotos einfach!

Peter Sennhauser meint zum Bild von Martin Wolf:

Nebel ist etwas Faszinierendes, mit dem zu spielen sich lohnt. Wie oft habe ich im Sommer (in San Francisco ist der Sommer ein konstanter Herbst, der im Herbst in einen wunderschönen Sommer übergeht…) im Golden Gate Park nach Sonnenuntergang geflucht, weil ich die Kamera nicht dabei hatte und die Nebelschwaden mal wieder die eigene Vorstellungskraft auf eine Karussellfahrt mitnahmen.

Dir ist meiner Ansicht nach hier ein schönes, wenn auch etwas sehr melancholisches Bild gelungen. Vor allem aber zeigt es, was man mit einer dezenten, wohlüberlegten Bearbeitung aus einem Foto zusätzlich herausholen kann.

Auf meine Nachfrage hin hast Du bestätigt, dass es sich um einen Morgen in einem Schlosspark handelt, an dem Du auf einen Sonnenaufgang hofftest.

Der Nebel war allerdings den ganzen Morgen so dicht und die Bäume ringsherum so hoch, dass ich von der Sonne nicht viel gesehen habe. Schon wieder auf Weg aus dem Park, habe ich dann noch ein letztes mal inne gehalten und mir die Szenerie angesehen.

Die goldene Version des Parks im NebelDabei ist dieses Bild – Kamera auf dem Stativ – entstanden (anmerkung am Rande: Warum eine offene Blende, wenn Du mit Stativ unterwegs warst? Bewegungsunschärfe war hier kaum zu befürchten, aber eine lange Belichtungszeit hätte allenfalls kleine Wellen auf dem Wasser weiter ausgeglichen, und eine etwas geschlossene Blende hätte für maximale Schärfe gesorgt, um die Du nach dem Bildschnitt mit Vergröässerung allenfalls froh wärst.)

Respektive, dieses Bild hier nebenan ist entstanden. Der Rest ist gekonnte Arbeit in Lightroom:

Einige Korrekturen am Kontrast, Schwarzpunktverschiebung etc. Besonders allerdings die Teiltonung, die den besonderen Effekt hervorruft und jeweils einen Verlauf von oben und unten der zur Bildmitte hin heller wird, um die Aufmerksamkeit dorthin zu lenken und das Bild etwas dramatischer wirken zu lassen. Besonders das Licht hinter dem Gebäude kommt so richtig gut raus, wie ich finde.

Diese „Vignettierung ist mir von Anfang aufgefallen, weil sie eben nicht auffällt, aber eine Art träumerischen Tunnelblicks schafft – ein romantisch-verträumter Blick auf einen Renaissance-Park, der fast ausschliesslich von der Lichtstimmung lebt, und mit den beiden geheimnisvolle Blicke tauschenden Skulpturen grade noch genug „Aufregung“ bietet.

Die zweite raffinierte kleine Anpassung, die hier hervorragend passt, ist der Bildschnitt, der die Horizontale betont. Er tut aber noch weit mehr mit unseren durch Technik konditionierten Gehirnen:

Ich wollte etwas mystisches, fantastisches Erschaffen. Ich hatte dabei immer Bilder von Fantasyfilmen wie Herr der Ringe im Kopf. Mit dem Crop auf 16:9 wollte ich den Effekt eines Films erschaffen.

Auch wenn es erschreckend ist, wie sehr wir uns von solchen Rahmenformeln unbewusst beeinflussen lassen: Ich denke, die Idee funktioniert perfekt, ohne dabei Kinomuffel oder Zeitreisende aus der Vergangenheit mit einer Andeutung vor den Kopf zu stossen, die sie nicht verstehen können.

Dabei ist allerdings wohl im Auge zu behalten, dass sich nicht jedes Motiv dafür eignet. Was übrigens grade in Filmen mit vertikaler Betonung (Hochhäuser, Türme etc) für die Hollywood-Designer ein immer wiederkehrendes Problem darstellt, seit die Helden sich nur noch selten artig in Duellen auf voller leinwandbreite umbringen und danach in die (breite) Weite der Prärie reiten.

Vielleicht wäre es einmal eine Woche Selbst-Workshop wert, den „Filmstimmungseffekt“ an andern Motiven auszuprobieren und Dir zu überlegen, wie er unter andern Umständen hinzukriegen ist.

Ich werd das ausprobieren, sobald ich endlich wieder mal Zeit habe, mit der Kamera rauszugehen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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  1. […] schon angekündigt habe ich eines meiner Fotos (Another world) zur Profikritik auf fokussiert.com eingereicht und sehr darauf gehofft, dass sich Peter Sennhauser meinem Bild […]

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