Farben und Formen: Mehr Schicht!

Einfach ist besser – aber zu einfach sollte es nicht werden. Wie eine Zwiebel sollte ein Bild mehrere Schichten aufweisen.

Dirk Haunschild
Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Dirk Haunschild). – Panasonic DMC-FZ30 – 1/4000s – f/6.3 – ISO 80 – 31mm (?KB)

Peter Sennhauser meint zum Bild von Dirk Haunschild:

Grade habe ich ein Plädoyer für einfachere Bilder geschrieben. Und jetzt muss ich mir bereits widersprechen? Grundsätzlich gefällt mir Dirks Bild – aber das ist eine persönliche Ansicht. Objektiv gesehen muss man aber bemerken, dass die Aufnahme nicht genug bietet:

Wohl ist da der knallige Farbkontrast von Gelb und Blau und eine Linienführung, die interessant sein könnte – aber alles in allem reichen beide Effekte nicht, um mich länger als einen Blick lang an das Bild zu binden.

Technisch ist soweit alles ok. Zu bemängeln ist allenfalls, dass die Spitzlichter an den Dachziegeln ausgebrannt sind – aber das liess isch wohl kaum vermeiden. Bei Blende 6.3 ist die Schärfe auf die hinterste Reihe der Falz-Ziegel gelegt – was, allerdings nur bei genauer Betrachtung, dem Bild etwas Tiefe verleiht.

Kompositorisch habe ich grosse Mühe mit der fast genau durch die Bildmitte laufenden Diagonalen. Immerhin ist da ja nichts im Zentrum, was wir sonst übersehen könnten oder worauf alle Linien hindeuten – in der rechten oberen Ecke liegt lediglich der vollkommen tonalitätsfreie blaue Kontrast zu den verblüffend gelben Ziegeln.

Warum also nicht diese Fläche reduzieren, und mehr Gewicht auf die Wellen des Dachs legen?

Dort finden wir ein paar nicht uninteressante Linienelemente: Besagte Wellen, deren unterste leider angeschnitten ist, die sich von links nach rechts ins Bild bewegen (dort aber zu nicht viel mehr als der Diagonalen und dem blaue Himmel führen). Oder die Wiederholung der drei Bögen am linken Bildrand.

Ich denke, die Komposition hätte sich wesentlich stärker auf diese Repetition konzentrieren sollen, will heissen, mehr Dachfläche und weniger Himmel zeigen. Oder, als zweiten Versuch, den Himmel wie auch die Dachschräge ganz auslassen und sich vollständig auf ein gelbes Wellenmeer konzentrieren.

Dirk Haunschild, bearbeitet

Ich habe in Lightroom einen Kompromiss versucht, indem ich den Bildausschnitt verkleinert und den Himmel ins obere rechte Drittel verbannt habe. Ausserdem habe ich die Spitzlichter zurückgenommen, was in den hohen Helligkeitswerten eine reduktion und etwas mehr Zeichnung in den Ziegeln ergibt.

Ich bin mir aber sicher, dass man vor Ort mit dem Motiv einen besseren Blickwinkel, vielleicht eine Tele-Aufnahme über die „Ziegelwellen“ hinweg ins Blaue, gefunden hätte.

Nichts desto trotz: Ich bin in unserer Leserbilder-Auswahl immer und immer wieder über das Bild gestolpert. Ich könnte mir auch vorstellen, dass es in einer Reihe ähnlicher Farbbetonter Bilder, die fast ausschliesslich auf den Kontrast setzen, sehr gut wirken würde.

In der Rubrik «Bildkritik» analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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1 Kommentar
  1. Dirk
    Dirk sagte:

    Danke für die intensive Besprechung und die Anregungen. Das Motiv liegt ca. 2m über mir (unser Dach) somit werde ich die Anregungen sicher austesten.

    Antworten

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