Fenster zum Feld: Zweck bestimmt Nachbearbeitung

Es ist zwar richtig, aus dem Bauch heraus auf eine Szene fotografisch zu reagieren. Dennoch sollte das Ergebnis auch dem Betrachter etwas sagen. Der Zweck, zu dem eine Aufnahme gemacht wurde, und die daraus folgende Nachbearbeitung bestimmen das Ergebnis mit.

Panasonic DMC-GF5 - f/2.5 - 1/800 s - 14 mm - ISO 160

Panasonic DMC-GF5 – f/2.5 – 1/800 s – 14 mm – ISO 160

Tilman Brembs aus Berlin schreibt zu diesem Bild:

Hallo, habe dieses Bild im April gemacht. Ich würde mich über eine Bildkritik von Euch freuen. Bin großer Fan eures Formates.
Viele Grüße aus Berlin
Tilman

„Man sollte immer eine Kamera dabeihaben.“ – der Grund für diesen Ausspruch ist, dass man so spontan auf Motive reagieren kann, die einem über Weg laufen. Oder umgekehrt. Jedenfalls ist es nicht verkehrt, aus dem Bauch heraus zu fotografieren und sich dann hinterher damit auseinanderzusetzen, was man eingefangen hat. Hier war das ein Feld, das Du durch ein Badezimmerfenster hindurch aufgenommen hast.

Zu sehen ist eben jenes Badezimmer – streng durchgekachelt und karg – und das dahinterliegende Feld durch das offene Fenster. Auf den Kacheln spiegelt sich das Draußen. Sonst passiert in Deinem Bild nichts. Eingereicht hast Du es als „Landschaftsaufnahme“, aber für eine solche ist hier meines Erachtens nicht genug Landschaft im Foto. Aber dazu in Einzelheiten unten mehr.

Die EXIF-Daten sagen mir, dass es wohl hell genug gewesen sein muss, um aus der Hand heraus mit einem niedrigen ISO zu fotografieren. Legt man ein Raster über das Foto, sieht man, dass das Fenster und die Wanne aus dem Goldenen Schnitt (rosa) und Drittelregel (grün) heraus verschoben sind:

Vergleichsfoto

Vergleichsfoto

Das ist hier nicht tragisch, denn der Blick des Betrachters folgt den rechwinkligen Linien, die diagonal von oben links nach unten rechts durch die Aufnahme laufen:

Vergleichsfoto

Vergleichsfoto

Aus einem dunklen Raum heraus ins Helle zu fotografieren ist nicht leicht, weil die Kamera entweder zu viel oder zu wenig belichtet, je nachdem, worauf man einstellt. Man kann das in Kauf nehmen, und eben das Drinnen abgedunkelt lassen:

Blick durch die Scheunentür, Muddy Fork Farm - (c) Sofie Dittmann

Blick durch die Scheunentür, Muddy Fork Farm – (c) Sofie Dittmann

Oder man kann per HDR und/oder Ebenen beides angleichen:

Blick durchs Fenster, Breezy Hill Farm - (c) Sofie Dittmann

Blick durchs Fenster, Breezy Hill Farm – (c) Sofie Dittmann

Laut EXIF hast Du in Lightroom nachbearbeitet, aber mir ist nicht ganz ersichtlich, ob überhaupt und was Du genau korrigiert hast, denn das Bild sieht nicht aus, als sei es nachbearbeitet worden. Nachbearbeitungsentscheidungen an sich hängen vom persönlichen Geschmack ab, und auch, welchem Zweck das Foto letztlich dienen soll – will sagen, Architekturfotos folgen üblicherweise einem anderen visuellen Stil als Kunstfotos. Hier stellt sich also die Frage für mich, was genau Du mit dieser Aufnahme eigentlich wolltest, denn für mich als Betrachter präsentiert sich ein kahles Badezimmer mit ländlichem Ausblick, und das ist erst einmal als Einzelaufnahme nicht besonders aufregend.

Für eine Landschaftsaufnahme ist, wie oben erwähnt, für mich nicht genug Landschaft im Bild. Das Badezimmer dominiert zu sehr, um nur als Rahmen herzuhalten.

Man kann es als visuelle Bestandsaufnahme sehen, so, wie in [amazon 3735602037]“Stillleben BRD“[/amazon] von Christian Werner. Auch diese Bilder waren für sich genommen auf den ersten Blick gewöhnlich, bekamen jedoch als Sammlung in einem Buch einen ganz anderen Stellenwert. In diesem Fall kann man es entweder einfach so lassen, oder man feilt noch an Farbsättigung, Kontrast und Helligkeit:

Vergleichsfoto

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Eine andere Herangehensweise wäre, sich auf die strengen Linien im Bild zu konzentrieren:

Vergleichsfoto

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Dann könnte man beispielsweise das daraus machen:

Vergleichsfoto

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Allerdings fällt bei näherem Hinsehen auf, dass die Aufnahme an den Rändern verzerrt ist, so dass die Linien alle anfangen, schief zu verlaufen:

Vergleichsfoto

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Das wäre auch bei einem Architekturbild ein Problem. Dennoch habe ich es entsprechend angeglichen, nur um auch diesen Vergleich zu bieten:

Vergleichsfoto

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Und zu guter Letzt noch Schwarzweiß:

Vergleichsfoto

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Der Grund für die vielen Bearbeitungsvarianten ist einfach: Du solltest Dir Gedanken machen, wo Du mit diesem Bild eigentlich hin willst, und wenn die Entscheidung getroffen ist, den entsprechenden Weg einschlagen und dann zu Ende gehen. So, wie das Foto sich jetzt präsentiert, hängt es irgendwo zwischen allen Stühlen.

Ich würde mich freuen, noch eine andere Variante dieser Aufnahme per Email oder in den Kommentaren zu sehen.

Wie seht Ihr das?

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