Fischerboote am frühen Morgen: Nicht alles eignet sich als Rahmen

Beim Einfassen oder „Einrahmen“ eines Bildgegenstandes sollte darauf geachtet werden, daß dieser Rahmen das Hauptmotiv unterstützt.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Rainer Sandermeier).

Kommentar des Fotografen:

Ein Sonntagmorgen in Tocopilla, eine kleine Hafenstadt im Norden Chiles. Die Ruhe und Stille wollte ich einfangen.

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Rainer Sandermeier:

Stimmung läßt sich in vielerlei Weise in einem Bild erzeugen. Lichtverhältnisse sind natürlich wichtig. Wie das Motiv eingefangen wurde. Das Zusammenspiel von allem. Wenn das Auge aber nirgendwo wirklich hingelenkt, oder sogar abgelenkt wird, tut das einem Foto Abbruch.

Was mir bei Deinem Foto ins Auge stach, waren die Farben, die ich sehr ansprechend fand.

Ich kann verstehen, daß es Dich gejuckt hat, die Boote, wie sie da so im Wasser lagen, mit der Kamera einzufangen. Leider hat das Foto einige Mängel, die man meines Erachtens hätte vermeiden können – insbesondere bei einem Motiv, das einem gewissermaßen nicht „wegläuft“. Bei einer Straßenszene bleibt oft nicht viel Zeit zum Überlegen, man muß draufhalten, sonst ist die Gelegenheit vorbei. Diese Boote lagen ungenutzt im Wasser, und Du hattest also Zeit, das Motiv in aller Ruhe zu erkunden.

Ohne den Rahmen.Hier hätte ich ein paar Dinge anders gemacht. Erstens einmal stört mich der Rahmen, weil er von den Booten ablenkt, die Du doch einfangen wolltest. Er dominiert das ganze Bild ohne wirklich etwas dazu beizutragen, und ich hätte ihn aus diesem Grund vollkommen weggelassen.

Weiterhin wäre ich näher an die Szene rangegangen. Momentan weiß ich nicht, worauf ich mich eigentlich konzentrieren soll. Das Foto ist mit einer Brennweite von 85 mm aufgenommen, und u.U. von einem Pier, jedenfalls aber vom Land aus. Das bringt nicht genug Detail ins Bild, die Boote sind so ins Bild hingestreut. Das kann man natürlich als absichtliches Stilelement einsetzen, aber selbst dann kommt man um durchdachte Komposition nicht herum.

Ein längeres Teleobjektiv hätte es Dir ermöglicht, etwa im Detail das eine Boot im Vordergrund abzulichten. Da mir nur Dein eingereichtes Bild zur Verfügung stand, habe ich es entsprechend beschnitten und den schwarzen Rand, der am oberen Bildrand übrig war, per Photoshop wegretouchiert.

Das Bild hat jetzt eine klarere Verteilung und konzentriert sich eindeutig auf etwas. Ich kann mich an dem leer daliegenden Boot erfreuen, ohne daß mich unnötige Details drumherum ablenken – oder etwa der schwarze Rahmen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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6 Kommentare
  1. Matthias
    Matthias sagte:

    Die Qualität der eingereichten Bilder wird immer ein Punkt sein, der die Attraktivität der präsentierenden Seite ausmacht. Aber was macht die Qualität aus? Die Bildidee, eingesetzte Stilmittel, oder das ‚Inspirationpotential‘? Oder eine technisch saubere Darstellung, die auch dem hier gezeigten Bild gut tun würde? Sollte man deswegen eine Kategorie für Anfänger einrichten, damit gezielter gesucht werden kann? Letzendlcih müssen die Betreiber eine gesunde Mischung finden, um für den interessant zu bleiben, der gehobene Ansprüche hat, als auch bei demjenigen Interesse zu wecken, der noch wenig Phtographie-Erfahrung hat und sich weiterentwickeln möchte. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, ein Patentrezept habe ich nicht.

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    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Ich denke, eine eigene Kategorie für Anfänger würde wahrscheinlich nicht viel bringen. Denn ganz ehrlich gesagt, für mich als Kritiker sind technisch perfekte Fotos an sich nicht unbedingt interessanter zu besprechen. Was aber MICH reizt, muß nicht unbedingt für andere Kritiker hier gelten.

      Wenn aber nur Anfänger ihre Bilder hier einreichen, und sich niemand groß an den Diskussionen dieser Bilder beteiligt, ändert das, wie Peter schon sagte, am Status Quo nichts. Die Leser machen ein Blog. Ansonsten stimme ich Dir voll und ganz zu, und Peter schrieb ja bereits, daß Dinge geplant seien.

  2. augi
    augi sagte:

    Ich nehem diese Aufnahme zum Anlass, mich für einmal grundsätzlich zu äussern. Der Fotograf möge mir dies verzeihen ;-)
    Vor kurzem wurde uns angekündigt, freitags jeweils „herausagende“ Aufnahmen zu besprechen. Nun stelle ich fest, dass nach einem kurzem Peak wiederholt Aufnahmen kritisiert werden, die dieses Attribut schlicht nicht verdienen. Als regelmässiger (und bis vor einiger Zeit auch begeisterter Leser) des Blogs langgweilige ich mich zunehmend. Ich begründe gerne warum: In der Sektion „Technik“ tut sich seit langem nichts mehr (letzter ernstzunehmender Eintrag datiert vom 25.10.09) / in der Sektion „Bearbeiten“ finden wir, datiert auf Februar, einen Link zu Fotoespresso. Seither Schweigen… /
    Ich könnte so weitermachen, lasse dies aber. Wo bleibt euer Feuer / euer Engagement von früher? fokussiert.com ist mir wichtig – also raus aus dem Dornröschenschlaf und überrascht uns wieder mal positiv! Es gäbe so viele spannende (…) Ausstellungen zu besprechen, Technikneuerungen kristisch zu beleuchten / etc.
    Den Kommentaren zu den Bildbesprechungen entnehme ich, dass sich hier ein wohlwollendes und interessiertes und anspruchsvolles Publikum trifft. Lasst uns nicht hängen! :-)

    Antworten
    • Swonkie
      Swonkie sagte:

      geht mir ähnlich.

      ich besuche fokussiert.com bloss für die pressebilder und die bildbesprechungen – wo ich speziell peter sennhausers kritiken sehr gut finde, aber sie bringen mir auch nur etwas wenn das besprochene bild einigermassen anspruchsvoll ist. immer wieder die gleichen anfängerfehler zu nennen hilft ja auch nicht viel. als anfänger kann man prima das grosse archiv an bildbesprechungen durchgehen und extrem viel lernen.

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Hallo alle

      Ja, dies ist nicht der ideale Platz, um das zu diskutieren – ich werde deshalb in einem Posting in den nächsten Tagen darauf zurückkommen (und wohl einiges von dem, was ich jetzt sage, wiederholen).

      Wir wissen, was Ihr meint. Aber Feuer und Engagement sind leider nicht die einzigen Dinge, die ein aufwändiges Blog wie dieses voraussetzt. Es braucht auch Autoren, Zeit, Geld, Diskussionslust und Teilnahme der Leserschaft, Sponsoren, Werbekunden, Zugang zu Themen und die Unterstützung von Veranstaltern und Fotokonzernen.

      fokussiert.com ist ein grosser Erfolg, aber das Konzept ist etwas breit und die Mittel sind beschränkt – Kameratechnik und Bildbearbeitung wären eigentlich Themen für eigene Blogs, und es gibt viele, welche diese Themen behandeln, manche deutlich besser als wir das könnten. Wir wollten sie aber in einem bewältigbaren Masse und passend zur künstlerischen Ausrichtung von fokussiert.com hier dabei haben. Und wir haben diese Themen konsequenterweise immer dann etwas zurückgefahren, wenn wir neue Projekte und grosse Aufwändungen durchkriegen mussten, weil wir die Ressourcen vor allem auf den Kern – die Bildkritik – setzen wollten.

      Die Kritiken und die Kritiker arbeiten mit dem, was wir vom Publikum kriegen. Ich finde nicht, dass es die immer gleichen Anfängerfehler sind oder zu wenig tolle Aufnahmen, die besprochen werden – vergangene Woche waren sicherlich mindestens drei aussergewöhnliche Bilder vorhanden – aber es scheint ein bisschen, als ob sehr weit fortgeschrittene Fotografinnen und Fotografen uns Ihre Werke eher selten einreichen. Nichts desto trotz: Wir bemühen uns, Kritiken zu verfassen, die über klassische Kompositionsregeln hinausgehen. Dass dabei nicht alles für jeden und jede individuell interessant ist, liegt in der Natur der Sache.

      Wir haben viele Pläne und Verbesserungen vor, aber wir können nicht alles gleichzeitig machen, und um es zu stemmen, müssen wir gelegentlich – auch über längere Phasen – Prioritäten setzen.

      Einige der anstehenden Projekte: Mehr und bessere Kategorien für die Bildkritik, mehr Bildbearbeitungsthemen auch von Gastautoren, Kamera-Kauf-Hilfe, thematisch pointierte Serien, deutlicher Ausbau der Twitter-Tätigkeit über die Artikelhinweise hinaus, regelmässige Verweise auf spannende andere Blogs, Fotografen und Projekte, Wiederaufnahme der Foto-Magazin-Kritik, etc.

      All das muss konzipiert, angeleiert und mit Ressourcen ausgestattet werden, einiges braucht technische Anpassungen, und alles kostet Zeit und Geld.

      Du fragst, wie Ihr uns helfen könnt? ;-)

      Nun, mit Diskussionsbeiträgen, aktiver Beteiligung, regelmässigen Besuchen auf der Website (statt nur im Feed), Klicks und Käufe bei unsern Sponsoren, dem Einreichen von tollen Bildern in der Fotokritik und – nicht mal so sehr wegen der Finanzen, sondern auch als Motivationsschub – flattr-Punkten. (Ich kann’s mir nicht verkneifen: das Schwesterblog netzwertig.com hat zwar vielleicht dreimal so viele Leser wie fokussiert.com, erhält aber das Zwanzigfache an flattr-Klicks.)

      Wir lassen Euch nicht hängen, wir freuen uns über jeden neuen Abonnenten und jede Leserin, über jedes eingereichte Bild, jeden Kommentar und jeden Widerspruch, über flattr-Punkte und E-Mails, die uns loben oder mit uns schimpfen. Und je mehr Zuspruch wir haben, je mehr Sponsoren und Werbekunden zufrieden sind, desto mehr Mittel können wir in diese Inhalte stecken, die wir leidenschaftlich gern erstellen.

      Wir bleiben dran.

  3. Matthias
    Matthias sagte:

    Ich sehe das etwas anders. Das Motiv ‚Fischerboote im Hafen‘ ist in diversen Variationen veröffentlicht worden. Da muss man sich was einfallen lassen, um noch Interesse an diesem doch leicht ausgereizten Motiv zu wecken. Daher finde ich, der Rahmen macht das Bild erst interessant. Und statt einem Tele hätte ich vielleicht versucht, mit einem Weitwinkel den Rahmen komplett auf das Bild zu bekommen….

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