Florian Böhm – Wait For Walk: Der urbane Stillstand

Florian Böhm dokumentiert Menschen in Warteposition: An der roten Ampel. Zu sehen im Münchner Fotomuseum.

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Wo findet man in einer Großstadt wie New York Menschen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten auf einem Platz? Auf der Straße. Wo aber begegnen sie einem in völligem Stillstand, bunt gemischt, losgelöst von ihrer normalen Umgebung und gänzlich unbeobachtet?

Es gibt nur wenige Orte, an denen die Menschen so bunt gewürfelt und trotzdem so bei sich sind wie beim Warten auf das grüne Licht der Ampel. Alle paar Minuten friert die Bewegung ein, der Puls der Großstadt wird unterbrochen und die Fußgänger werden zum Stehenbleiben gezwungen, der Rhythmus des Verkehrs gibt den Takt vor und erschafft zufällige Konstellationen und Gruppen.

Genau diesen Moment hat Florian Böhm jetzt in seinem umfangreichen Zyklus „Wait for Walk“ eingefangen, der vom 25. Januar bis zum 23. März 2008 im Münchner Stadtmuseum ausgestellt wird.

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Die Bedingungen für die Entstehung der großflächigen Fotografien hat Böhm dabei klar definiert: So war er mit seiner Kamera für die Passanten nicht sichtbar; die Bilder konzentrieren sich auf die Menschen – Autos, Schilder und Gebäude sollen allenfalls Umgebung, aber niemals Motiv sein. So entstanden Fotos, die der „versteckten Kamera“ nicht unähnlich sind. Sie beobachten und dokumentieren Menschen die sich unbeobachtet fühlen, die verschiedenste Reaktionen und Verhaltensweisen bei ein und der selben Tätigkeit zeigen: Dem Warten.

Bei seiner Arbeit stieß der Künstler Böhm auf Schwierigkeiten, mit denen er selbst nicht gerechnet hätte:

„Die Menschen bleiben meist nicht an der Ampel stehen, wenn sie rot ist, sondern laufen weiter bis Autos vorbeifahren und sie davon zurückhalten“

Mit dem fotografieren des Wartens portraitiert Böhm eine der häufigsten Tätigkeiten unserer Zeit. Denn obwohl unsere Welt immer schneller wird, verbringen wir einen Großteil unserer Lebenszeit mit Warten. Diese Momente sind Ruhepausen, eine erzwungene Verlangsamung der schnellen Zeit in der wir leben und ein oftmals willkommener Moment um innezuhalten, zu pausieren, zu reflektieren.

 

Florian Böhm, geboren 1969, lebt und arbeitet in München und New York. Seite Arbeiten wurden schon in zahlreichen internationalen Ausstellungen präsentiert. Neben seiner Arbeit als Fotograf ist er als Herausgeber und Autor tätig und außerdem Mitbegründer des Projekts „Endcommercial/Reading the City“, einer Dokumentation des modernen Großstadtlebens, das weltweit hochgelobt wurde.

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Mit „Wait for Walk“ präsentiert Florian Böhm einen hochinteressanten Zyklus, der in seinen scheinbaren Schnappschüssen einen Querschnitt der Bevölkerung der westlichen Welt dokumentiert. Auch ist seine Arbeit ein Zeitdokument, das Mode, Konsum (man denke nur an die vielen prall gefüllten Einkaufstüten seiner Protagonisten) und Zeitgeist für die Nachwelt konserviert.

Parallel zur Ausstellung im Münchner Fotomuseum zeigt die Galerie f 5,6 in München ab Februar weitere Arbeiten von Florian Böhm.

Florian Böhm
Wait for Walk

bis zum 23. März 2008 im
Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum

Galerie f 5,6

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