Fotografisches Knowhow: Lernen durch Kritik

© Carsten Schröder

© Carsten Schröder

Ob ein Bild im Auge des Betrachters für gut oder weniger gut empfunden wird, hängt von verschiedensten Faktoren ab, auf die hier im Rahmen der Bildkritiken auf fokussiert.com ja sehr oft eingegangen wird.

Was ist überhaupt eine Kritik? Dem Wort lastet in irgendeiner, zu unrechter Weise, ein negativer Touch an.

Bei unseren Bildkritiken geht es um konstruktive Kritik, also die Art Kritik, die man sich anhört/liest, vielleicht auch selbstreflektierend liest, und dann bei den nächsten Aufnahmen evtl. mit in die Fotografie einfließen lassen kann. Kann, nicht muss.

Und das ist aus meiner Erfahrung raus mit unzähligen Bildbesprechungen in meinen Fotokursen ein Fazit: Nicht jeder Fotograf ist kritikfähig, wenn es um seine eigenen Fotos geht. Aber auch nicht jede Kritik ist ein MUSS in der Umsetzung.

Es geht eher um Vorschläge und Anregungen, seine eigenen Bilder entweder gleich anders zu fotografieren (Perspektive, Standort etc.), aber auch darum evtl. durch mehr oder weniger Bildbearbeitung (Bildaufbau, Farben und Kontraste) mehr aus seinem Bild herauszuholen, oder aber es auf den Punkt zu bringen, und aus den Besprechungen anderer Fotografen seinen eigenen Horizont zu erweitern.

„Der Fotograf hat das so gewollt“ ist dabei ein häufig genannter Satz, wenn man ausdrücken möchte, keine Kritik entgegennehmen zu wollen.

Ich gehe davon aus, dass diejenigen, die Bilder hier in fokussiert.com eingereicht haben auch eine Bildbesprechung/Bildkritik über ihre Werke hören/lesen wollen. Das ist schon mal der erste gute Ansatz, sich offen eventuell anderer Meinungen zu stellen.

Ich möchte verschiedene Formen der Kritik an eigenen Bildern aufzeigen.

Selbsteinschätzung/Selbstkritik

Nimm dir selbst Zeit zum Betrachten deines Bildes. Dass es dir gefällt ist selbstredend, ansonsten hättest du es ja nicht fotografiert!

Aber:

  • Was gefällt dir nicht?
  • Gibt es auffällige Störungen, die vom eigentlichen Motiv ablenken?
  • Wäre dein Foto besser in Schwarzweiß, weil vielleicht die Farbe stört?
  • Hätte ich einen anderen Aufnahmestandpunkt (z.B. Bodenperspektive) suchen sollen um mein Motiv besser wirken zu lassen?

Unter diesen Betrachtungspunkten kommen folgende Fragen auf:

  • Habe ich meine Ideen so umgesetzt, wie ich es im Bild zeigen wollte?
  • Gestalte ich mein Bild bewusst?
  • Wie kann ich Schwächen angehen?
  • Verstehe und beherrsche ich meine Ausrüstung?

Und letztendlich: Bin ich zufrieden mit meinen Bildern? Wenn nicht, warum nicht?

Wenn doch, komme ich zu Punkt 2.

Kritik von Freunden und Familie

Gute Freunde (Nichtfotografen) reagieren oft spontan auf den Inhalt deines Bildes!

Das heißt, dass der Inhalt eventuell anspricht, aber gestalterische oder technische Mängel gar nicht wahrgenommen werden.

  • Sachliche, konstruktive Kritik ist positiv aufzunehmen, das muss man aber erst lernen! Da kann ich mich aus meinen Anfangsjahren in der Wettbewerbsfotografie auch nicht ausnehmen!
  • Oft hörte ich schon, dass Communitymitglieder ihre „Freunde“ aus ihrer Freundesliste löschten, weil eine Kritik unter ihrem Bild gepostet war, die nicht negativ, sondern konstruktiv geschrieben wurde.
  • Auch ein gegenseitiges lobhudeln in Foto-Communities wie „schönes Bild“ „Toll“ „Du machst tolle Bilder“ etc., ist nicht unbedingt konstruktiv.
  • Ausnahmen bestätigen die Regel, aber ich denke, dass die meisten Familienmitglieder und Freunde eher schmeichelnde Worte zu deinem Bild äußern. Eine konstruktive Kritik ist oft nicht möglich, und „Dein Bild ist schön!“, ist nicht konstruktiv!

Kritik von Profis

  • Herausragende Bilder sollte man „Profis“ zeigen. Oft sehen sie Dinge, die einem selbst gar nicht aufgefallen wären.
  • Dies kann u.a. in Fotoclubs sein, oder aber auch natürlich hier in fokussiert.com
  • Eine diesbezügliche Kritik kann einen Fotografen auf seinen fotografischen Weg voran bringen.

Wettbewerbe

Wenn man Spaß an Wettbewerben hat, kann man seine Bilder zu einem  (vom Thema passenden) Wettbewerb einreichen.

  • Allein die Auswahl eines passenden Motivs ist eine Herausforderung. Erst danach kommt die Qualität des Bildes bezüglich Motiv und Bildausarbeitung hinzu.
  • Nicht jeder Teilnehmer kann einen Preis gewinnen, aber die Teilnahme soll Freude bereiten, sich auch mal mit anderen Fotografen zu messen.
  • Die Jury entscheidet und die Entscheidungen können variieren. Ein Foto, das (grundlegend gut ist) in einem Wettbewerb eine Medaille bekam, kann in einem anderen Wettbewerb vielleicht noch nicht einmal eine Annahme erreichen. Das ist einfach so, und davon darf man sich auch nicht entmutigen lassen, da viele Faktoren dabei eine Rolle spielen.

Am Wichtigsten aber ist, dass der Fotograf zu seinem Bild steht.

Es gibt einige wenige Wettbewerbe mit Feedback (z.B. fotogen.de), die man zumindest in der Anfangszeit nutzen sollte.

Üben, üben, üben

Will man nicht auf seinem Niveau stehen bleiben, sondern dazulernen, dann sollte man Kritik aufnehmen und konstruktiv umsetzen!

Eine Teilnahme an Workshops und Schulungen unterstützen einen bei dieser Zielsetzung.

„Lernen durch betrachten“, ist eines meiner Ziele, welches ich gerne vermitteln möchte.

Das bedeutet:

Besucht Ausstellungen, betrachtet Bilder aus Communities (z.B. Fotocommunity, fotoforum etc.), schaut euch Wettbewerbsbilder (Kataloge etc) anderer Fotografen an.

Auch fotofremde Ausstellungen, also Kunstausstellungen (Malerei) können euren Horizont erweitern.

Geht doch mal in euch und betrachtet euer nächstes gelungenes Foto unter obigen Gesichtspunkten. Seid mutig und reicht es mal hier in fokussiert.com ein. Vielleicht wird es ausgewählt und konstruktiv besprochen.

Mein Beitragsbild hier zeigt ein paar Mängel, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, aber trotzdem finde ich es gut genug es euch hier zu zeigen.

Ich freue mich schon auf die Diskussion dieses Artikels.

30 Kommentare
  1. Carsten Schröder
    Carsten Schröder sagte:

    Danke Stefan für deine Bildbesprechung, die mir aus der Seele spricht!

    Manchmal ist man blind, was eigene Bilder betrifft! Die CA ist mir bisher so nicht aufgefallen, was mich selbst verwundert, aber jetzt, da mich auch jemand drauf aufmerksam machte, fällt mir sie immer wieder sofort ins Auge, wenn ich das Bild betrachte. Dies habe ich jetzt in meinem Bild entfernt, was in Lr nur ein Tastenklick bedeutet.
    Die Schiefe im Bild und Helligkeitsverteilung werde ich hingegen lassen, da sie für MICH zur Bildstimmung beiträgt.
    Das Schlechte Stempeln: na ja, ich sollte es besser können :-)

    Den Pulitzer Preis möchte ich damit nicht gewinnen, ich habe in der vorangegangenen Diskussion ja auch schon von „Herzblutbildern“ geschrieben, und dies ist eines meiner Bilder davon.
    Das Motiv spricht mich an, die Bildstimmung (in Farbe) finde ich wunderbar und es ist kein Bild, dass ich löschen werde. Im Gegenteil. Es gefällt mir sogar so gut, dass ich es in meiner Diashow als Bildschirmhintergrund an meinem Rechner ausgewählt habe, nicht seit heute, sondern schon seit ein paar Wochen.

    In der Diskussion möchte ich auch nochmal aufgreifen, dass persönliche Geschmäcker mit in eine Bildbewertung einfließen, wovon man sich auch als Juror bzw. Bildbesprecher nicht ganz frei machen kann.

    In den letzte Jahren habe ich festgestellt, dass ich einige Bilder, auch in Ausstellungen zeige, die stark polarisieren. Das ist auch gut so.
    Ganz weit hergeholt sage ich mit einem lächeln auf den Lippen: „Kunst ist Kunst, wenn man darüber spricht!“

    Danke für eure anregenden Diskussionen.

    Antworten
  2. Stefan Jeschke
    Stefan Jeschke sagte:

    Ich haette auch gern eine ausfuehrlichere Kritik zum Bild geschrieben, finde aber leider in naechster Zeit keine Zeit hierfuer, daher hier in aller Kuerze meine 2 cents:

    Inhaltlich:
    Die Szene zeigt 3 relativ geschmackvoll gekleidete aeltere Herschaften beim ueberqueren einer Strasse. Das Bild stammt eindeutig nicht aus Deutschland sondern ist eher im suedlichen Europa anzusiedeln. Optisch fesselnd sind hier vor allem die Farben (blau vs. rot). Inhaltlich interessant ist hier die Frage, wohin es aeltere Partie treiben wird: links weiter (wie durchs Foto suggeriert) oder doch rechts aus dem Bild hinaus. Das bleibt hier wunderbar unklar. Aeltere Menschen sind generell interessant abzubilden, gerade wenn sie mit einer gewissen Wuerde dahinschreiten so wie in diesem Bild. Da von hinten, sieht man leider hier keine Gesichter welche noch interessanter sein koennen. Die Gestiken und Kleidung suggeriert aber den Kampf mit der Sonne/Helligkeit. Insofern erzaehlt mir das Bild schon einiges. Die Geschichte reicht in meinen Augen zwar nicht fuer eine Pulitzer Preis, aber es ist eine kleine nette Episode im Leben dieser aelteren Herrschaften. Insofern danke fuers zeigen, ich haette das Bild sicher auch nicht geloescht.

    Technische Aspekte:
    Die heftigen CAs in den Schienen sind mir schon in der Vorschau aufgefallen und stoeren mich hier, da sie durch ihre Andersfarbigkeit ziemlich ablenken. Die wirklich nicht gerade gute Stempelung unten links stoert mich auch. Dass der Mann nicht scharf ist stoert mich hier hingegen gar nicht, es gibt an ihm ohnehin keine interessanten Details und seine Koerperhaltung ist lesbar und reicht mir hier fuer die Bildaussage. Abgeblended haette ich hier aber auch nicht da die unscharfe Strasse/Fassade links die Unsicherheit, wohin die Reise gehen wird, unterstreicht.
    Die Bildgestaltung finde ich gelungen, mein Blick wandert genuesslich zwischen der linken Bildhaelfte (die den Blick im Bogen entlang der Fassade/Blumen etc. fuehrt) und den Personen hin und her. Der helle Bereich links erzaehlt vom Problem der sehr hellen Sonne, mit der die Menschen im Bild ja zu kaempfen haben. Insofern ist er fuer mich hier kein Fehler sondern ein Feature.

    Das mal in aller Kuerze von einem Outsider, der noch nie selbst ein „Strassenfoto“ aufgenommen hat. Ich habe versucht, die technischen Kritikpunkte jeweils an meiner persoenlich gefundenen Bildaussage zu begruenden, was ich als sehr sinnvoll/hilfreich erachte da sie sowohl dem Anfanger als auch dem Profi hilft. Es geht mir also nicht um Regeln per se, sondern um Begruendungen fuer die persoenliche Lesart. Auch braucht es in meinen Augen keine explizite „Bewertung“ (obwohl ichs oben getan habe), ich erzaehlte einfach wie ich das Bild persoenlich reflektierte.

    Viele Gruesse,
    Stefan

    Antworten
  3. dierk
    dierk sagte:

    Wie schon geschrieben: ich sehe eine Straße, über die 3 Menschen gehen, sie sind von hinten zu sehen (wie mir oft bei street auffällt), es könnten Touristen sein. Das Licht ist sehr ungünstig. Das ist schon angesprochen worden.
    Dazu kommt jetzt bei der Vergrößerung das sehr deutliche CA (z.B. bei den Schienen) und, was besonders unangenehm auffällt, die Manipulation in der Ecke links unten. Da sind die Schienen einfach zu schlecht bearbeitet/gestempelt worden!

    Wenn ich ein Bild ansehe mit so vielen technischen Unzulänglichkeiten, kann ich diese nicht einfach ausblenden. Besonders, wenn ich die beabsichtigte Aussage nicht verstehe.

    Hier wurde nicht nur von Carsten mehrfach ausgedrückt, dass das Bild gefällt. Ich würde mir gerne mal erklären lassen, wie dieses Bild zu verstehen ist. Das ist eine ernst gemeinte Frage z.B. an Carsten??

    Ich habe einmal in älteren Beiträgen nach street gesucht und diese hier z.B. gefunden, die ich absolut super finde:

    Dame mit Hündchen: http://fokussiert.com/2013/12/18/entwurf-leserfoto-dame-mit-huendchen-struktur-und-negativer-raum/

    Visualisierung von Bewegung und Übergang: http://fokussiert.com/2014/03/25/leserfoto-visualisierung-von-bewegung-und-uebergang/

    Übersichtliche Form, abgründiger Inhalt: http://fokussiert.com/2013/10/15/leserfoto-uebersichtliche-form-abgruendiger-inhalt/

    Struktur und Negativer Raum: http://fokussiert.com/2013/12/18/entwurf-leserfoto-dame-mit-huendchen-struktur-und-negativer-raum/

    und für street shooter in Deutschland beim Spiegel
    Wen und was man knipsen darf – und was nicht: http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/strassenfotografie-rechtsfragen-wen-man-knipsen-darf-a-1016555.html

    VG
    dierk

    Antworten
  4. dierk
    dierk sagte:

    Hallo Carsten,
    da hast du eine große Sammlung zu dem Thema zusammen getragen!
    Es ist erstaunlich, dass alle Kommentare auf den Text eingehen, aber keiner auf dein Bild.

    Ich versuche es mal mit deinen Kriterien:
    du schreibst dazu:
    „Mein Beitragsbild hier zeigt ein paar Mängel, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, aber trotzdem finde ich es gut genug es euch hier zu zeigen.“

    Was gefällt dir nicht?
    Street ist selten etwas für mich, deshalb bin ich vielleicht nicht der Richtige für Kommentare?
    Hier sind drei Menschen von hinten beim überqueren der Straße zu sehen, es sieht fast aus, als wenn sie gegen den Wind von links ankämpfen.

    Du schreibst im Text:
    „Dass es dir gefällt ist selbstredend, ansonsten hättest du es ja nicht fotografiert!“
    mich würde sehr interessieren, warum du gerade dieses Bild hier ausgewählt hast?
    du schreibst zu dem Bild unten „gut genug“? Ich frage mich, warum du kein Bild genommen hast, dass du ohne Einschränkungen gut findest?

    Ich hätte dieses Bild nicht gemacht und es wäre mir auch nicht besonders in einem Forum aufgefallen.

    Gibt es auffällige Störungen, die vom eigentlichen Motiv ablenken?
    * das Bild kippt im Gesamteindruck nach rechts, auch wenn die die Hausecke in der Mitte fast senkrecht zu stehen scheint
    * der Gehweg links ist zu hell, um nicht zu sagen, überbelichtet
    * der Mann ist bei f/1.8 schon aus dem DOF Bereich
    * das Rote auf dem Gehweg links

    Wäre dein Foto besser in Schwarzweiß, weil vielleicht die Farbe stört?
    es wäre glaube ich nicht besser, aber das liegt wohl daran, dass ich es gar nicht gemacht hätte

    Hätte ich einen anderen Aufnahmestandpunkt (z.B. Bodenperspektive) suchen sollen um mein Motiv besser wirken zu lassen?
    na.

    VG
    dierk

    Antworten
    • Carsten Schröder
      Carsten Schröder sagte:

      Danke. Jemandem ist mein Bild aufgefallen :-)
      Es ist ein Streetbild, aber die Schärfe sitzt nicht richtig, was mich persönlich stört.
      Ja, es hat sehr helle Stellen, es kippt nicht, da das Haus selbst schief ist. Aufgenommen in Lissabon zur Mittagszeit. Ja, ich weiß, zu so einer Zeit fotografiert man nicht!, aber: Die Personen gingen halt zu dieser Zeit über die Strasse! Wären die ausgefressenen Stellen nicht ausgefressen, würde das Bild an Flair und Atmosphäre verlieren, das habe ich ausprobiert.
      Schwarzweiß: Ja, zu Street passt (normalerweise) eher SW, aber MIR gefiel die ganze Farbgebung so gut. In SW würde das Bild weniger wirken.
      Kein Bild, dass etwas reissen kann, aber eine Streetaufnahme, wie sie MIR gefällt.
      Ich empfinde und denke, dass dieses Bild der Kategorie „Street“ genau entspricht. Nicht FineArt. Das macht den Unterschied:
      Warum habe ich es fotografiert? Weil mich die Situation der drei Personen, die sich vor der Sonne schützen, ansprach.
      Eine andere Perspektive? Vielleicht, wobei ich aber denke, dass sich dabei die Aussage nicht verändern wird. Zudem ist dies ein „einmaliges“ Motiv, d.h. vom Erkennen der Situation und drücken des Auslösers blieb nicht viel Zeit. Also kam dieses Bild raus und nicht ein anderes, vielleicht schärferes.
      Ein Streetfoto: eine alltäglichen Situation, spontan, unbearbeitet (nur etwas beschnitten) und (nicht) perfekt.
      Und genau deshalb habe ich dieses Bild ausgewählt.

    • Mark Piontek
      Mark Piontek sagte:

      Das Streetfoto aus Lissabon könnte ein ganz tolles Bild sein, wenn es scharf wäre.

      Mich stört die Unschärfe im Bild so sehr, dass ich es unter „starkes Bild gesehen, leider im Moment der Aufnahme durch eine kleine Unachtsamkeit versemmelt“ abheften würde. Das passiert eben manchmal, etwas beruhigend finde ich dass es nicht nur mir passiert.

    • dierk
      dierk sagte:

      Hi Carsten,
      Du sagst:
      „Ja, es hat sehr helle Stellen, es kippt nicht, da das Haus selbst schief ist.“
      Es geht mir nicht ums Recht haben, aber ich wollte es nun wissen und habe mir daraufhin das Bild noch einmal genau vorgenommen, es ist schief! :-))
      Einzig der Pfosten in der Bildmitte ist senkrecht, die Hausecke dahinter kippt nach rechts ebenso wie das restliche Gebäude dahinter (z.B. das helle Regenrohr). LR macht es automatisch korrekt gerade, aber die Leute bleiben natürlich „windschief“. Der zu helle Gehsteig lässt sich sogar aus diesem JPG in LR problemlos so abdunkeln, dass es nicht mehr stört.

      Du schreibst unten in einem Kommentar:
      „Die Schwierigkeit der Aufnahmesituation kann deshalb auch nicht in eine Kritik/Bewertung mit einfließen. “
      Sicher ist 15 Uhr keine ideale Zeit, und wenn man dann ein Bild macht, müsste die Zeit und Sonnenstand wirklich keine Rolle spielen oder kreativ mit einbezogen werden. Wenn ich mir die Street Bilder von Ming Thein ansehe, erkennt man, dass er das Licht gesehen/gesucht hat und dann darauf gewartet hat, dass etwas passiert, z.B. eine Person durch das Bild läuft.

      Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass das Bild bei dir nur 2 Sterne hat? Mehr hätte es bei mir auch kaum.

      Ich habe mir viele Bilder in deiner Galerie angesehen. Es sind fantastische Bilder dabei!! Ich finde keins, welches mir weniger gefällt :-(

      @Mark,
      auf dem Straßenpflaster ist zu sehen, dass die beiden linken Personen sich im DOF befinden, bei 1/200 mit dem 85mm sollte es auch nicht verwackelt sein. Ich sehe jedenfalls keine Bewegungsunschärfe.

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Zunächst: Entschuldigung, dass das Bild nicht klickbar war. jetzt kann man es vergrössern. Dann: Ich stimme Dierk zu, das Bild kippt rund 3 Grad nach rechts. Ich finde das relevant, weil die Verkippung häufig eine eigenartige Fremdheit in Fotos bringt, die man sich zunächst nicht erklären kann. Deshalb weise ich auch immer darauf hin.
      Als Angelpunkt könnte man (und Lightroom nimmt bestimmt auch diese Linien) die Gebäudekanten nehmen. In Städten, und vor allem in Altstädten, sind aber keineswegs alle Vertikalen Linien im Lot oder auch nur gerade (bei uns in Basel gibt’s in der Altstadt aus dem 14. Jahrhundert keine einzige gerade Linie). Was aber auch der Betrachter als schief wahrnimmt, sind die Personen: Nur wenige Menschen neigen beim Gehen den Oberkörper seitwärts, das ist auch physikalisch nicht sinnvoll. Und wenn, dann müsste es in die anderer Richtung gehen: Die beiden nach rechts gekippten Frauen im Bild haben beide ihr Gewicht soeben auf das linke Bein verlagert und machen mit dem rechten einen Schritt vorwärts. Dabei können sie unmöglich mit der Hauptmasse des Körpers rechts von der Mittelachse sein – probiert mal aus, mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne zu machen und dabei den Körper nach rechts zu neigen. Ich behaupte, weil wir das unbewusst sofort begreifen, wirkt das verkippte Bild eigenartig.

    • Carsten Schröder
      Carsten Schröder sagte:

      mir geht’s nicht ums Recht haben oder nicht. Das Bild habe ich bewußt ausgesucht, da es Mängel hat, aber mir trotzdem gut gefällt. Zwei Sterne bedeuten da nichts, da ich in meiner eigenen Bewertung der Bilder rigoros streng bleibe. Vier und sogar fünf Sterne sind sehr selten (und zukunftsorientiert) und zwei/drei Sterne liegen in meiner Skala schon weiter oben!
      In meinem alten Fotoclub habe ich mal einen Abend pro Monat mit „Herzblutbildern“ eingeführt, d.h. Bilder abseits des Wettbewerbs, aber Bilder, die ich trotzdem gerne fotografiert habe und auch mal zeigen möchte. Zu meinen „Farben“ zählen auch ausgebrannte Lichter und abgesoffene Schwärzen, wenn denn diese Stellen keinerlei Relevanz haben und zur Bildstimmung beitragen.
      Das kippen kann man leicht beheben, hat mich persönlich bisher nicht störte, aber eher die Unschärfe. Wie gesagt, es war eher ein Schnappschuß, als dass ich bewußt an diesem Zebrastreifen auf Personen gewartet hätte, was ich, wenn ich Sachen Street unterwegs bin, auch mal gerne mache.

    • Michael Gündling
      Michael Gündling sagte:

      Danke Carsten für Deinen sehr hilfreichen Artikel. Das Bild illustriert sehr gut was Du meinst. Ich finde letztendlich entwickelt man sich fotografisch wirklich nur durch konstruktive Kritik weiter. Und am Hilfreichsten ist natürlich eine dialogische Form der Kritik, die Kommunikation, in der der Fotograf seine Intensionen mitteilt. Und dann steht auf dem Prüfstand, ob das Bild diese Intension erfüllt, und ob es nicht sogar weitere Aspekte enthält, die der Erzeuger noch gar nicht gesehen hat (Das ist unter Anderem das Spannende an der Fotografie)

      Mich z.B. stören die Fehler in Deinem Bild nicht, im Gegenteil, die Mängel sind seine Stärke! Es ist ein Street. Und „Streets“ leben vor allem von der Illusion der Spontanität, die Qualität des Motivs und der Komposition muss sozusagen alle technischen Mängel schlagen. Dein Bild lebt von der falschen Schärfe, vom leichten Kippen, vom Spontanen. Denn das Motiv ist wunderschön, vor allem haben mich hier die Farben angezogen (Hauswand contra blauer Pullover, bzw. die blaue Tasche).

  5. kirsten heinrich
    kirsten heinrich sagte:

    prinzipiell bin ich bei Dir, Carsten! Ich höre/lese die Besprechung meines Bildes und freue mich, das kann mich weiterbringen. Aber den Aspekt der Kritik von Freunden und Familie sehe ich anders: Ich kenne einige „Nichtfotografen“ die mir spontan sagen, ob ihnen ein Bild gefällt oder nicht, und die auch sehr gut begründen, was ihnen gefällt und was nicht. Das sind für mich sehr interessante Aspekte, von Personen, die einen anderen Tellerrand haben ;-)

    Antworten
    • Carsten Schröder
      Carsten Schröder sagte:

      Hallo Kirsten, die Erfahrung Freunde/Familie habe ich persönlich erfahren und auch bei Teilnehmern meiner Fotokurse oft gehört. Lese mal die Bildkommentare bei der Fotocommunity etc. Meist steht da „schönes Bild“ „Toll gemacht“. Eine reelle eigene Meinung zu äußern trauen sich die wenigsten. Ich selbst schreibe meist auch dann einen pers. Kommentar (nur an den Autor), und auch nur, wenn ich ihn kenne und weiß, dass er aufgeschlossen gegenüber konstruktiver Kritik ist. Insgesamt ist das Thema „Bildkritik“ immer ein heißes Eisen, wie auch die Diskussion hier zeigt.
      VG, Carsten

    • kirsten heinrich
      kirsten heinrich sagte:

      Hallo Carsten,
      ich meine auf keinen fall die fc oder sonstigen kommentare – davon versuche ich mich fern zu halten ;-) oder die mutter, die die bilder ihrer kinder toll findet….
      ich habe tatsächlich einige leute im bekanntenkreis, die bilder anschauen, und dann begründen können, warum ihnen ein bild gefällt. das sind für mich wertvolle rückmeldungen, weil fundiert, aber nur wahrnehmung, nicht fotografen-denkbahnen.
      deine aussage des persönlichen kommentars schätze ich übrigens gar nicht – so wird sich das nie ändern mit der oberflächlichkeit!
      (als ich in der fc angefangen habe, war ich oft ratlos, warum so viele leute ein bild toll finden, aber nur selten etwas da stand, woraus ich lernen konnte)

    • Carsten Schröder
      Carsten Schröder sagte:

      Ich freue mich für dich, dass du so tolle Bekannte hast. Bei mir funktioniert das überwiegend nur im Fotografenbereich.
      Dass ich oft eher einen persönlichen Kommentar schreibe hängt von der Plattform (fc) und vom Fotografen ab. Selbst wenn sie gegenüber konstr. Kritiken aufgeschlossen sind denken die meisten, dass ein solcher Kommentar einen negativen Beigeschmack hinterläßt.

  6. Carsten Schröder
    Carsten Schröder sagte:

    Zitat: „Es sind letztlich so extrem viele Einflüsse im Kontext vorhanden und dem Bildbetrachter meist nicht bekannt, dass ich mich bei Bildbesprechungen oft frage, in wie weit die Kritik wirklich gerechtfertigt ist. Jedoch auch, in wie weit sie übertrieben skaliert ist.“

    Bildbesprechungen können auf jeder fotografischen „Stufe“ stattfinden und geben die Meinung des Betrachters bzw. Bildbesprechers wieder. Die „Kritik“ sollte schon einem Bild bzw. dessen Verwendungszweck angepasst sein. Nicht jeder, der eine konstruktive Kritik wünscht, möchte dieses Bild auch ausstellen. Selbst dann kommt es auf die Art der Ausstellung an.
    Bestenfalls sollte die Bildbesprechung in einer Diskussion mit dem Bildautor stattfinden um ewaige Fragen klären zu können. Manches mal hängen auch persönliche Empfindungen hinter den Bildern, die allerdings bei einer neutralen Besprechung außer Acht gelassen werden müssten, es sei denn, dass es gerade z.B. in einer Serie um diese Empfindungen geht.

    Wie oft habe ich bei Vernissagen von Fotosalons gehört: „Das Bild hätte eine Medaille bekommen sollen. Das war doch so schwer zu fotografieren… Ich verstehe das nicht….“ Als Bildbetrachter kann ich, mit Ausnahmen, nur das Bild als Bild besprechen. Die Schwierigkeit der Aufnahmesituation kann deshalb auch nicht in eine Kritik/Bewertung mit einfließen.

    Ich selbst habe auch schon interessante Diskussionen mit namhaften Fotografen geführt, die nicht ins Leere liefen, sondern beiderseits lehrreich waren.

    Eine Bildbesprechung sollte als Meinung eines Außenstehenden aufgefasst werden.
    Und ich wiederhole mich mit der Aussage: Eine Bildkritik kann, muss aber nicht angenommen werden. Sie nutzt aber um den eigenen Horizont zu erweitern.

    Antworten
  7. fherb
    fherb sagte:

    Die Bilder in den Bildbesprechungen sind hier extrem in Qualität und Erfahrung des Fotografen gespreizt. Ich kann mich noch an ein „Rotkäppchen“ erinnern, dass Sofie besprochen hat und ein absoluter Anfängerschnappschuß war, aber auch -und vor allem- an zahlreiche Bilder, die auf höchstem Niveau besprochen wurden. Insofern wechselt die Bildbesprechung faktisch zwischen Vernissagegespräch und Anfängeranleitung. – Damit aber der Bildeinsender nicht beleidigt ist, sondern die Kritiken annehmen kann, wird die Besprechung entsprechend abgeflacht. Also passend skaliert. Ich halte das für ungünstig. Muß ich sehr betonen.

    Die Bildqualitäten sind stark gespreizt. Und das ist auch gewünscht. Aber das sollte auch zum Ausdruck kommen.

    Weiterhin ist auch zu unterscheiden, ob der Fotograf überhaupt Gestaltungsspielraum hatte oder ob er eher dokumentarische arbeiten musste. Ich setze an meine Bilder gerade in diesem Bereich sehr unterschiedliche Maßstäbe an. Eine Studiofotografie, ein Stillleben, eine Landschaftsfotografie ist etwas Anderes als die bestmöglichsten Fotos, die man aus praktisch gegebenen Abstand von einer Bühnenaufführung machen kann. Und um es mal als Beispiel in diesem Falle auf den Punkt zu bringen: Welchen Einfluß hat der Fotograph auf Szene, Beleuchtung, Standort, wenn er möglichst gute Bühnenfotos liefern soll, obwohl er keinem Zuschauer vor der Nase rumtanzen soll? Ganz abgesehen davon, dass das theatralische Bühnenlicht gar nicht sein eigener Verdienst ist. Und welche Möglichkeiten hat der Landschaftsfotograf, der ein Jahr Zeit hat, jede Beleuchtungs- und Bewölkungssituation abzupassen?

    Es sind letztlich so extrem viele Einflüsse im Kontext vorhanden und dem Bildbetrachter meist nicht bekannt, dass ich mich bei Bildbesprechungen oft frage, in wie weit die Kritik wirklich gerechtfertigt ist. Jedoch auch, in wie weit sie übertrieben skaliert ist.

    Antworten
    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      >>Die Bildqualitäten sind stark gespreizt. Und das ist auch gewünscht. Aber das sollte auch zum Ausdruck kommen.

      Das ist ein sehr guter Ansatz – wir haben uns auch schon überlegt, die Besprechungen nach „Anspruch“ zu klassieren. Das würde es erlauben, dass Du auf der Ebene einsteigen kannst, die Dir entspricht. Es würde auf der anderen Seite all die wirklich wertvollen Kommentare erfahrener Leute abwürgen, die heute auch mal eine Anfängerbesprechung mitlesen. Was meint Ihr dazu?

    • Stefan Jeschke
      Stefan Jeschke sagte:

      Peter, mir erschliesst sich der Sinn einer solchen Klassifizierung nicht wirklich. Geht es in den hier veroeffentlichten Fotos nicht immer nur darum, wie ein Bild auf den Betrachter wirkt, also ob und wenn ja welche Emotionen es hervorruft? Und gilt dies nicht letztlich sowohl fuer „Anfaengerbilder“ und Fortgeschrittenenbilder gleichermassen?
      Sollten sich dann nicht alle technischen Ueberlegungen/Kritikpunkte in erster Linie an diesem wesentlichen Punkt orientieren? Wo ist dann der Unterschied, der eine solche Klassifizierung erlauben wuerde?
      Ich koennte mir als Grund fuer eine Klassifizierung vorstellen, dass ein Anfaenger, der z.B. noch nicht alle Knoepfe seiner Kamera kennt, von einer detailierten Bildkritik ueberfrachtet wird und sich dann nicht mehr auskennt. Es erscheint mir aber schwer abzuschaetzen, ob das in der Praxis wirklich ein Problem ist.
      Als zweiten Punkt verstehe ich, dass man eine detailierte Kritik kaum bereit ist zu schreiben, wenns schon an den Grundlagen hapert und man am liebsten einfach nur schreiben wuerde „probiers einfach nochmal anders“. Aber dazu brauchts auch keine expliziete Klassifizierung, das geht im momentanen ‚gemischten‘ Format auch..
      Ich denke eine Klassifizierung wuerde nur irgendwelche Grenzen ziehen, die mehr Probleme machen als Loesungen bieten. Ich mag den aktuellen „Gemischtwarenladen“ so wie er ist.

      Viele Gruesse,
      Stefan

    • dierk
      dierk sagte:

      ich kann mich Stefan 100% anschließen:
      „Geht es in den hier veroeffentlichten Fotos nicht immer nur darum, wie ein Bild auf den Betrachter wirkt, also ob und wenn ja welche Emotionen es hervorruft? Und gilt dies nicht letztlich sowohl fuer „Anfaengerbilder“ und Fortgeschrittenenbilder gleichermassen?“

      Dem habe ich nichts hinzuzufügen, es ist für mich auch die Essenz eines Bildes.
      VG
      dierk

  8. Carsten Schröder
    Carsten Schröder sagte:

    „Zuallererst ist es wichtig, was man mit einem Foto bezweckt.“ Das ist treffend formuliert. Ich gehe hier im Artikel natürlich auf uns „Hobbyfotografen“ ein. Erstelle ich Fotos zu Werbezwecken etc., muss ich zwangsläufig ganz andere Ansatzpunkte mit ins Spiel bringen und Kundenorientiert arbeiten. Aber selbst bei dieser Art von Arbeiten müssen natürlich auch gewisse Grundsätze beachtet werden.
    Weiterhin ist zu sagen:
    Regeln sind dazu da sie zu brechen, aber zunächst sollte man die Regeln kennen. Denn wenn man anfängt diese bewusst zu nutzen, aber auch zu brechen, kann man sich fotografisch weiterentwickeln. Der Weg ist das Ziel. Das Ziel, vielleicht einen eigenen fotografischen Stil zu entwickeln, der einen Wiedererkennungswert meiner Bilder mit sich bringt.
    Man hat mal zu mir gesagt: „Carsten, du bist ein guter Fotograf, denn deine Bilder polarisieren!“ Ich fotografiere in erster Linie für mich und meine Bilder gefallen mir.
    Wenn Meinungen geäußert werden und Besprechungen über meine Bilder stattfinden, höre ich sie mir an. Manches mal gibt es auch Aspekte, die ich evtl nicht bedacht habe, oder aber auch neue Ansätze. Ich lerne ständig dazu und auch Bilder anderer bewusst anzuschauen und Bildbesprechungen durchzuführen ist ein Lernprozess.

    Antworten
  9. Darius Ortmann
    Darius Ortmann sagte:

    Ich habe hier im weitesten Sinne auch schon hier und da mal zu diesem Thema geschrieben. Die Sache mit der konstruktiven Kritik ist leider nicht so einfach.

    Zuallererst ist es wichtig, was man mit einem Foto bezweckt. Ein Foto, das z.B. perfekt als Werbung genutzt werden kann, ist vielleicht im Bereich der künstlerischen Fotografie nicht besonders angesehen, und umgekehrt. Daher ist eine pauschale Kritik eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

    Die Bilder von z.B. Wolfgang Tillmans würden egal wo (Fotocommunity, Wettbewerbe, je nach dem welcher Profi, …) verrissen werden. Trotzdem zählt er zu den bekanntesten und meist gefragten zeitgenössischen Fotografen weltweit. Wer hat nun Recht? Und ist das überhaupt wichtig?

    Für mich als Amateur ist die wichtigste Kritik-Instanz ich selbst. Nicht weil ich größenwahnsinnig bin, denn ich mache die Bilder in erster Linie für mich selbst. Es ist aber nicht immer so, dass die eigenen Bilder automatisch gefallen. Es gibt Fotografen, die über die Fotografie ihre Krankheit (oder die eines Familienmitglieds) verarbeiten. Die Bilder sind alles andere als hübsch und werden den Betroffenen sicher nicht sonderlich gefallen. Das ist aber auch nicht das Ziel.
    Hinzu kommt, dass man sich (hoffentlich) weiter entwickelt, und selbst die eigenen Bilder von früher doch nicht mehr so gut findet.

    Grundsätzlich sollte man sich vor schablonenhafter Kritik hüten bzw. wissen, wie man sie einzuordnen hat. Sonst ist man einer unter sehr sehr vielen, die alle sehr sehr ähnlich fotografieren. Dazu gehört oft aber auch ein gesundes Selbstbewusstsein bzw. Überzeugung in die eigene Idee, denn man bekommt öfter „negative“ Kritik, weil das Bild nicht dem Schema F für Landschaftsfotografie, Portraits, oder was auch immer für einer fotografischen Schublade entspricht.

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    • Stefan Jeschke
      Stefan Jeschke sagte:

      Hallo Darius,

      Dein Hinweis, dass Kuenstler XY nix bei Facebook oder 1x.com reissen wuerde ist zwar prinzipiell sinnvoll, aber ich denke Carsten ging es weniger um hoehere Kunst als um Bildkritik fuer den klassischen Amateur der seine Bilder in Facebook, 1x.com oder auch hier bei fokussiert.com etc. einstellt. Hier sind die Rahmenbedingungen relativ klar (ein _sehr_ breites Publikum, ueberwiegend ohne extrem hohen kuenstlerischen Anspruch) und damit ist die Basis der Bildkritik doch eher definiert, in einem Satz vielleicht in etwa so zu formulieren: „Ist mein Foto fuer eine breitere Bevoelkerung lesbar und emotional irgendwie bewegend/interessant?“. Von daher denke ich, ist die Gefahr der Pauschalisierung einer Besprechung in Wirklichkeit nicht soo sehr gegeben. Wer man aus anderen (hoeheren?) Gruenden Bilder macht, muss sich sein Publikum entsprechend woanders suchen, oder es wirklich nur ganz fuer sich selbst machen, was ja genauso OK ist.

      Mit der Weiterentwicklung hast du fuer mich den Nagel auf den Kopf getroffen: das ist fuer mich Kriterium Nummer 1: wenn ich genau erkenne, was an meinen alten Bildern nicht stimmt dann weiss ich, dass ich mich entwickelt habe. Gott was hab ich mich damals ueber Bilder gefreut, bei denen ich nur 4 von 6 Aspekten total versaut habe! ;-)

      Auch bei der schablonenhaften Kritik gebe ich Dir vollkommen recht: einerseits ist z.B. die Drittelregel/goldener Schnitt fuer Anfaenger wirklich hilfreich (man muss den Pinsel erst halten lernen, wenn man Rubens toppen will ;-), aber wenn es gute Gruende gibt, diese nicht einzuhalten (z.B. weil das Bild hierdurch mehr Spannung bekommt) so sollte man sich vor Kritik von selbst „erfahrenen“ Fotografen hueten, die leider nie selbst ueber die blosse Regelanwendung hinausgewachsen sind. Aber hier braucht es dann eine differenzierte Auseinandersetzung die ueber ein „aber ich finde hier passt es gut!“ hinausgeht. Und genau daran hapert es fast allen Foren die ich so kenne (es sind nicht viele, ich gebe es zu!). Einerseits weil die meisten Leute einfach nicht die Grundlagen mitbringen (wie viele Fotografen haben schon ein Buch z.B. ueber Bildsprache je in der Hand gehalten?), und andererseits weil man hierzu auch ueber Gefuehle sprechen muss und das faellt vielen ueberhaupt sehr schwer. Versuch z.B. einmal mit einem „Bird shooter“ im Tarnanzug ueber seinem 600er Telerohr gebeugt ueber die Zartheit des Grases im morgendlichen Gegenlicht zu plaudern..viel Erfolg! ;-)
      Ich denke, dass es im Grunde die Feinfuehligkeit eines Forums fuer romantische Gedichte braeuchte, um wirklich differenziert ueber Fotografie reden zu koennen, aber leider scheint es sehr schwer, ein entsprechendenes Publikum zu finden. Fokussiert.com ist hier fuer mich quasi ein kleiner Strohhalm, ohne mich jetzt hier speziell bei der Redaktion einschleimen zu wollen. ;-)

      Viele Gruesse,
      Stefan

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Schablonenhafte Kritik – nun, das ist aber eigentlich just das, was ich hier betreibe. Und zwar deshalb, weil es einen einfachen, allem zu grundeliegenden Massstab schafft, der weder „hübsch“ noch „bewegend“ ist, sondern einfach mal ein paar simple Grundzüge angibt, die man kennen sollte, bevor man sie bricht. Um sie dann mit sehr viel bewusster Hingabe zu brechen, natürlich. Ich möchte noch in einem anderen Punkt ein bisschen widersprechen: Was es auch braucht, um gute Bilder zu machen und zu teilen, ist ein mindestmass an Demut. Wer alles, was ihm grade so einfällt, grossartig findet, auch wenn siebenundzwanzig Dinge daran schlicht nicht gut, vielleicht sogar stümperhaft sind, wird nicht besser, sondern arrogant. Die eigenen Bilder sollten im besten Fall gefallen, aber sie sollten vor allem auch einer Diskussion mit anderen Menschen standhalten. Und zwar formal und inhaltlich, nicht aus Prinzip. Unbelehrbarkeit ist ein Merkmal von Ignoranz und nicht von Meisterhaftigkeit. Ich sehe das nicht als Widerspruch zu Deinem Argument vom Selbstbewusstsein, sondern als Ergänzung.

    • Sabine Münch
      Sabine Münch sagte:

      Stefan, der „Bird Shooter“ wird vielleicht an einem anderen Zeitpunkt, an dem er nicht in seinem Tarnanzug steckt und nicht lange, lange Zeit über sein 600er gebeugt auf /den/ Moment mit unendlicher Geduld und Ruhe wartet, sehr gern über das Morgenlicht auf dem zarten Gras reden. Denn auch deswegen ist er möglicherweise genau in diesem Moment an diesem Ort. ;-)
      Es gibt auch Sportfotografen, die nicht nur von Athlet zu Athlet hetzen (oder vor ihnen her), sondern eben dieses Gras im Morgenlicht Tage zuvor schon suchen, um im Moment der Action diese Stelle wiederzufinden, hoffentlich dieselben Wetterbedingungen zu haben und dann das Bild des Tages zu machen. Zumindest für in ihren eigenen Augen. ;-)
      Aber vielleicht meintest du das auch und ich habe es nur nicht verstanden.
      Grüße, Sabine

    • Stefan Jeschke
      Stefan Jeschke sagte:

      Sabine, ich wollte hier keinem Vogelfotografen auf den Schlips treten. Ich wollte nur deutlich machen, dass es den meisten Fotobegeisterten (und wer hier auf Fokussiert unterwegs ist, hat sich davon schon ein Stueck weit entfernt) einfach am Feingefuehl fuer das Wesentliche fehlt. Dazu habe ich das Bild eines Spezialelitesoldatenoutfits benutzt, um diesen Punkt durch eine stereotypische Ueberspitzung zu verdeutlichen. Natuerlich hast du Recht, dass viele Vogelfotografen sehr wohl wissen, auf was es ankommt, also entschuldige ich mich hiermit bei allen, die sich hier angesprochen gefuehlt haben.
      Bevor ich dies schrieb kam ich gerade von einem grossen Amerikanischen Forum, wo mir dieses stereotype Bild gerade wieder aufs koestlichste praesentiert wurde, daher habe ichs unueberlegt hier einfach benutzt. Also nix fuer ungut.

      Viele Gruesse,
      Stefan

    • Sabine Münch
      Sabine Münch sagte:

      Alles gut, Stefan. Danke für deine Ausführungen. Man ist halt immer geprägt durch seine Erlebnisse, besonders die aktuellen. :-D
      Du hinterlässt mit deinen sonstigen Kommentaren nicht den Eindruck auf mich, vorschnell oder einseitig zu beurteilen.
      Vielleicht wollte ich nur ergänzen, es gibt in jedem Bereich alles. So wie bei anderen Themen des Lebens die Vielfalt der Menschen und ihre Präferenzen auch breit gestreut sind.

      War sicher sehr interessant und unterhaltsam auf dem amerikanischen Forum… Gibts hier eine Plauderecke? ;-)
      Viele Grüße, Sabine

  10. Stefan Jeschke
    Stefan Jeschke sagte:

    Ein sehr wichtiger Artikel wie ich finde, der viele meiner eigenen Erfahrungen wiederspiegelt.
    Fuer mich ist das Wort „Kritik“ nicht negativ belegt, aber es stimmt wohl, dass es im deutschen Sprachraum einen negativen Beigeschmack hat. Moeglicherweise kommt es daher, dass Bildkritiken (oder sollten wir sie lieber „Bildbesprechungen“ nennen?) in den allermeisten Faellen von aenlich schlechter/flacher Qualitaet sind wie die allermeisten gezeigten Fotos. Dies verwundert kaum, sind es doch die selben Menschen, die dahinter stehen. Eine gute Besprechung stellt einer Beurteilung (so es diese ueberhaupt braucht) immer eine detailierte Begruendung zur Seite. Sonst ist sie wertlos, egal ob nun positiv („tolles Foto!“) oder negativ („dein Bild sagt mir gar nichts“). Genau diese Faehigkeit zur detailierten Analyse, was (und wie) ein Foto ausdruecken soll, macht fuer mich den Unterschied aus zwischen einem Fotografen und einem Kamerabesitzer. Aus meiner Sicht muss man immer besser in der Lage sein, die Aussage eines Bildes zumindest erst einmal verbal auf den Punkt zu bringen.
    Klar denkt fast jeder beim Kauf seiner ersten Kamera, dass man eines der wenigen Naturtalente ist, die ohne Analyse fesselnde Bilder produzieren koennen. Sie machen sich kein Bild von dem beschwerlichen Weg, der vor ihnen liegt. Und das ist auch gut so, sonst wuerden die meisten wohl gar nicht anfangen, zu fotografieren.

    „Der Fotograf hat das so gewollt“ -> „WAS hat er gewollt, bzw WAS hat er damit sagen wollen?“ ist die richtige Frage darauf. Oft gibts dann erstmal ein langes Schweigen aber es gibt zumindest die Chance, in ein konstruktives Gespraech zu kommen.

    Ein frohes neues Jahr wuensche ich der Fokussiert-Redaktion und den Lesern,

    Stefan

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  1. […] Akteur davor brauchst (wir hatten diese Street-Diskussion eben grade und jemand hat erwähnt, dass Ming Thein offensichtlich so vorgeht, eine gute Lichtsituation zu finden und auf das Geschehen darin zu warten), oder war das mehr der in […]

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