Fotokunst: Die Zeit eingefroren

Die Idee der raumgrossen Chrome Camera, welche in den Hallen von Ilford in Marly, Fribourg CH steht, ist nicht neu: wer sich ein wenig mit der Geschichte der Fotografie befasst, weiss, dass bereits im alten Griechenland Zelte aufgestellt wurden in denen einem Publikum Theaterstücke präsentiert wurden.

die Abbildungen auf 127 x 230 cm Grösse sind ca. im Masstab 1:1

Durch ein kleines Loch in einem Seitentuch fiel das Licht auf die gegenüberliegende Wand im Raum, wo sich ein Abbild der Aussenwelt ergab – allerdings auf dem Kopf, die Zuschauer erhielten Spiegel um die Schauspieler aufrecht stehend sehen zu können.

Ganz einzigartig ist aber die Technik, die Heino Heimann für die Chrome Camera einsetzt. Aber fangen wir von vorne an:

Von der Idee bis zur ersten Belichtung
Mitte 2011 zeichnete der deutsche Fotokünstler Heino Heimann die erste Skizze für „seine“ Kamera. Er wollte ein Bild erschaffen können, welches so noch niemand gesehen hat. Ein grosses Bild mit einer unwahrscheinlichen Schärfe aus einer riesigen Kamera. Von der Idee bis zum fertigen Modell und zu den endlich passenden Räumlichkeiten vergingen 1,5 Jahre. Der Bau der Kamera dauerte dann nochmals fast ein Jahr. Am schwierigsten gestaltete sich die Suche nach einen Objektiv – Heino fand die 1780 mm-Linse schliesslich auf einem Fotoflohmarkt in Italien.

Heute steht die Chrome Kamera in einer der alten Baubaracken, die für die Bauarbeiter des Werks 1963 errichtet wurden. Sie misst 6 m Länge, 2,5 m Höhe und 2,5 m in der Breite und kann Bilder im Format von 127 x 230 cm belichten. Dank dem direkten Zugang zu den Labors bei Ilford kann Heino seine Bilder auch gleich selbst in der Maschine entwickeln.

Der einzigartige Look der Bilder
Die Belichtung passiert direkt auf Ilfochrome. Das Farbpositiv-Papier wird seit kurzem nicht mehr hergestellt und nur dank der Zusammenarbeit mit Ilford konnte Heino ein paar hundert Quardatmeter für sich beiseite legen. Das Papier verfügt über eine Empfindlichkeit von 4 ASA (dementsprechend lange bzw. mit starkem Licht muss belichtet werden), so kann es eine Schärfe und einen Kontrast bieten, wie es kein Film je vermochte und kein Chip bisher so weit entwickelt ist. Da das Ilfochrome ein Farbpostitiv-Papier ist (es wurde ursprünglich zur Vergrösserung von Diapostitiven verwendet), kann direkt auf das Papier belichtet werden, es ist also kein Vergrösserungsapparat und kein Film dazwischen. Die Bilder entsprechen dank der Größe und Qualität des verwendeten Materials hinsichtlich Bildschärfe und Auflösung der optischen Fähigkeit des menschlichen Auges. Und fast ist man versucht zu philosophieren, wenn man sich vorstellt, dass bei diesen Kunstwerken wirklich die Zeit eingefroren wird wenn genau im Moment der Aufnahme das Bild entsteht. Ohne den Umweg über einen Film oder einen Kamerasensor.

Noch mehr Daten
Grösse der Kamera: 6 m x 2,5 m x 2,5 m
Grösse der belichteten Bilder: 127 x 230 cm
Brennweite des Objektivs: 1780 mm
Lichtstärke des Objektivs: f/14

linedrawing

Bei einer Belichtung mit f/14 bei 4 ASA und eingerechnetem Verlängerungsfaktor ergibt das eine Blitzleistung von 30‘000WS (zum Vergleich: für normale Fashionshootings im Studio werden 2-3 Blitzlampen à 500WS eingesetzt).

Mehr über die Chrome-Camera gibt es im Blog von Heino zu lesen.

[photos]

3 Kommentare
  1. Thomas Brotzler
    Thomas Brotzler sagte:

    Wenn ich es recht verstehe, ist dies in gewisser Weise ja eine Camera-obscura- bzw. Lochkamera-Variante, allerdings mit einer dezidierten Linse statt dem sonst üblichen Mikroloch?! Anders schiene mir jedenfalls der hierfür angegebene, relativ geringe Blendenwert von f/14 (im Gegensatz zu sonst üblichen f/100 bis f/200 bei Lochkameraeinsätzen) kaum erklärlich …

    Vielleicht könntest Du, liebe Barbara, uns diese technischen Zusammenhänge noch ein wenig verdeutlichen?

    Antworten
    • Matthias
      Matthias sagte:

      Ja, es steht ja deutlich im Artikel, das hier eine Linse verwendet wird:

      „Am schwierigsten gestaltete sich die Suche nach einen Objektiv – Heino fand die 1780 mm-Linse schliesslich auf einem Fotoflohmarkt in Italien.“

      Spannendes Projekt!

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Thomas Brotzler Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert