Frank Rothe: China nackt

Vor den Olympischen Spielen sich China im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. 2005 hat Frank Rothe China und Chinesen fotografiert – bis auf die Haut.

Frank Rothe: Shanghai II, China 2005
Frank Rothe: Shanghai II, China 2005

Der Berliner Frank Rothe war als 19-Jähriger Anfang der neunziger Jahre erstmals nach China gereist. Damals empfand er das Land als graue Silhouette mit roten Fahnen, wie einen Schwarzweißfilm auf einem alten Fernseher. Etwas mehr als zehn Jahre später war alles anders: Der chinesische Drache war wieder erwacht.

Aber wer sind die Chinesen? Arbeiten sie mehr als alle anderen? Schlafen sie nie? Wie denken und fühlen sie, wie sehen sie ihre Zukunft? Das waren die Fragen, die Frank Rothe, Jahrgang 1972, zu seinem Projekt [amazon 3939583111]“China Naked“[/amazon] – China nackt – hinführten: „Ich wollte die Chinesen nackt fotografieren, so dass jeder sehen kann, wie sie aussehen und dass es keinen Unterschied zu allen anderen Menschen in der Welt gibt.“

Frank Rothe: Street Light, China 2005
Frank Rothe: Street Light, China 2005

Frank Rothe wusste noch nicht, dass Chinesen sich vor der Kamera nicht ausziehen. Seine Bekannten hielten es nicht für möglich, dass Projekt klappen köntte. Er versuchte es trotzdem und schaffte es. Frank Rothe meint selbst, dies sei weltweit die erste Arbeit, in der chinesische Menschen ihre Hüllen fallen ließen. Ursprünglich waren die Portraits für sich alleine geplant. Dann fügte der 1972 in Ost-Berlin geborene Rothe Landschaften und Stadtszenen hinzu. Das rasante Leben und die Massen wollte er damit einfangen. Frank Rothe: „Ich bin schon viel gereist, aber ich war noch in keinem Land, wo man den Häusern wie Pilzen beim Wachsen zusehen kann.“

Frank Rothe: Traffic I, China 2005
Frank Rothe: Traffic I, China 2005

In der chinesischen Kulturgeschichte wird das Nackte als Mysterium verstanden. Verhülltes und Verborgenes gelten als inspirierend und anziehend. Das westliche, von der griechischen Antike formulierte Schönheitsideal des hüllenlosen Körpers wird in China traditionell als vordergründig und unattraktiv verstanden. Diese Ansicht veränderte sich im Reich der Mitte, wie so vieles andere seit einigen Jahren. Werbung, Medien und westliche Schönheitsideale haben ihre Wirkung. Frank Rothe arbeitete mit einem provisorischen Studio. Wie im Vorbeigehen haben sich die Porträtierten dort vor der Kamera entblößt: Es gab keine Maske, keine Gestaltung des Hintergrunds. Die Kleidung wurde an Ort und Stellte abgelegt.

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Frank Rothe: Feeling Naked, China 2005

Die Ergebnisse von Rothes wunderbarem Projekt zeigt die Berliner Galerie Camera Work noch bis zum 16. August. Im Kehrer-Verlag ist auch ein Buch dazu erschienen. Auf Frank Rothes Webseite können wir die Bilder anschauen (Flash, in englischer Sprache) und seine Hinweise dazu lesen. Auch die anderen Projekte des Berliner Fotografen sind sehr sehenswert: „German Guns“ zum Beispiel, eine Serie über Deutsche und ihre Waffen – etwas, das wir bisher nur aus Amerika zu kennen glaubten.

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Galerie Camera Work, Kantstraße 149 . 10623 Berlin
Telefon +49 30 31 00 77 – 3, E-Mail info@camerawork.de
Geöffnet Di – Sa 11 – 18 Uhr

Camera Work
Frank Rothe

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  1. […] Rothe, den wir hier auf fokussiert.com mit seinen Bildern vom rasenden Wachstum in China schon einmal vorstellten, interessiert sich für Menschen und ihre Geschichten. Er achtet besonders […]

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