Golfplatz-Foto: Wo ist der Spieler?

Nachdem man Golfplätze nur schwer als Landschaft klassieren kann, sie aber durchaus harmonische Ausblicke bieten, hilft ein Spieler im Bild, der Szene gerecht zu werden und dem vielen Grün einen Spannungs- und Kontrastpunkt zu geben.

Rauhreif-Fotografie Golfplatz

Golfplatz im Rauhreif © Max Riedl

Max Riedl aus Gergkirchen schreibt zu diesem Bild: Trotz winterlicher Verhältnisse hatten wir eine schöne Golfrunde an diesem Wintertag.

Das glaube ich! Gute Handschuhe an beiden Händen vorausgesetzt. Golfplätze, namentlich Parkland-Anlagen, bieten als die englischen Parks (mit Hindernissen), die sie sind, immer wieder faszinierende Pseudo-Landschaftsansichten. Pseudo deshalb, weil englische Parks eine natürliche Landschaft imitieren: Die Harmonie darin stammt von Menschenhand.

Wir haben keine Angaben zur Fotografie und keine Exif-Daten, und Deine Bildunterschrift lässt auch vermuten, dass das eine Smartphone-Aufnahme ist und nicht ein Landschaftsbild, das Du auf der zufällig auch noch stattfindenden Golfrunde mit der [amazon  B00DHFI1TW]Fachkamera[/amazon] aufgenommen hast…

Technisch ist deshalb wenig zu sagen, ausser, dass das Bild ausgewogen belichtet ist und die Schärfe im Vordergrund ungefähr mit derjenigen im Hintergrund korrespondiert, sprich eine geschlossene Blende zu vermuten ist.

Wir sehen in einer Farbaufnahme in pastellenen Grüntönen in eine Art englischen Park. Die vom Betrachter wegführende Schneise in den links und rechts stehenden, mit Raureif überzogenen Bäumen und die ovale, gemähte Rasenfläche direkt vor uns macht die Landschaft auch für Laien als Golfplatz erkennbar. Wir sehen also einen Abschlag („Tee“) nach einer kalten, nebligen Nacht, mit von links hinten durch den Nebel dringendem Sonnenlicht. Direkt vor der Kamera ist der Raureif an einer Hecke, die sich von rechts ebenfalls nochmals ins Bild zieht, besonders gut im Detail zu erkennen.

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Derzeit herrscht über Mitteleuropa grade eine Wetterlage, die solche Bilder zu hauf möglich macht und grossartige Motive en masse generiert: die kalten Ostwinde, kombiniert mit feuchter Luft und daraus resultierendem Nebel, zaubern mit Raureif Eisgebilde ins Gras, an Bäume in in Landschaften generell, dass kaum noch jemand widerstehen kann, der im Hochnebel unterwegs ist.

Raureiffotografie, Goldener Schnitt

Hier ist nichts in den spannenden Feldern der Komposition.

Diese Aufnahme mag uns einen Moment lang zu packen, weil die Landschaft doch mit dem nahen Horizont und den säumenden Bäumen den Blick kanalisiert. Was sie nicht kann, ist uns fesseln: Ich schaue mir die Szene kurz an und gehe weiter.

Der Grund dafür ist zweifältig

  • Erstens fehlt ganz einfach ein klares Motiv: Du hast hier eine Bühne, oder eben die Teebox für den weissen Abschlag, so ins Bildzentrum genommen, dass der Betrachter schlicht einen Protagonisten in dieser auch noch durch den kürzeren Rasenschnitt gekennzeichneten Fläche erwartet.
  • Und zweitens grenzt uns die Hecke im Vordergrund nicht nur aus, sie bietet nicht ausreichend Interessantes und kippt noch dazu nach links weg, was die Aufnahme zusammen mit dem rechts oben an der Spitze gekappten Baum die Fotografie als Gelegenheits-Schnappschuss entlarvt, an dem nicht lange gefackelt wurde.

Ich will hier nicht sagen, dass man auf dem Golfplatz eine Viertelstunde an seiner Fotografie basteln sollte (anders auf dem Spaziergang, wo man damit niemanden aufhält). Aber wenn Du nicht der erste am Abschlag sein musstest, weil es ein Turnier war, hätte ich jedenfalls einen der Flight-Partner gebeten, als Blickfang zu posieren. Vielleicht etwas weniger dominant im Bild, nach rechts versetzt, auf dem gelben oder welchem Abschlag weiter vorne auch immer.

Golfplatz-Foto, leicht beschnitten und mit Vignette angereichert

Golfplatz-Foto, leicht beschnitten und mit Vignette angereichert

Zweitens hätte ich jedenfalls die Hecke im Vordergrund ausgelassen. Sie schafft eine unnötige Grenze zwischen dem Betrachter und der Landschaft und trägt nichts zum Bild bei. Dafür hättest Du rechts den Baum ganz ins Bild rücken und ihm nicht den Wipfel kappen können. Ich habe mal die Hecke weggelassen und das Bild in ein Panorama-Format geschnitten, ausserdem habe ich eine leichte Vignette zugefügt. Mir fehlt immer noch der Golfer, aber das Bild ist so schon ein bisschen mehr als ein Schnappschuss.

Ich habe hier – nicht grade im Raureif – etwas ähnliches am Loch 10 des Golfclubs Il Picciolo am Ätna auf Sizilien versucht. Die Spielbahn als Blickführung, wollte ich über die Golferin am Abschlag und die Fahne auf dem Grün zum Vulkan weiterleiten. Der Dunst in der Luft ist kaum verstärkt: Loch 18 haben wir in dichtem Nebel gespielt…

Golf-Fotografie: Il Pioccolo, Sizilien © Peter Sennhauser

Golf-Fotografie: Il Picciolo, Sizilien © Peter Sennhauser

 

1 Kommentar
  1. Tilman
    Tilman sagte:

    Hallo, Deine Analyse ist gut, Peter, die Vorschläge auch. Und es ist sicher eine gute Entscheidung, nicht nur perfekte Bilder zu analysieren, der Lerneffekt ist größer. Vielen Dank dafür. Über Dein Bild könnte streiten ☺☺☺ Mit freundlichen Grüßen, Tilman

    Antworten

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