Googles Nik-Collection: Umsonst ist der Tod

Wenn etwas zu schön klingt, um war zu sein, ist es in unserer kapitalistischen Gesellschaft immer so. Denn umsonst ist der Tod – in diesem Fall der einer populären Plug-in Familie für Lightroom und Photoshop.

Screenshot Silver Efex Pro 2

Screenshot Silver Efex Pro 2

Der folgende Artikel beruht unter anderem auf einem Beitrag in PC World vom 25. März 2016.

Am 24. März 2016 verlautbarte Google, daß sie ihre Sammlung von Nik-Filtern von jetzt ab für umsonst weggeben wollten. Für diejenigen, die keine Ahnung haben, um was es sich handelt: Nik-Filter sind eine Handvoll Plug-ins hauptsächlich für [amazon B00O1WFX0U]Lightroom und Photoshop[/amazon], die es dem Benutzer ermöglichen, in relativ wenigen Schritten bestimmte bildliche Ergebnisse zu erzielen, für die man sonst freihand wesentlich länger gebraucht hätte. Von ernsthaften Amateuren und Profis gleichermaßen geschätzt waren – sind – sie äußerst populär.

Ich selbst habe vor Jahren Silver Efex Pro entdeckt und mich wie ein Kind gefühlt, das an Heiligabend ein Geschenk öffnet. Lange hatte ich nach einem Weg gesucht, den prä-digitalen Schwarzweißfotos auch nur annähernd ähnliche Kontraste hinzubekommen – mit Silver Efex Pro läßt sich das in wenigen Handgriffen bewerkstelligen. Auch die Schwester-Applikation Color Efex Pro liefert schnell professionell aussehende Farbkorrekturen.

Weil die volle Suite ursprünglich $500 kostete, habe ich mich auf eben diese beiden Filter beschränkt. Vor ein paar Jahren kam dann eine freundliche Email, die ich zunächst für Phishing hielt: man war so großzügig, mir die anderen Filter als bereits bestehendem Kunden kostenlos zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde der Preis für die ganze Sammlung auf $149 reduziert. Einfach so.

Das hört sich toller an, als es war, genauso wie die jetzige Erklärung. Google ist keine gemeinnützige Organisation, und bald darauf ließ ein Update, das mitsamt ein paar anderer Google-Updates für Chrome einfach auf meinen Computer (und den von zig anderen Benutzern) geschoben wurde, Photoshop einfach bomben. Man konnte ein Bild mit Nik bearbeiten, dann fror die Software einfach ein, man mußte sie neu starten. Google gab Adobe die Schuld, Adobe zeigte mit dem Finger auf Google.

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Schließlich wurde der Fehler, den Google nicht begangen haben wollte, stillschweigend korrigiert, aber danach kamen praktisch keine Updates mehr, und die Hoffnung, beispielsweise bei Color Efex Pro die in Silver Efex so nützliche Control-Point-Technologie zu bekommen, war erstickt.

Und jetzt gibt Google die Plug-ins vollständig auf – denn nichts anderes bedeutet ihre Ankündigung. Auch Nik ist dem im Silicon Valley vorherrschenden „Acquire-and-Kill“-Modell (etwa: „Aufkaufen und Vernichten“) zum Opfer gefallen; Google hat sie schließlich nur wegen ihrer Mobil-App Snapseed aufgekauft, und die Desktop-Version dieser Software wurde bald nach der Akquirierung abgewürgt. In den vielen Kommentaren zur Googles Erklärung spiegelt sich denn auch eine Mischung aus naiver Dankbarkeit (sie geben uns was für umsonst – WOW!) und Erkenntnis des bevorstehenden Endes wider, mit ein paar eingestreuten Aufregern der Leute, die die Frist zur Rückerstattung des Kaufpreises (nur für die Glücklichen, die Nik 2016 gekauft haben) knapp verpaßt haben.

Was das alles für Süchtige wie mich bedeutet, die mittlerweile das Gefühl haben, ohne Silver Efex Pro nicht mehr leben zu können, ist klar: solange man die Software noch benutzen kann auf seinem jeweiligen Betriebssystem und bestehenden Versionen von Lightroom/Photoshop, wurstelt man eben so weiter. Allerdings sollte man sich nebenher selbst trocken legen und um Alternativen bemühen. Entweder man kehrt zur vollständig händischen Bearbeitung von Bildern zurück, oder man sieht sich ernsthaft eines der folgenden Produkte an:

Jedenfalls denke ich nicht, daß Google dem Wunsch vieler Leute entsprechen und den Source Code für Nik einfach freigeben wird. Wie gesagt, sie sind keine gemeinnützige Organisation.


Benutzt Ihr Nik-Filter? Wie seht Ihr diese Entwicklung?

13 Kommentare
  1. Otto Hablizel
    Otto Hablizel sagte:

    Nach den total überzogenen Preisen von Nik-Software seinerzeit, davon konnte man sich ja schon fast Photoshop kaufen, und dem „Preisverfall“ nachdem Google die Tools gekauft hatte, jetzt also für lau. Das ist natürlich das Ende! Wurde auch auch nicht mehr weiter entwickelt. Schade drum. Benutzen wir es also, solange es noch funktioniert …
    Allerdings ertappe ich mich dabei, wie wohl auch andere Kommentatoren, mit den Lightroom-Presets rumzuspielen und der Radialfilter ersetzt doch schon fast die Kontrollpunkte. Zusammen mit dem Pinsel und dem Verlaufsfilter kommt man doch schon ziemlich nahe an Silver-Efex, welches ich hauptsächlich benutze, heran.

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  2. Hanspi Schär
    Hanspi Schär sagte:

    Seit Jahren benütze ich vor allem, Silver Efex, Viveza und Sharpener.
    ich denke auch, dass in absehbarer Zeit die Nik-Programme nicht mehr laufen werden.
    Wer Filter über die Bilder laufen lässt oder nur Presets benützt, der findet sofort genügend Alternativen. Wer aber konsequent mit den Kontrollpunkten arbeitet, wird so schnell keinen Ersatz für dieses geniale Werkzeug finden.
    Ich schnuppere zwischendurch in den Projects-Programmen von Franzis, die sehr umfangreich sind. Die selektive Bearbeitung dieser Programme kommt aber noch nicht an die Control-Point-Technologie von Nik heran.
    Lg
    Hanspi

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  3. Victoria
    Victoria sagte:

    Die Tools sind super aber leider werden wir uns verabschieden müssen, da hast Du wohl recht.
    Ich liebe die NIK-Filter auch und werde wohl oder übel auf andere Tools zurückgreifen müssen.

    Ein toller Beitrag, danke!

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  4. Timo
    Timo sagte:

    Hi!

    Da NIK ja schon lange nicht weiterentwickelt wird, kann man vieles genausogut oder sogar besser mit Lightroom/Photoshop tun.
    Von daher ist es kein Weltuntergang, wenn NIK irgendwann nicht mehr funktioniert. Es ist dann halt alles irgendwie anders. Für mich ist es derzeit eine Erweiterung der Lightroom Presets gepaart mit netten Funktionsbeigaben. Ich spiele ein bischen damit rum – für jemanden, der neu in der Fotografie ist, ist es auch ganz nett, spielerisch zu probieren und sich schnell mal Ideen zu holen.

    Was auch immer mit der Filter Collection passiert: Man muss es als das sehen, was es ist: Kostenlos ohne zukünftigen Support. Kein Verbrechen des Anbieters und kein Anspruch des Nutznießers :)

    LG
    Timo

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    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Deswegen muß ich mich ja abnabeln, wenn auch Silver Efex das beste war, was mir bisher an SW-Konverter in die Hände fiel. Mit Lightroom Presets spiele ich auch gerne. Und Du hast recht, Google verspricht ja nichts, aber wenn man sich die Kommentare zu der Ankündigung anschaut, sollte man genau das meinen. Vor allem von denen, die viel Geld dafür bezahlt haben. Das insbesondere habe ich nicht ganz verstanden – ja, man hat was dafür ausgegeben, aber damit kam eben nur das Benutzungsrecht, nicht ein Anspruch auf volle RÜckerstattung des Preises Jahre später??

    • Timo
      Timo sagte:

      Hi,

      stand alone laufen die Filter ja auch. Aber ich verstehe was du meinst. Nutzen wir sie einfach, bis es nicht mehr geht.

      LG

  5. Marcus Leusch
    Marcus Leusch sagte:

    Auch ich war einigermaßen überrascht, habe mir dann aber das „Paket“ am Wochenende mal herunter geladen. Wirklich brauchbar ist für mich lediglich Silver Efex Pro 2 (ich hatte die Vorgängerversion) und Dfine. Alle anderen Anwendungen sind nach meiner Einschätzung unausgereifte Spielereien, die zumindest für meine Arbeitsweise nicht brauchbar sind. Da bietet AlienSkin doch schon eher klar definierte und professionelle Plugin-Lösungen für Lightroom und Photoshop.
    Eine andere Bearbeitungssoftware, die ja zurzeit im Netz Furore macht, ist „Affinity Photo“. Ein Programm, das mit Einschränkungen (RAW-Konvertierung, Weißabgleich et.) als Alternative zu Photoshop CC gehandelt wird – zu einem Bruchteil des Preises (ca. 50 Euro). Wer von Photoshop kommt, wird erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass sich die Arbeitsweise (über Ebenen) mit einigen Abstrichen kaum vom Profi-Programm unterscheidet, dafür aber viel intuitiver zu bedienen ist und Arbeitsschritte wesentlich schneller umgesetzt werden. Besonderes Schmankerl: auch Photoshop-Dateien mit Arbeitsebenen (außer Smartobjekten) lassen sich in diesem Programm öffnen und bearbeiten …

    LG
    Marcus

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    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Affinity Photo muß ich mir mal anschauen; Photoshop geht mir insofern auf den Geist, als Adobe (sie sind sich ihrer Marktmacht ja bewußt) immer proprietärer werden und mit diesem Abonnement-Modell, das sie jetzt haben, mehr Geld scheffeln als das Zeug eigentlich wert sein sollte.

      Ich benutze Silver Efex Pro am meisten, aber Color Efex Pro hat durchaus seine guten Seiten, desgleichen Analog Efex Pro. Allerdings muß man sich ja als Fotograf immer entscheiden, ob man mit digitaler Spielerei Fotos so verändert, daß sie letztlich digitale Kunst sind, oder ob man sich auf wenige letzte Handgriffe beschränkt; in Color Efex mache ich so Dinge, wie manchmal einen digitalen Grauverlaufsfilter simulieren oder eine leichte Vignette über ein Foto legen. HDR benutze ich praktisch überhaupt nicht.

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  1. […] in Schwarzweiß ist hier nur konsequent, da Farbe ablenken würde. Die (inzwischen kostenlosen) Nik- bzw. Google-Filter mit dem SilverEfex-Modul sind dazu hervorragend geeignet, da diese Photoshop- bzw. Lightroom-Erweiterung gute […]

  2. […] there are some risks coming with the assimolation of NIK by Google…bit let’s see if they continue developing […]

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