Holocaust-Mahnmal: Von unten nach oben

Eine viel zu wenig benutzte Perspektive – die eines Froschs von ganz unten – eröffnet häufig total neue Ansichten.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Reinhold Jakobs).

Kommentar des Fotografen:

Das Mahnmal in Berlin aus einer etwas anderen Perspektive. Zum Glück schien die Sonne an diesem Tag.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Reinhold Jakobs:

Wenn es in Fotografie um Farbe, Form, Linien und Schattierungen geht, dann erfüllt diese Aufnahme so ziemlich alle Ansprüche. Jedenfalls für die künstlerische Fotografie mit Abstraktion.

Ich muss gestehen, dass ich nicht weiss, wie hoch die Stelen des Holocaust-Mahnmals in Berlin sind und damit auch nicht einschätzen kann, wie offensichtlich die Idee zu dieser Komposition ist. Jedenfalls habe ich auf der offiziellen Site des Denkmlas in der Galerie keine ähnliche Aufnahme gefunden.

Mal abgesehen vom Himmelskreuz, das uns als erstes Auffällt beim Betrachten der Aufnahme, bietet sie jede Menge Anreize zur näheren Untersuchung.

Zunächst will ich wissen, was das hier überhaupt ist; nachdem die geweckten Assoziationen des Blicks in den Himmel aus den Strassenschluchten einer Hochhausstadt nicht erfüllt werden, ergründe ich die Oberflächen der Stelen, das Spiel von Schatten und Licht; selbst die Frage, was für ein Material denn hier fotografiert wurde, macht das Bild zu einem Rätsel, auf dem der Blick verweilt.

Ob es, wie du schreibst, ein Glücksfall war, dass die Sonne an diesem Tag schien, lässt sich nicht direkt sagen. Für meine Begriffe sind die wenigen in Sonnenlicht getauchten Flächen der Stelenspitzen eher störend. Das ist vielleicht noch Geschmackssache; was definitiv ein deutliches Plus darstellt und was Du nicht anmerkst, ist der Aufhellblitz, den Du hier zusätzlich verwandt hast: ohne ihn und seinen sehr natürlichen, aber zugleich nicht wirklich erklärbaren Schimmer auf der Oberfläche der vordersten Stelen im Kreuz deiner Komposition wäre das Bild wohl unweigerlich zu einem Schattenriss geworden.

Die Komposition des Kreuzes mit seinen Ecken und Kanten ist grundsätzlich gelungen; mich stört allerdings, dass der Kreuzungspunkt in der toten Bildmitte liegt. Etwas weniger Gleichgewicht hier könnte die Spannung noch erhöhen, es gibt schliesslich mit den exakten Kanten und den rechten Winkeln der Stelen selber ausreichend geometrische Gleichschaltung, die sich am Ende dann doch nicht wirklich selber erklärt.

Mit einem einfachen Bildschnitt ist das hier nicht ohne weiteres zu bewerkstelligen (ich habs versucht), weil zu viel der kleinen Zusatzreize und Randstücke weggelassen werden müsste. Ein klarer Fall für einen zweiten und dritten Versuch anlässlich eines weiteren Ausflugs in das Stelenfeld.

Und eine weitere willkommene Anregung, den Kopf auf Bilderjagd häufiger in den Nacken zu legen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. martin
    martin sagte:

    gelungenes bild!

    mir gefällt diese umsetzung auch wesentlich besser als die version, die kai von flickr verlinkt hat, da die perspektive viel direkter gerade nach oben aufgebaut ist.

    Antworten
  2. Reinhold Jakobs
    Reinhold Jakobs sagte:

    Hallo,
    zunächst vielen Dank für die Kritik an meinem Foto. Ich war auch erst einmal dort, am Mahnmahl.
    Das Stelefeld hat über 2400 einzelne Stelen mit einer Höhe zwischen geschätzt 1,20 und 4 Metern. Die Stelen sind nicht alle ausgelotet und bieten daher sehr sehr viele Perspektiven. Die Bilder ohne Aufhellblitz sind tatsächlich nur Schattenrisse.
    Das Lich t , um das ich froh war, löst etwas die bedrückende Atmosphäre zwischen den Stelen auf
    Im Sommer werde ich noch einmal nach Berlin kommen um dann nach anderen Perspektiven zu suchen. Daher: Kopf Hoch ;-)
    R. Jakobs

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