Im Frankfurter Städel-Museum: Wie Malerei Fotografie beeinflusst

Wie lassen sich Fotografen von der Malerei beeinflussen? Die Zeitgenossen scheinen sich stark mit den Bedingungen der Malerei auseinandersetzen.

Otto Steinert (1915–1978): Luminogramm, 1952

Das will uns jedenfalls eine thematische Ausstellung im Frankfurter Städel nahelegen. Zentrale Werke von László Moholy-Nagy, Hiroshi Sugimoto, Wolfgang Tillmans, Thomas Ruff oder Jeff Wall sind darin zu finden.

Frühe Beispiele für die Adaption malerischer Techniken in der Fotografie sind die Fotogramme von László Moholy-Nagy aus den Zwanzigerjahren. In seinen kameralosen Fotografien arrangiert der ungarische Künstler und Bauhaus-Lehrer Gegenstände auf lichtempfindlichem Papier, die unter dem Einfluss von direktem Sonnenlicht gegenständliche Spuren als vermeintlich abstrakte Formen hinterlassen. In den gegenstandsfreien fotografischen Lichtzeichnungen von Otto Steinert, den sogenannten Luminogrammen, schreibt sich die Bewegung des Fotografen dem lichtempfindlichen Film direkt ein. Darin entsprechen sie der gestischen Malerei des Abstrakten Expressionismus von Jackson Pollock.

Wolfgang Tillmans: paper drop (window), 2006Wolfgang Tillmans’ ohne Negativ durch Zufallsoperationen beim Belichtungs- und Entwicklungsvorgang des Fotopapiers entstandene Arbeit „Freischwimmer 54“ (2004) ist gleichermaßen weit entfernt von der Abbildung einer äußeren Wirklichkeit. Die imaginäre Tiefe, Transparenz und Dynamik in Thomas Ruffs (Jahrgang 1958) Fotoserie „Substrat“ verleihen den Arbeiten eine außergewöhnliche malerische Qualität, die an Farbfeldmalerei oder die Werke des Informel erinnert. In seiner Serie „Seascapes“ „entleert“ schließlich der Japaner Hiroshi Sugimoto (Jahrgang 1948) das Motiv durch Langzeitbelichtung. Die Darstellungen der Verschmelzung von Meeresoberfläche und Himmel scheinen Zeit und Raum zu überwinden.

Jeff Wall: Picture for Women, 1979

Jeff Wall zum Beispiel griff direkt auf ein berühmtes Gemälde von Édouard Manet zurück. Seine inszenierte Fotografie „Picture for Women“ bezieht sich auf Manets „Un Bar aux Folies-Bergère“ aus dem Jahr 1882 bezieht. Beate Gütschows fiktive Landschaftsbilder bestehen aus digital zusammengesetzten Fragmenten und erinnern an arkadische Ideallandschaften der Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts.

Richard Hamilton (1922–2011): Eight-Self-Portraits (Detail), 1994

Der Katalog zu dieser Ausstellung [amazon 3868282475]Malerei in Fotografie. Strategien der Aneignung[/amazon] erschien im Kehrer-Verlag, Heidelberg 2012.

Malerei in Fotografie. Strategien der Aneignung
Bis 23. September
Städel-Museum, Schaumainkai 63, D-60596 Frankfurt/Main
+49(0)69-605098-0, info@staedelmuseum.de
Geöffnet Dienstag, Freitag bis Sonntag 10 – 18 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 10 – 21 Uhr

Städel-Museum Frankfurt/Main

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