Infrarot-Fotografie Praxistest: Die Welt in frarot

Infrarot-Fotografie ist mit Digitalkameras einfach geworden: Es gibt keinen Spezialfilm mehr, der gekühlt werden muß, und man kann das Ergebnis sofort sehen. Das einzige unentbehrliche Zubehörteil: ein Stativ!

Bild
Filter: Hoya R72 715 nm, Olympus E-330, ZUIKO DIGITAL 14 – 54 mm 1:2,8 – 3,5 Brennweite: 14 mm (28 mm Kleinbild), ISO 1600, Blende 2,8, 1/4 s (Bild: W.D.Roth)

Der Bericht über digitale Infrarotfotografie für fokussiert.com hatte neugierig gemacht, es einmal selbst auszuprobieren: Mit Digitalkameras ist es relativ einfach möglich, Infrarot-Aufnahmen zu erstellen – es ist kein Spezialfilm notwendig und die Sensoren der Digitalkameras haben stets eine gewisse Infrarot-Empfindlichkeit. Man muß also nur einen Infrarot-Filter vor die Linse schrauben…

Allerdings gibt es Einschränkungen. Eine davon ist, daß praktisch jede Digitalkamera ein Infrarot-Sperrfilter integriert hat, da andernfalls farbstichige Aufnahmen entstünden. Dieses reduziert die Infrarot-Empfindlichkeit der Kamera um Größenordnungen – ohne Modifikationen sind Infrarot-Aufnahmen ohne Stativ normalerweise nicht möglich.

Bild
Infrarot-Aufnahme bei nur zeitweise von Sonne durchbrochenem Himmel mit DCR TVR-900E und 850-nm-Filter, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Manche Kameras von Sony wie die F-828 erlauben in einem Nachtsichtmodus, diesen Filter wegzuklappen – allerdings wird dann absichtlich überbelichtet und dieser Modus nur bei wirklich schwachem Licht zugelassen. Grund: Manche Textlilien aus Kunststoff sind infrarotdurchlässig – es bestünde die Gefahr, daß Voyeure Passanten auf der Straße gegen deren Willen in Unterwäsche aufnehmen. Diese Sperren zu beseitigen, ist mühsam.

Bild
Auf s/w und andere Helligkeitsskalierung umgerechnete Infrarot-Aufnahme bei nur zeitweise von Sonne durchbrochenem Himmel mit DCR TVR-900E und 850-nm-Filter (Bild: W.D.Roth)

Andere Kameras wie die Fuji IS-1 sind für wissenschaftliche und kriminalistische Zwecke im Infrarot- und Ultraviolett-Bereich empfindlich – und außerhalb der USA gar nicht, innerhalb nur gegen Verwendungsnachweis zu erwerben. Auch die Fuji Fine Pix S3 Pro ist für Infrarot- und Ultraviolett-Fotografie modifiziert worden, kostet jedoch fast 2000 €!

Bild
Schwach (oben) und stärker (unten) belichtete Infrarot-Aufnahme bei sonnigem Wetter mit DCR TVR-900E und 715-nm-Filter, automatischer Weißabgleich. Die untere Aufnahme ist de facto vom „grünen“ Sensorchip bestimmt, der „rote“ Chip ist bereits in der Sättigung. (Bilder: W.D.Roth)
Bild

Wenn man eine unmodifizierte Kamera verwendet, ist die Belichtungsautomatik nicht brauchbar, da sie falsche Werte liefert – manuelle Belichtung ist Pflicht. Einfache Kompaktkameras, insbesondere alte 2- oder 3-Megapixel-Modelle, sind oft ergiebiger als moderne Modelle, da ihr Infrarot-Sperrfilter noch nicht besonders ausgeprägt ist.

Bild
Beide Aufnahmen auf s/w und verbesserte Kontrastwerte umgerechnet (Bilder: W.D.Roth)Bild

Ebenso sind s/w-Videokameras oder Videomodule für Überwachungskameras oft für Infrarotbetrieb ausgelegt – liefern dann aber natürlich nur Videoauflösung. Die optischen Eigenschaften von Infrarotlicht sind dabei unerwartet: So erscheint schwarzes Plastik oft transparent, eine getarnte Videokamera könnte sich also auch in einem geschlossenen Gehäuse verbergen, es wird kein Loch benötigt, solange kein Farbbild aufgenommen werden soll. Andererseits ist Glas mitunter für Infrarot undurchsichtig.

Bild
Olympus E-330 mit 850-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2, 1/3 s, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 3,5, 1/13 s, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Ein Blick durch einen Spiegelreflex-Sucher ist bei der Infrarot-Fotografie sinnlos – man sieht nichts: 715-nm-Infrarot-Filter sind für das menschliche Auge tiefrot, 850- oder 900-nm-Infrarot-Filter schwarz. Eigentlich sind erst letztere echte Infrarot-Filter, ergeben an sich die intensiveren Bilder, doch werden die Belichtungszeiten hier mit unmodifizierten Kameras ziemlich lang. DSLRs sind also nur mit Live-View brauchbar, um das Bild zu justieren – und dann funktioniert bei der Olympus E-330 auch nur der Mode B, der den Bildsensor selbst benutzt.

Bild
Olympus E-330 mit 850-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2, 1/3s , auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 3,5, 1/13 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Auf keinen Fall sollte man auf die dumme Idee kommen, durch den Filter – ob auf der Kamera oder in der Hand – die Sonne anzuvisieren: Und wenn er noch so schwarz erscheint, es ist kein Filter für Sonnenfinsternisse! Man verbrennt sich vielmehr die Netzhaut in Sekundenbruchteilen, da der Infrarot-Anteil der Sonnenstrahlen ja ungebremst duch den Filter geht. Infrarot-Filter sollten deshalb auch vor Kindern und Besuchern gesichert aufbewahrt werden, die von dieser Gefahr nichts ahnen.

Bild

Bild

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2,8, Belichtungsreihe 1/4 s (oben), 1/2 s (Mitte), 1/1 s (unten), automatischer Weißabgleich (Bilder: W.D.Roth)

Infrarot-Filter sind – da selten verlangt – ziemlich teuer, bei Ebay finden sich jedoch günstigere Angebote aus dem fernen Osten. Für den Praxistest wurden ein Hoya R72-Filter mit 715 nm und ein „Sony Nachtsicht-Filter“ mit 850 nm erstanden. Als Testkameras dienten ein Sony 3-Chip-Camcorder DCR TVR-900E und eine Olympus DSLR E-330 mit Liveview.

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 200, Blende 2,8, 1/1 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Der Camcorder erwies sich mit dem 850-nm-Filter als noch relativ infrarotempfindlich. Mit dem 715-nm-Filter erschien zunächst ein blutrotes Bild, das bei zunehmender Belichtung ins Gelbe umkippt. Der Grund: Zunächst wird der „rote“ Chip angesprochen, bei zunehmender Belichtung auch der „grüne“. Ähnliches passiert auch mit der Olympus E-330, nur schleichender: Schwach belichtete Aufnahmen mit dem 715-nm-Filter sind tiefrot, stärker belichtete eher orange bis gelb. Aufnahmen mit dem 850-nm-Filter erscheinen violett, wobei dieser Filter an der E-330 zu extremen Belichtungszeiten und damit verrauschten Bildern führt.

Bild
Olympus E-330 mit 850-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2, 1/2 s, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 3,2, 1/2 s, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 ohne Filter, ISO 1600, Blende 11, 1/1250 s, automatischer Weißabgleich. In diesem Bild sind die Antennen der im Dunst verschwindenden Kurzwellen-Sendeanlage Wertachtal in Bildmitte praktisch nicht mehr zu erkennen, in den Infrarotaufnahmen sehr wohl. (Bild: W.D.Roth)

Die in den Bildern sichtbaren Farben sind somit ziemlicher Unfug und es ist sinnvoller, die Bilder auf schwarzweiß umzurechnen, um einen realistischen Bildeindruck zu erhalten. Offensichtlich ist selbst im Winter – einer für Infrarotfotografie ansich ungeeigneten Jahreszeit – daß Wiesen und Bäume hell, der Himmel dagegen dunkel sind. Allgemein ist die Helligkeit stark davon abhängig, ob gerade die Sonne scheint. Eigenleuchten von Objekten ist nur bei Glühlampenlicht zu erwarten – in den Bereich von Wärmebildkameras kommt man mit dieser Art Infrarotfotografie nicht, man ist noch sehr nah am sichtbaren Licht.

Bild
Olympus E-330 mit 850-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2, 1/2 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 3,2, 1/2 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 ohne Filter, ISO 1600, Blende 11, 1/1250 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet. In den s/w-Versionen ist der Unterschied in der Fernsicht, insbesondere bei den Antennen der im Dunst verschwindenden Kurzwellen-Sendeanlage Wertachtal in Bildmitte noch deutlicher. (Bild: W.D.Roth)

Bem Sony DCR TVR-900E war außerdem der Modus für Nachtaufnahmen zu aktivieren, der nur bei Bandaufnahme zur Verfügung steht, nicht bei Foto-Shots auf Speicherkarten. Eine unverständliche Einschränkung. Allerdings können die Videoaufnahmen dann im Wiedergabempdus auf Speicherkarten transferiert werden.

Bild
Olympus E-330 mit 850-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2, 1/2 s, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 3, 1/2 s, automatischer Weißabgleich (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 ohne Filter, ISO 1600, Blende 11, 1/1600 s, automatischer Weißabgleich. In den Infrarot-Aufnahmen ist der beginnende Vollmond vor fast schwarzem Himmel intensiver, die Bäume – obwohl im Winter ohne Blätter – sind hell. (Bild: W.D.Roth)

Für eine ernsthafte Beschäftigung mit der Infrarotfotografie waren beide Kameras nur bedingt geeignet – Belichtungszeiten im Sekundenbereich bei höchsten Empfindlichkeiten selbst in strahlendem Sonnenschein sind ziemlich unpraktisch. Für erste Tests ist dies jedoch durchaus praktikabel.

Bild
Olympus E-330 mit 850-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 2, 1/2 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 mit 715-nm-Infrarot-Filter, ISO 1600, Blende 3, 1/2 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet (Bild: W.D.Roth)

Bild
Olympus E-330 ohne Filter, ISO 1600, Blende 11, 1/1600 s, auf s/w und höheren Kontrast umgerechnet . Auch hier werden die Unterschiede in s/w und mit Histogramm/Kontrastabgleich noch deutlicher (insbesondere mit dem 850-nm-Filter liefert die Olympus E-330 original sehr flaue Aufnahmen), wobei zum direkten Vergleich der Ausschnitt von Bild 2 an Bild 3 angepaßt wurde. (Bild: W.D.Roth)

10 Kommentare
  1. Udo Dinsing
    Udo Dinsing sagte:

    Hallo Leute !
    Fas sind eigentlich nicht die Aufnahmen, die ich sehen wollte obwohl Google mich zu dieser Seite geführt hat.
    Hat jemand schon mal die Sonne fotografiert im IR-Spektrum oder im UV-Spektrum ?
    Diese Aufnahmen würde ich gerne mal sehen. Oder weiß jemand von Euch, wo so etwas im Netz steht ?
    Gruß an Euch alle.

    Antworten
  2. Wolf-Dieter Roth
    Wolf-Dieter Roth sagte:

    Sorry, danke, ausgebessert. Erst aus Gewohnheit mm getippt und dann nicht gesehen, daß da ein Strich zuviel ist im n. Ich brauche wohl ’ne neue Brille, ist mir mit 1680×1080 Pixeln auf 14 Zoll entgangen. In Blogdesk kann man die Schrift nicht größer drehn und bei Avant Browser wurde es mit dem Update leider auch abgestellt, weil IE 7 auch immer auf 100% (= zu klein)zurückschaltet und Microsoft ja so doll und ergonomisch ist, daß man alles nachmachen muß.

    Ausgeschrieben (Namometer/Millimeter) wäre es mir sicher nicht entgangen.

    (Und nein, ich habe nicht mit dem Filter in die Sonne geguckt…)

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. すっぽん精力増強

    fokussiert.com | Infrarot-Fotografie Praxistest: Die Welt in frarot

  2. […] ist faszinierend, es zeigen sich Bilder wie aus einer anderen Welt, Bilder, wie sie manche Tiere sehen mögen, doch der Mensch normalerweise […]

  3. […] vor dem Bildsensor abmontiert ist. Für gelegentliche Experimente reicht es dagegen, ein Infrarot-Filter vor normale Digitalkameras zu schrauben. Der Preis: sehr lange […]

  4. […] mitten im Winter zu schießen ist eher problematisch, weil die Bäume unbelaubt sind – und gerade das helle Leuchten des grünen […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Andreas Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert