Investition Foto-Workshop: Die richtige Wahl treffen

Foto-Workshops sind eine grossartige Weiterbildungsmöglichkeit für Amateure. Sieben Punkte, mit denen man den richtigen Kurs findet.

Workshops: Die Qual der WahlWorkshops sind die Tugend, die viele Fotoprofis aus der Not machen, die ihnen durch die Digitaltechnologie entstanden ist: Die Masse der schnell lernenden Amateure und Selfmade-Digitalfotografen ist unerwünschte Konkurrenz und zugleich ein ganz neuer Markt. Denn sie wollen lernen.

Immer mehr Berufsfotografen bieten deshalb Workshops an und geben ihr Wissen mehr oder weniger bereitwillig weiter. Und ebenso viele Berufsleute ohne jede didaktische Fähigkeit oder – schlimmer – selbsternannte Fotografen zielen auf den schnellen Euro und machen die Wahl des Kurses zum Roulettespiel.

Dabei ist ein Workshop, richtig begleitet und mit der richtigen Zusammensetzung an Teilnehmern, nicht nur die effizienteste, sondern auch die vergnüglichste Form, sich technisch und künstlerisch weiter zu entwickeln. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, jährlich mindestens zwei Kurse zu besuchen – sei es nun ein zweitägiger Beleuchtungslehrgang im Studio oder fünf Tage Landschaftsfotografie im Death Valley.

Die habe ich, wie an anderer Stelle bereits vermerkt, grade hinter mich gebracht. Der Workshop war in jeder Hinsicht ein Erfolg:

Warten auf die Sonne. (Bild © P. Sennhauser)Ich habe viel gelernt, neue Leute getroffen und jede Menge Spass gehabt – und gewissermassen als Dreingabe noch ein kleines Portfolio an „Keepern“ aus den täglichen Shootings heim gebracht.

Das ist keine Selbstverständlichkeit. Die Faktoren, die einen Einfluss auf den persönlichen Erfolg eines Foto-Workshops haben, sind zahlreich. Umso wichtiger ist es, bei der Wahl des Workshops grösste Sorgfalt walten zu lassen.

Dabei sind streng objektive Kriterien nicht unbedingt das Mass aller Dinge. Wenn ich mich mit einem Kursleiter auf einer ganz persönlichen Ebene nicht verstehe, kann seine sachliche Kompetenz und der beste Teilnehmerkreis unter Umständen nicht verhindern, dass die fünf Tage zu einer teuren Enttäuschung werden.

Im Fall des Death Valley-Kurses habe ich eine Checkliste angewandt, die sich rückblickend bewährt hat. Hier sind sieben Punkte, die mir die Entscheidung für den Workshop bei Gary Hart treffen halfen, aber auch anderswo angewandt werden können:

  • Die eigene Motivation prüfen. Der Weg ist das Ziel. Ich buche keinen Kurs aufgrund eines berühmten Namens und versuche danach, zu seinen Terminen Zeit zu finden, um an einen Ort zu fahren, der mir nicht wichtig ist. Ich wollte jetzt, im Winter, der besten Zeit im Death Valley, diese Gegend endlich besuchen. Eine Werbemail für einen Workshop gab schliesslich die Initialzündung zur Recherche und zur Buchung des Kurses – aber eines ganz anderen.
  • Die Instruktoren-Motivation prüfen. Wer nur unterrichtet, um zu überleben, ist wahrscheinlich kein guter Lehrer. Wer Workshops leitet, weil er daran auch Spass hat, bei dem ist mehr zu holen. Das Programm des Workshops sollte vom Instruktor selber beschrieben werden, und darin sollten unter den konkreten Zielen des Workshops auch ein paar Hinweise zu finden sein, dass es um einen freundlichen Austausch in der Gruppe und eine gute Zeit geht. Hinweise sind Rückblicke auf frühere Workshops, die Erwähnung gemeinsamer „Freizeit“ und die Bitte um Ideen für Zusatzthemen.
  • Das Niveau am Preis ablesen. In einer Google-Recherche habe ich für den in Frage kommenden Zeitraum ein gutes Dutzend Workshops im Death Valley gefunden – in ganz verschiedenen Preislagen. Neben dem Bekanntheitsgrad des Kursleiters sind dafür aber vielfach weitere Kriterien maßgeblich. Ich habe mich bewusst nach einem Workshop im preislichen Mittelfeld umgesehen: Billigkurse erlauben den Organisatoren keinerlei Spielraum und lassen Stress und Kleinlichkeit erwarten. Luxusworkshops sind vielfach Abenteuerurlaub für reiche Rentner mit tollen Kameras und wenig Ahnung. Irgendwo dazwischen liegt die Bandbreite jener, die es ernst meinen und bereit sind, etwas zu investieren.
  • Den Organisationsgrad prüfen. Bei vielen Workshop-Ausschreibungen ist außer dem eigentlichen Kurs nichts inbegriffen. Ich habe kein Problem damit, mein Drumherum selber zu organisieren. Aber ein Organisator, der aus praktischen Gründen ein gemeinsames Hotel vorzieht und Unterkunft anbietet, zugunsten der Kursteilnehmer einen Rabatt herausholt und vor dem zusätzlichen Aufwand nicht zurückschreckt, dürfte auch im Feld und in seiner didaktischen Arbeit gut organisiert sein. Weitere Hinweise auf die Effizienz des Kursleiters sind Angaben über die Organisation der Transporte während des Kurses etc. Mir geht es dabei nicht um meine Bequemlichkeit, sondern das Wissen, dass der Workshop-Leiter sich dank guter Vorbereitung die Fotografie seiner Teilnehmer kümmern kann.
  • Konkrete Lernziele erwarten. Workshops sind keine Schulklassen, und sie sollten keinem minutiösen Lehrplan unterworfen sein – es geht ja grade drum, dass alle sich gegenseitig aus der aktuellen Situation heraus etwas beibringen und mit Aufgaben konfrontiert werden, die eben nicht in den Lehrbüchern zu finden sind. Aber ein, zwei Schwerpunkte sollte ein Workshop aufweisen, um die es im Wesentlichen gehen wird. Angaben dazu helfen auch, das vom Kursleiter erwartete Niveau der Teilnehmer einzuschätzen. „Blende und Belichtungszeit verstehen“ ist etwas ganz anderes als „Komposition mit Tiefe und Raumschichtung“.
  • Auf Exklusivität bestehen. Kurse ohne Teilnehmerbeschränkung versprechen nichts Gutes. Die meisten Workshops sind auf ein Dutzend Teilnehmer ausgerichtet, wobei der Instruktor von mindestens einem Assistenten unterstützt werden sollte. Beim Shooting vor Ort sind sechs Leute, die ein Kursleiter betreuen soll, das Maximum. Wenn der Hinweis auf die Teilnehmerbegrenzung fehlt, stimmt etwas nicht.
  • Von den Bildern beeindruckt sein. Das Killer-Argument: Wenn ich mit den Arbeiten des Kursleiters nichts anfangen kann, werde ich in dem Workshop nicht glücklich. Ein gewisses Mass an Staunen beim durchsehen des Portfolios im Web (ein absolutes Muss) ist die Voraussetzung für jede weitere Recherche. Dabei sind zwei Dinge zu beachten: Auch technisch hervorragende Bilder, die mir persönlich nicht gefallen, sind ein KO-Kriterium. Ich werde mich mit dem Instruktor kaum auf einer Ebene wieder finden. Andrerseits: Eine miese Website ist nicht gleichbedeutend mit schlechten Bildern.
  • Das Gespräch suchen. In einem Workshop verbringt eine bunt zusammengewürfelte Gruppe mehrere Tage miteinander. Zumindest mit dem Kursleiter muss ich mich verstehen; abgesehen von seinen Vorstellungen über den Ablauf des Workshops möchte ich auch auf einer persönlichen Ebene das Gefühl haben, den Draht zu ihm zu finden. Vor der Buchung ist ein Anruf beim Instruktor deshalb Pflicht – und zwar, bis ich mit ihm persönlich ein paar Sätze wechseln konnte.
  • Referenzen einholen. Ein großartiger Workshopleiter muss nicht fünfzehn National-Geographic-Fotografen hervorgebracht haben. Mir reichts, wenn seine Teilnehmer wiederkommen. Ich frage deshalb im Gespräch ausdrücklich, wie viele der angemeldeten Teilnehmer bereits einmal einen Kurs bei ihm besucht haben. Im aktuellen Fall war ich als Nachzügler im nicht ausverkauften Kurs (8 Teilnehmer, drei Instruktoren) der einzige Neuling: Alle andern hatten mindestens einen, viele schon zwei Kurse bei Gary Hart besucht.

Einreihen, bitte! (Bild © P. Sennhauser)Mit diesen sieben Prüfsteinen habe ich aus mehr als einem Dutzend Angeboten den Death-Valley-Workshop von Gary Hart und Sportfoto-Profi Don Smith ausgewählt, der wider Erwarten noch Plätze frei hatte. Die Erfahrung war in jeder Hinsicht positiv, wobei Verbesserungen immer möglich sind.

Jedenfalls bin ich nach fünf Tagen zum Schluss gekommen, dass meine Einschätzungen des Instruktorenteams weitestgehend zutreffend waren. Auch die übrigen Teilnehmer entsprachen der Vorstellung, die ich von dem Kurs gewonnen hatte: Überaus ambitionierte Amateure mit beachtlichem Fachwissen und künstlerischem Anspruch, und dabei umgänglich und vergnügt.

Zabriskie Point, Death Valley. (Bild © P. Sennhauser)Das ist nicht irrelevant. Ich habe kaum je in kürzerer Zeit grössere Fortschritte gemacht und dabei eine grossartige Zeit verbracht. Und seien wir ehrlich: Ein bisschen Urlaub soll ein Workshop ja auch sein, oder?

Deshalb habe ich während des Workshops auf ein Tagebuch hier auf fokussiert.com verzichtet. Ich werde in den kommenden Tagen konkrete Erfahrungsberichte nachliefern. Darüber, wie universell viele Lernerfahrungen waren, habe ich nämlich selber immer wieder gestaunt.

6 Kommentare
  1. Mick
    Mick sagte:

    Sehr schöne Checkliste. Und die gilt so wohl für fast alle Kurse auf allen Gebieten. Ich werde das beim nächsten auch beherzigen. Ach ja: Du könntest das unter Austausch von ein paar wenigen Wörtern auch auf einer Partnersuchseite veröffentlichen, mit grossem Erfolg, denke ich.

    Antworten
  2. Anonym
    Anonym sagte:

    Hi Peter!

    Vielen Dank für Deinen Post, welcher leider 1 Woche zu spät kommt…

    Die Geschichte: Nach langem hin und her habe ich mich endlich entschieden, doch einen Workshop zum Thema Studio und Beleuchtung zu besuchen. Anstatt immer alles selber rauszufinden (meine Naturbegabung), wollte ich mal vom Profi alles von der Picke auf lernen. Ein Anbieter war schnell gefunden und ab Anmeldung war meine Vorfreude riesengroß…

    Im Studio angekommen, begann auch gleich ein recht nettes Gespräch mit dem Kursleiter und ich war großer Zuversicht ob der bevorstehenden Stunden.

    Leider weit gefehlt: Mehr als den halben Teil des WS beschäftigte er sich mit Anfängerthemen wie Blende, Belichtungszeiten und Verschluß (-vorhang), den Rest unterhielt man sich über Kameras und Objektive. Zwischendurch erzählte er Müll über AWB, aber das ist ein anderes Thema…

    Lediglich nicht mehr als eine halbe Stunde netto konnten wir Hand an die (sehr gute!) Blitzanlage legen und mit Tipps des Leiters etwas herumexperimentieren. Das eigentlich Thema des Workshops…

    Obwohl der Leiter und die anderen 3 Teilnehmer sehr nett waren, war es für mich eine totale Nullerkenntnis. Hätte ich mir ein Studio selbst gemietet und ein paar Tutorials im Netz angesehen, wäre ich auch irgendwie dahintergekommen. Ist ja keine Atomphysik. Abgesehen vom Geld, war der Workshop im Endeffekt einfach nur Zeitverschwendung.

    Als ich dann später noch im Netz nach dem Leiter recherchierte, war mir dann auch alles klar: Ein Amateur. Und zwar ein durchschnittlicher – als niemand, von dem erwartet was beigebracht zu bekommen. Ich hätte doch gleich stutzig werden müssen, als er seine Crop-Kamera auspackte und ausschließlich in JPEG fotografiert [sic!]

    Dann hatte ich endgültig einen bittern Nachgeschmack vom Workshops, denn offensichtlich war das schlichtweg Bauernfängerei.

    Wegen dieses Workshops und Deines Posts (danke nochmal), werde ich in Zukunft sicher mehr Sorgfalt bei der Auswahl walten lassen.

    Diesemal anonym, da ich trotz der Erfahrung niemanden auf die Füße treten bzw. kränken möchte.

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