Jan C. Schlegel: Die Vielfalt der Völker

Jan C. Schlegel bereiste in den letzten 15 Jahren 61 Länder in Afrika und Asien – immer auf der Suche nach der Vielfalt der (Natur-) Völker und ihrer Menschen.

Biwa (44) with Crocodile, Karo Tribe, Ethiopia 2010; © Jan C. Schlegel / Courtesy of Bernheimer Fine Art Photography

Biwa (44) with Crocodile, Karo Tribe, Ethiopia 2010; © Jan C. Schlegel / Courtesy of Bernheimer Fine Art Photography

So entstand ein fast ethnografisches Werk, das kraftvoll von der Ursprünglichkeit des Menschseins erzählt, vom kulturellen Reichtum und dessen laufenden Verlust.

Seit 1998 reist Jan C. Schlegel regelmäßig in entlegene Orte, die weitgehend vom Tourismus und der westlichen Welt abgeschnitten sind, wie zur aktuellen Ausstellung in München mitgeteilt wird. Auf seinen Touren beobachtet der Künstler den rapiden Schwund von Traditionen und zunehmenden Wandel der Lebensgewohnheiten der Menschen durch die Globalisierung. Die unaufhaltsamen Veränderungen weckten in dem Fotografen den dringenden Wunsch, die Menschen zu porträtieren und ihre traditionellen Lebensformen in Bildern zu bewahren.

So schafft Schlegel nicht nur künstlerische Fotografien, sondern dokumentiert und erhält gleichzeitig in seinen Bildern einzigartige Kunstwerke – die Menschen selbst. Keiner der Fotografierten ist für die Aufnahmen eigens geschminkt oder gekleidet. Nichts ist inszeniert, nichts wird vorgetäuscht. Alle porträtierten Personen wurden in ihrem heimischen Umfeld fotografiert. Als einziges Stilmittel verwendet Schlegel für jedesBild denselben schlichten grauen Hintergrund, ähnlich wie Irving Penn. Damit richtet er die Aufmerksamkeit auf die Menschen, nicht auf deren Lebensverhältnisse. Kern ist die innere und äußere Anmut der Porträtierten. Schlegel betont ihre Einzigartigkeit, ihren Wert und ihre Unersetzlichkeit. Mit seiner Kunst kämpft Schlegel für die Besonderheit und Individualität der Kulturen.

Oft verweilt Schlegel mehrere Wochen bei einem Stamm, um diesen in seinen Lebensgewohnheiten kennenzu lernen und zu begreifen. Mit seinem Assistenten lebt er in einfachsten Verhältnissen unter den Menschen, die er zu porträtieren sucht. Nach und nach erlangt er so ihr Vertrauen, um Bilder in der gewünschten Nähe machen zu können.

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So begegnen wir etwa Biwa, 44 Jahre, aus Äthiopien, einem der angesehensten Krieger seines Karo-Stammes. Voll Stolz und mit großer Kraft stellt er sich vor dem Fotografen in Pose. Sein Ruhm besagt, er habe drei Löwen, vier Elefanten, fünf Leoparden, fünfzehn Büffel und zahlreiche Krokodile getötet. Aus glasklaren blauen Augen sieht uns Monteria, 10 Jahre, an. Schlegel fand sie in Nuristani in Pakistan. Ihre Familie stammt von dem Volk der Kalashi ab, ein eigener Volkstamm aus dem Gebiet zwischen Pakistan und Kaschmir. Die Kalashi haben einen polytheistischen Glauben und sind sehr naturverbunden, ihre Kultur unterscheidet sich maßgeblich von den Stämmen, die sie umgeben. Heute leben sie in einer abgeschiedenen Gegend am Hindukusch. Ihre traditionelle Kultur, ihre Kleidung und ihre spirituellen Gebräuche und Festlichkeiten verliert sich immer mehr.

Die Schwarzweißbilder von Jan C. Schlegel werden mit einer klappbaren Laufbodenkamera Ebony SV45 Ti im 4×5-Format auf Kodak Tmax 400 aufgenommen. Auf igitale Nachbearbeitung wird ganz verzichtet. Die Bilder werden auf Barytpapier vergrößert. Jan C. Schlegel tönt jeden Abzug mit seiner eigenen Mixtur. Diese hat der Künstler selbst entwickelt, sie verleiht den Fotos ihre spezielle Kraft und Tiefe. Der Tönungsprozess zieht sich über mehrere Stunden und endet immer mit einem ganz individuellen Resultat. So ist jede Photographie Jan C. Schlegels ein Unikat. Um eine maximale Haltbarkeit zu garantieren und die Tiefen der Schatten zu verstärken, werden die Bilder zum Schluss mit Selen getönt und auf Aluminium kaschiert.

Jan C. Schlegel, Jahrgang 1965 entdeckte seine Leidenschaft für die Fotografie mit 14 Jahren im Rahmen einer Foto-AG in der Schule. Als Gewinner eines Agfa-Wettbewerbs mit Fokus auf Porträts konnte Schlegel an einem Seminar von Walter Schels an der Staatslehranstalt für Photographie in München teilnehmen. Zu Walter Schels siehe Beitrag bei fokussiert.com: Begegnungen mit Sterbenden. Unter Schels Einfluss entdeckte Jan C. Schlegel seine Vorliebe für Schwarzweiß. Toni Schneiders, ein entfernter Nachbar Schlegels, war der zweite bedeutende Mentor für den jungen Mannes. Nach einer zweieinhalb Jahre langen Lehre am Bodensee war Schlegel bereits mit achtzehn Jahren ausgebildeter Fotograf. Heute unterrichtet der Künstler selbst und nimmt seine Studenten mit auf seine Reisen und begleitet sie auf dem Weg zu ihrem eigenen Sehen. Wir finden mehr Informationen auf Jan C. Schlegels Website.

Jan C. Schlegel – Faces
Bis 3. August
Bernheimer Fine Art Photography, Brienner Straße 7, 1. Stock, D-80333 München
+49 (0)89 22 66 72, photo@bernheimer.com
Geöffnet Dienstag bis Freitag 10 – 18 Uhr, Samstag 11 – 16 Uhr

Jan C. Schlegel
Bernheimer Fine Art Photography

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