Jewgeni Chaldej: Der Capa Russlands

Jewgeni Chaldej – nie gehört? Aber das Bild mit der sowjetischen Flagge auf dem Berliner Reichstag kennt jeder. Eine Ausstellung im Martin-Gropius-Bau erinnert an den Capa Russlands.

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Jewgeni Chaldej: Sowjetische Flagge auf dem Reichstag, 2. Mai 1945 © Sammlung Ernst Volland / Heinz Krimmer

Zu berichten ist von der ersten großen Retrospektive des russichen Fotografen Jewgeni Chaldej im Berliner Martin-Gropius-Bau ab 9. Mai. Jewgeni Chaldej, der als Robert Capa Russlands gilt, hat als Fotograf über den Zweiten Weltkrieg, den Krieg zwischen Deutschland und der Sowjetunion berichtet. Einige dieser Bilder sind bis heute weltberühmt. Zum Beispiel die – nachträglich inszenierte – Flaggenhissung auf dem Deutschen Reichstag.

Chaldej ist nicht nur durch seine des Zweiten Weltkrieges bekannt geworden, sondern auch durch Bilder von der Potsdamer Konferenz und vom den Nürnberger Prozessen. Zu diesen historischen Aufnahmen kommen in der Ausstellung bisher nicht veröffentliche Fotos aus dem Gesamtwerk, außerdem frühe Arbeiten aus den dreißiger Jahren bis hin zu seinem Spätwerk Ende der achtziger Jahre.

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Jewgeni Chaldej: Potsdamer Konferenz, 1945, Churchill, Truman, Stalin.
© Sammlung Ernst Volland / Heinz Krimmer

Chaldej wurde 1917 im Donezk-Gebiet in der Ukraine geboren und bekam mit 13 Jahren seine erste Kamera. 1936 wird er Fotoreporter bei der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS. Er begleitet den Zweiten Weltkrieg mit der Kamera seit dem Tag des Überfalls der deutschen Armee auf die Sowjetunion. Er wird zum Zeugen vieler Schlachten, vom Norden bei Murmansk bis ans Schwarze Meer. Chaldej erlebte als Soldat und Fotograf den Rückzug der deutschen Truppen und dokumentiert den Vormarsch der russischen Soldaten auf Belgrad, Budapest, Wien und schließlich Berlin. Mit Unterbrechungen arbeitete er bis in die siebziger Jahre bei TASS und der «Prawda«. Er starb am 6. Oktober 1997.

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Jewgeni Chaldej: Sibirien, 1959 © Sammlung Ernst Volland / Heinz Krimmer

Ausgestellt werden mehr als zweihundert Originalaufnahmen. Chaldej bereiste als Fotoreporter der TASS auch die ganze Sowjetunion. Er fotografierte den Bau von Staudämmen in Sibirien, die Ölfelder von Baku und die Weizenernte in der Ukraine, wie auch die politischen Herrscher jener Zeit. Die Fotografien Chaldejs sind vielfachmit der deutschen Geschichte eng verbunden.

Die Ausstellung hat das Ziel, einem breiten Publikum in Deutschland und der Ukraine diese Verbindung bekannt zu machen. Chaldej war Jude und immer wieder Opfer von Antisemitismus. Sein Vater und drei Schwestern wurden 1941 von deutschen Soldaten ermordet.

Die Ausstellung wird anschließend in Kiew gezeigt.

Jewgeni Chaldej Der bedeutende Augenblick
Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße 7, Ecke Stresemannstr. 110, 10963 Berlin, bis 28. Juli
Telefon +49 (0)30 254 86-0, E-Mail post@gropiusbau.de
Geöffnet Mittwoch bis Montag 10- 20 Uhr, Dienstag geschlossen

Martin-Gropius-Bau
Infos über Chaldej, auch Chaldei geschrieben, bei Wiki

6 Kommentare
  1. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    @ Lappen: Wer Inhaltliche Fälschung mit „Bildretusche“ gleichsetzt, hat nicht verstanden, wie sehr sich solche Fälschungen zu politischen Zwecken missbrauchen lassen – und wer Parolen ruft, sollte sich darauf verlassen können, nicht von seinen Anführern mit gefälschten Bildern die „Beweise“ für den Gang der Welt untergejubelt gekriegt zu haben.

    Aus der Sicht eines Fotojournalisten darf es keine Rechtfertigung für inhaltliche Veränderungen geben, Punkt.

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  2. Lappen?
    Lappen? sagte:

    Nach über 20 Millionen Toten sollten wir den Sowjets schon den „Spass“ erlauben, sich ihren blutig erungenen Triumph mit ein paar „Verschönerungen“ zu feiern. Letztlich zeigt das Originalbild und dieveränderten Versionen das gleiche.

    Undwas die unterstellten Plünderunfen anbgeht: Nazis und Mitläufer können froh sein, dass ihnen oft nur die Uhren und Ähnliches abgenommen wurden! Bei aller Barberei im Krieg sollte doch nicht der Verursacher, nämlich das „Deutsche Reich“, die Nazis und deren Mitläufer (ohne die die Nazis lange nicht die Macht gehabt hätten, die sie hatten) nicht vergessen werden!
    Wer sich über retuschierte Bilder aufregt, hat den Kern der Bedeutung dieses Bildes nicht verstanden oder verschleiert ihn mit Absicht! Also:

    Nie wieder Faschismus!

    Nie wieder Krieg!

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  3. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    …wobei dem vielleicht das Bollwerk der amerikanischen Heroismus-Propaganda entegegenzusetzen wäre, indem das berühmteste Bild aus dem Pazifischen Kriegsgebiet, die Hissung der Flagge auf dem Berg von Iwo Jima, insgesamt faktisch ein gestelltes Bild (die zweite Flagge) war und der Zirkus, der später um die angeblich Beteiligten gemacht wurde, nichts anderem als dem Verkauf von Warbonds diente.
    Oder dass Capas fallender Soldat im Spanischen Bürgerkrieg bis heute umstritten ist.
    Fazit: Fotografie wird immer eine frag-würdige Rolle spielen, wenn sie den Interessen einer Partei dienen kann. Ob das dem Fotografen anzulasten ist (was beispielsweise bei den Sowjets doch eher angezweifelt werden darf, wo Trozki und Co. Jahre später aus Fotos wegretouschiert wurden), ist nochmals ein eigener Diskussionspunkt.

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  4. Peter Kersen
    Peter Kersen sagte:

    Schade dass in diesem Artikel nicht erwähnt wird wie sehr Jewgeni Chaldej an dem Bild „Sowjetische Flagge“ herumretuschierte. Das unretuschierte Original wurde übrigens im aktuellen Spiegel abgedruckt. Einer der Soltaten trug zwei Armbanduhren (ein Hinweis auf Plüderungen), desweiteren wurde der Rauch nachträglich eingefügt und auch die Fahne war eher ein jämmerlich herab hängender Lappen.
    Es handel sich also um ein Bollwerk sowjetischer Propaganda. Bleibt nur zu hoffen dass bei den anderen seiner Bilder nicht ähnlich vorgegangen wurde.

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Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Chaldei´s Foto von dem russischen Soldaten, der im zerstörten Berlin 1945 die sowjetische Flagge auf dem Reichstag hisst (es sollte sich im […]

  2. […] Bilder dieser Qualität sind zum Beispiel die Hissung der Sowjetflagge auf dem Berliner Reichstag 1945 , der Kniefall von Willy Brandt in Warschau 1970, der Tod des Studenten Benno Ohnesorg oder der von […]

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