Joachim Brohm: Schwarzweiß? Farbe!

Anfang der Achtzigerjahre war die Fotokunst schwarzweiß. Joachim Brohm griff als einer der ersten die „neue Farbe“ aus Amerika auf.

[textad] Joachim Brohm: o. T., aus Ruhrstadt, 1988-92 © Joachim Brohm, VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Bis heute ist Joachim Brohm beim Farbbild geblieben. Das umfangreiche Werk aus dreißig Jahren können wir uns aktuell in Köln anschauen.

Joachim Brohm folgt damit Stephen Shore, William Eggleston und der „New Color Photography“.

Joachim Brohm: Taxi, aus Ohio, 1983-84 © Joachim Brohm, VG Bild-Kunst, Bonn 2010 Joachim Brohm (Jahrgang 1955) gehört in Deutschland zu den ersten Künstlern seiner Generation, die Ende der Siebzigerjahre diese Amerikaner für sich entdeckten. Brohm studierte damals an der Folkwang-Schule in Essen. Konsequent hängte er eine weitere Studienzeit in Amerika hintendran.

Dort in Ohio fotografierte Brohm weniger ein glanzvolles Amerika, ein Land unbegrenzter Möglichkeiten, als eines, das eine allenfalls durchschnittliche Existenz gewährleistet – wenig schmuckvoll und eher morbide ist. Menschen kommen nur vereinzelt vor.

Gezeigt werden Durchgangsstraßen, Hinterhöfe, Parkplätze und scheinbares Niemandsland, wobei es ihm Automobile besonders angetan haben. Doch auch sie spiegeln nur bedingt den Mythos von Freiheit, Abenteuer und PS-Stärke. Eher sind es von der Zeit gezeichnete Nutzfahrzeuge. Der Fotoband [amazon 3865216986]Ohio[/amazon] ist im Göttinger Steidl-Verlag erschienen, wie auch andere von Brohms Serien.

Joachim Brohm: o. T., aus Kleingärten, 1980 © Joachim Brohm, VG Bild-Kunst, Bonn 2010Joachim Brohm, heute Professor und Rektor an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst, beschäftigt sich mit der Landschaft als Spiegel unserer Lebenswirklichkeit. „Kulturlandschaft des Alltäglichen“ wurde das genannt. Die Zeichen der Zeit zu lesen, sei es in individuellen Gestaltungsmomenten oder in großflächig sich verändernden landschaftlichen oder baulichen Strukturen, ist seit Beginn seines Schaffens eines der Hauptanliegen von Joachim Brohm und kennzeichnet auch die später entstandenen Bilder bis heute.

Die in den Achtzigern und Neunzigern im Ruhrgebiet entstandenen Bilder sind bekannt geworden: Unprätentiöse Panoramen, städtische Randzonen, Ansichten von Vegetation, Straßen und Strukturen, von Autos oder kleinfigurig dargestellten Menschen, die sich irgendwo zwischen Badeanstalt und Brachland bewegen, wiedergegeben in einer austarierten Farbigkeit zwischen zurückhaltenden Neutraltönen und punktuell bunt Leuchtendem.

Joachim Brohm: Schuppen Nr. 4, 2010, aus Culatra, © Joachim Brohm, VG Bild-Kunst, Bonn 2010Konzentrierte sich Joachim Brohm immer wieder auf triviale Momente urbanen Geschehens und auf beinah unmerkliche Spuren, Abdrücke und Hinterlassenschaften sich überlagernder Lebensumstände, so bot ihm die fotografische Studie „Areal“ Gelegenheit, einen Status Quo und Prozesshaftes bildnerisch zu erfassen. In vielen hundert Aufnahmen dokumentierte er von 1992 bis 2002 die Veränderung eines Geländes im Norden von München, von der ursprünglich industriellen Nutzung hin zu einer Büro- und Wohnungsbebauung.

Joachim Brohm: o. T., aus Paradis I, 1982, © Joachim Brohm, VG Bild-Kunst, Bonn 2010Das jüngste Projekt, an dem Brohm noch im Frühjahr 2010 gearbeitet hat, ist seit 2008 auf der kleinen portugiesischen Insel Culatra entstanden. Dort hat er ganz im Sinne seiner künstlerischen Arbeit einen Landstrich gefunden, der weder exklusives Idyll, noch für den Massentourismus attraktiv ist. Auch hier lassen sich eigenwillig spröde Zeichen einer bescheidenen Nutzung entdecken, Witterungs- und Alterungsspuren sowie mit rudimentären Mitteln vorgenommene Verschönerungs- und Reparaturarbeiten kommen allenthalben zum Vorschein. Auch hier folgt Joachim Brohm dem Fluss der Zeit.

Zu Brohms Bildern gibt es in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur Köln auch eine Schau mit Fotos von William Christenberry. Christenberry gehört zu den ersten der amerikanischen künstlerischen Farbfotografie und ist hier jedoch kaum bekannt. Seine Arbeiten entstanden in seiner Heimatregion Alabama. Neben Einzelaufnahmen wird die Serie „Underground Club“ gezeigt, die die Veränderung eines Hauses über drei Jahrzehnte dokumentiert: Verfall, Renovierungen, neue Anstriche und Anbauten bis hin zu einem anderen Gesicht.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: [amazon 3829605188]Color: Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln[/amazon] bei Schirmer/Mosel in München.

Joachim Brohm – Color
Bis 12. Dezember
Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Im Mediapark 7, D-50670 Köln,
+49 (0)221/2265900, photographie@sk-kultur.de
Geöffnet täglich außer mittwochs 14 – 19 Uhr

Joachim Brohm bei Wikipedia
Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur

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