Kinderporträt: Das grosse Staunen

An Menschen faszinieren uns die Augen – und wenn sie glänzen und leuchten, ist ein gutes Bild schon fast passiert.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Dominik Knoll).

Kommentar des Fotografen:

Hallo, ich bin 18 Jahre und noch am Anfang meiner Fotokarriere. Dieses Bild nahm ich auf meinem letzten Urlaub in Mittelamerika auf. Es zeigt meinen einjährigen Gastbruder bei dessen Familie ich 2 Wochen leben durfte.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Dominik Knoll:

Ein kleiner indigener Junge blickt in diesem recht spärlich erleuchteten Bild direkt in die Kamera. Die rechte Schulter leicht vorgeschoben, den Mund halb geöffnet, staunt das Kind dem Fotografen entgegen. in den übergrossen Augen sind ebenso grosse Lichtreflexe in waagerechter Form sichtbar, die von einer natürlichen Quelle – beispielsweise einem Fenster hinter dem Fotografen – herrühren zu scheinen.

Es ist eine Binsenwahrheit:

Wir betrachten gerne Bilder von Menschen, und am meisten interessiert uns das Gesicht – und darin die Augen. Das „Fenster zur Seele“, um eine weitere Platitüde zu bemühen, macht meistens den grössten Teil des Ausdrucks aus: Auch ein Modell das in grossartiger Pose abgelichtet wird wirkt langweilig, wenn die Augen keinen speziellen Ausdruck haben.

Du hast hier den kleinen Jungen in einem Moment erwischt, in dem er entweder Dich oder Deine Kamera bestaunt hat. Sein Ausdruck ist lebhaft und interessiert, ein bisschen überrascht und gleichwohl neugierig. Die grossen Kulleraugen sprechen uns mit dem Kindchenschema an, und die grossflächigen Reflexe bringen Leben in das Gesicht und zugleich die Umgebung.

Bei einer Kunstlichtquelle können die Reflexe zum Problem werden, bei Tageslicht und einer definierbaren Lichtquelle werden sie zur Spiegelung der Umgebung im Gesicht – und betonen nicht nur den Glanz der Augen, sondern bieten gleichsam eine zweite Welt in der Spiegelung, die uns interessieren kann.

Du hast hier zu recht sehr vorsichtig belichtet. Dadurch bleiben in den Reflexen erkennbare Schemen dessen, was in Deinem Rücken war, während der Hintergrund des Jungen in der Dunkelheit verschwimmt und so freigestellt wird. Die Exotik des Gesichts mit den grossen Augen und der Stupsnase wird zusätzlich betont duch den Lichtglanz im rabenschwarzen Haar, der durch das Tageslicht einen bläulichen Schimmer annimmt.

Was Komposition und Moment angeht, ist das Porträt durchaus gelungen und weckt Interesse. Die technische Seite dagegen lässt etwas zu wünschen übrig, was auf eine hohe ISO-Empfindlichkeit oder Mängel der Kamera (Kompakte mit sehr kleinem Sensor?) zurückzuführen sein könnte:

Neben einer leichten Unschärfe auf den gut im Fokus liegenden Augen ist in den rötlichen Wangen des Kindes, namentlich aber in der Spiegelung im Haar ein deutliches Rauschen zu erkennen. Gerade dort nehmen die Pixel alle möglichen Farben an (in der verkleinerten Version fürs Blog hier nicht mehr so gut erkennbar) und stören den Glanzstreifen bei näherem Hinsehen doch sehr.

Das widerspricht dem Eindruck einer Aufnahme mit sehr geringer Schärfentiefe, sprich einem lichtstarken Objektiv auf einer Spiegelreflex. Fast schön könnte man deshalb annehmen, Du habest in Photoshop mit dem Schärfentiefenfilter nachgeholfen – darauf deutet auch der Umstand hin, dass das Hemd des Jungen auf der Schulter plötzlich in einer Unschärfen-Vignette verläuft, obwohl es praktsich in der gleichen Tiefenebene nach links weiterläuft. Trotzdem finde ich, der Schärfenverlauf unterstützt das Bild gut und kreiert den Eindruck von Nähe und Tiefe. Ich nutze die nachträgliche Schärfentiefenanpassung gelegentlich selber bei Fotos, die ich mit der Kompakten Nikon gemacht habe.

Insgesamt ist dies ein schönes, sehr einfaches Porträt. Dass es wegen der technischen Mängel wahrscheinlich nicht sehr gross gedruckt werden kann, ist ein Mangel, der sich mit der Zeit und einer besseren Ausrüstung – oder aber eben mit einer geringeren Empfindlichkeit und noch längerer Belichtung (die hier indes vielleicht schon für eine ganz leichte Unschärfe verantwortlich sein könnte) ausräumen lässt. Du bist jedenfalls fotografisch auf einem guten Weg.

In der Rubrik „Bildkritik“ analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Dominik
    Dominik sagte:

    1) Ja die technische Seite ist leider nicht so toll. Würd gerne in eine alpha65/77 investieren die für einen Schüler doche ne Stange Geld kostet. Vielen Dank für das Lob. Der nachträgliche G. Weichzeichner hat mir selbst nicht so gut gefallen da bietet sich natürlich an beim Aufnehmen drauf zu achten (-> jetzt besitzte ich eine Lichtstarke Festbrennweite)

    2)Vielen Dank da stimm ich dir zu =)

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  2. Dominik
    Dominik sagte:

    Als erstes vielen Dank für die Kritik und den Kommentar. Ich möchte gern die Kameradaten nachliefern.

    f/8 ; 1/80 ; ISO 400
    Sony Alpha 230
    Superzoom Tamron 18-200

    !Leider ganz wichitg. Auschnitt von 25% -> Zuschnitt hat 2,5Mpx Original hat 10.2Mpx!

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  3. Katharina
    Katharina sagte:

    Hallo Dominik,

    mir persönlich ist dein Bild auch etwas zu dunkel geraten. Außerdem sieht das kleine Kind so aus, als hätte da jemand zu doll die Kanten geschärft – besonders im Bereich der Augen fällt das mMn. auf.
    Im Gegensatz zu Peter bin ich kein Freund von nachträglicher Tiefenschärfe, da sie meist einfach künstlich aussieht (und oft auch falsch eingesetzt wird – das ist sie bei dir nun, finde ich, nicht, aber ich denke du weißt, was ich damit sagen möchte).

    Ansonsten denke ich aber auch, dass du einen schönen Moment eingefangen hast, der technisch aber noch besser hätte festgehalten werden können. :)

    Liebe Grüße,
    Katharina

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