Kliff: Abgebildet

Details, Farbe und Kontrast müssen in einer Komposition in irgendeiner Form zusammenspielen. Sonst sind sie einfach da, machen aber zusammen kein Bild.

Praia do Gunga in Alagoas © Suso Kraut ISO 200, Blende f/2.0, Korrektur 2/3, Belichtungszeit 1/850s

Praia do Gunga in Alagoas © Suso Kraut ISO 200, Blende f/2.0, Korrektur 2/3, Belichtungszeit 1/850s

Suso Kraut aus Berlin schreibt zu diesem Bild: Das Photo wurde an der Felsenküste am Praia do Gunga in Alagoas, südlich von Maceió in Brasilien aufgenommen. Es ging mir um die Farben, den Detailreichtum und die Kontraste.

Verwendet wurde eine Fuji X-E1 mit dem Fujinon 35mm f/1.4 Objektiv. Die weiteren Daten sind ISO 200, Blende f/2.0, Korrektur 2/3, Belichtungszeit 1/850s. Wahrscheinlich ist das Bild es einen Tick überbelichtet. Gibt es Verbesserungsvorschläge ?

Du fragst, was man an diesem Bild besser machen könnte – das hängt, wie eigentlich immer in der Fotografie, von der Absicht ab, was es bewirken soll. Wenn es Dir um die technisch korrekte Erfassung von Farben, Kontrasten und Details ging, wie Du schreibst, ist die Aufgabe erfüllt. Wenn es noch dazu ein Landschaftsbild sein will, das emotional etwas bewegt, eher nicht. Warum?

Schauen wir uns zuerst die verwandte Technik an. Du hast mit der [amazon  B009K043UO]Fuji E-X1[/amazon] fotografiert, einer recht hochwertigen Systemkamera mit Wechselobjektiven.  Zum Einsatz kam dabei ein 35mm-Objektiv, das auf Kleinbild umgerechnet einem Normalobjektiv von 50mm entspricht und mit Blende 1.4 sehr lichtstark ist.

Die Exif-Daten behaupten zwar, die Aufnahme sei um 19 Uhr abends entstanden, aber das glaube ich nicht so richtig, das scheint doch eher Deutsche Zeit gewesen zu sein, dann hätten wir vor Ort ungefähr 15.00 Uhr, das passt eher. Du hast mit weit offener Blende 2, dabei aber mit einer Belichtungskorrektur von 2/3 Blenden gearbeitet. Mir erschliesst sich nicht ganz, warum. Du hättest ganz einfach die Blende schliessen und / oder die Zeit erhöhen können.

Und das vor allem auch deshalb, weil in der Landschaftsfotografie kaum mit offener Blende gearbeitet wird: Natürlich kann man  auch in diesem Genre auf beachtenswerte Motivteile mit Freistellen durch Schärfentiefe arbeiten. Aber erstens sind Landschaften in aller Regel in ihrer formatfüllenden Gesamtheit eine Komposition, die man mit dem Blick durchsuchen und nicht möglichst rasch auf einen Punkt hingeleitet werden möchte.

[premiumkritik]

Zweitens besteht einer der künstlerischen Aspekte in der Landschaftsfotografie darin, die Illusion des Raums durch die Schichtung in der Komposition zu erreichen – was mit einer schmalen Fokus-Ebene im Bild nicht mehr machbar ist. Und drittens gibt es schlicht keine technische Notwendigkeit für eine offene Blende in der Landschaft, weil meistens genug Licht vorhanden ist und nicht viel, das sich bewegt. Es sei denn, Du fotografierst Wasserläufe – oder nachts.

Hier aber erschliesst sich der Grund für die offene Blende gar nicht, und die unscharfen Felsen irritieren, statt einen Vordergrund zu bilden. Sie wirken wie ein Versehen.

Das liegt auch daran, dass das Bild keinen Hintergrund hat: Der Himmel ist hier zwar farblich ein toller Komplementärton zum Orange der Felsen. Aber er bietet absolut nichts, was sich anzuschauen lohnen würde: Deswegen gelten wolkenlose Himmel als der Feind der Landschaftsfotografie.

Damit bleibt der Bild-Mittelgrund, das ist die Klifflinie in der horizontalen Bildmitte. Ein beachtlicher Felsen, in der Tat, aber mir ist immer noch nicht klar, was Du mir zeigen willst: Ich habe noch nicht einmal einen Grössenvergleich, der mir sagt, wie hoch das Kliff ist. Das Farbenspiel ist auch nicht ausserordentlich genug, um für mich als Motiv in Frage zu kommen. Und die ganze Formation an sich wird, wenn ich den unscharfen Vordergrund wegdenke, sehr flach, zweidimensional.

Dass das nichts mit der Schärfentiefe zu tun hat, zeigt dieses Bild, das ich in Utah im Arches Nationalpark in der sogenannten „Fifth Avenue“ gemacht habe. Obwohl hier alles gleich scharf ist (und der Himmel wie in Deinem Bild schmutzig blau), entsteht eine gewisse Räumlichkeit durch die Formation der Felsen.

Felsenformation in der "Fifth Avenue" im Arches NP in Utah, USA. © Peter Sennhauser

Felsformation in der „Fifth Avenue“ im Arches NP in Utah, USA. © Peter Sennhauser

Überbelichtet ist die Aufnahme nicht, und ich hätte mich angesichts der Lichtverhältnisse auch eher auf abgesoffene Stellen im Schwarzbereich der Schatten vorbereitet, aber das Histogramm zeigt, dass Du diesen Job gut gemeistert hast. Das ist nicht selbstverständlich, weil wir in Landschaften mit dominanten Farbtönen (wie rot) vergessen, dass wir das Histogramm auf dem vorherrschenden Farbkanal und nicht auf dem Lichtwert insgesamt kontrollieren müssen. Es kann schnell passieren, dass man im Durchschnitt richtig belichtet, aber die hellen Rottöne nach rechts aussreissen.

Histogramm Landschaftsfotografie

Ausgewogene Belichtung in allen Farbkanälen.

Ich würde deshalb sagen: Auch wenn die Technik in einer eher ungewohnten Konstellation eingesetzt wurde, ist sie in jeder Hinsicht korrekt benutzt worden und hat ein den Ansprüchen an Schärfe, Belichtung, Farbe und Detailreichtum entsprechende Abbild des Kliffs erzeugt. Als Testaufnahme für die Kamera, beispielsweise auch um die Farbwiedergabe von Roten und blauenTönen zu messen, ist das Bild gelungen.

Als künstlerische Aufnahme einer Landschaft gibt es wenig her, und als Dokumentation taugt es ebenfalls kaum, weil es nichts an Vergleichsgrösse, Einordnung oder Relativierung bietet.

2 Kommentare
  1. Schmidt Gerhard
    Schmidt Gerhard sagte:

    Mir fehlt in dem Foto auch die Tiefenwirkung. Das sind solche Fälle die vor Ort spektakulär aussehen und wirken und man dann nachher vom Foto doch enttäuscht ist. Also man hätte sich hier mehr Gedanken machen müssen wie man diese tolle Felsmassiv auch fotografisch gut in Szene setzt. Die Anmerkungen hierzu von Kliff kann ich nur unterstreichen. Die richtige Blende zu wählen hätte sicherlich aber nicht gereicht!

    Antworten
  2. dierk
    dierk sagte:

    ich sehe in dem wolkenlosen Himmel kein Problem, in diesem Fall würden dramatische Wolken wohl eher von den dramatischen Felsen ablenken – oder sie möglicher Weise auch ergänzen.
    Wenn ich das schreibe, denke ich (natürlich) eher an S/W Fotos. Bei diesem Motiv würde die Form und Struktur der Felsen und Berge besonders betont werden.

    Aber:
    wie Peter schreibt: warum f/2?? Selbst wenn f/2 bei dem kleinen Sensor nicht der Wirkung bei einem FF Sensor entspricht, gibt es hier nichts zum Freistellen. Anders wäre es, wenn dort ein Busch oder Baum stünde, den man von der Umgebung abheben möchte.
    Dazu kommt, dass mir das Bild zu hell ist, du schreibst, es wäre überbelichtet. Das ist doch mit normaler Bearbeitung mit jedem Programm ohne Probleme zu ändern.

    Peter, dein Bild lässt in der Hinsicht keine Wünsche offen – aber als Fan von Ansel Adams würde ich auch dies in S/W viel dramatischer finden :-))

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Schmidt Gerhard Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert