Kunstakademie Düsseldorf: Fotografie unterbelichtet?

Nur eine Stelle für einen Fotografie-Lehrstuhl an der Kunstakademie Düsseldorf: Zu wenig, um die ruhmreiche Schule Bernd Bechers weiterzuführen und „ein Trauerspiel“, meint Andreas Gursky, der selber dort studiert hat.

Bernd und Hilla Becher: Kühlturm, Hagen-Haspe, 1969
Bernd und Hilla Becher: Kühlturm, Hagen-Haspe, 1969

Dem Kunstmagazin Monopol sagte Gursky („Das teuerste Bild“ – Bericht bei fokussiert.com): „Nur ein Professor für Fotografie, kein einziger für Video, keiner für neue Medien – das spiegelt leider überhaupt nicht wider, was in den letzten Jahren in der Kunst passiert ist.“ Zusammen mit Bechers Witwe Hilla und dessen Nachfolger Thomas Ruff fordert Gursky einen zweiten Lehrstuhl.

Von 1976 bis 1996 leitete Bernd Becher, der 2007 gestorben ist, die Foto-Klasse in Düsseldorf. Diese hat die Akademie weltweit berühmt gemacht und brachte Generationen von herausragenden Fotografen hervor: nicht nur Andreas Gursky, auch Candida Höfer zum Beispiel, Thomas Struth oder Thomas Ruff, der im Jahr 2000 die Foto-Klasse übernommen hatte. 2006 legte Ruff (mehr bei „die Struffskys“ ) das Professorat nieder, schon damals wegen mangelnder Unterstützung durch die Akademie-Leitung.

Seit 2006 wurde die Klasse kommissarisch geführt und die Studenten mussten selbst Geld für Gastdozenten sammeln, schreibt Monopol. Akademie-Rektor Markus Lüpertz, deutscher Maler-Fürst, habe wenig bis gar kein Interesse an der Pflege des Becher-Erbes gezeigt. Mit dem Amerikaner Christopher Williams gibt es seit kurzem endlich wieder einen Fotografie-Professor in Düsseldorf. Mit ihm gehe es zwar wieder aufwärts, ein zweiter Lehrstuhl müsse aber dennoch her, so äußerte sich auch Thomas Ruff:

„Es ist schade, dass man ausgerechnet in Düsseldorf immer noch glaubt, ein einziger Professor könnte den Bereich der Fotografie allein abdecken. Ein Fotografieprofessor, der sich aktuell acht Bildhauerkollegen, sechs Malern und vier Architekten gegenübersieht. Das zeigt deutlich, dass Lüpertz glaubt, andere Disziplinen seien der Fotografie weit überlegen. Man darf das durchaus als ignorant bezeichnen.“

Andreas Gursky hatte Lüpertz einen Brief geschrieben, in dem er sich für Thomas Demand (Bericht bei fokussiert.com) als weiteren Professor stark machte. Darauf habe er nicht einmal eine Antwort bekommen. Inzwischen wies der Kanzler der Kunstakademie, Michael Lynen, die geballte prominente Kritik zurück. Nicht nur Rektor Lüpertz lehne einen Ausbau der Fotografie ab. Vielmehr sei sich die gesamte Professorenschaft darin einig. Auch eine Umwidmung etwa einer Malerei- in eine Fotografie-Professur komme nicht in Frage.

Monopol – Magazin für Kunst und Leben
Kunstakademie Düsseldorf
Die Bechers

3 Kommentare
  1. Uli Eberhardt
    Uli Eberhardt sagte:

    Nun hat sich mit den Bechers und ihren Schülern in Düsseldorf ein entscheidendes Kapitel der Fotografiegeschichte der Nachkriegszeit abgespielt. Dieses begründet bis heute einen internationalen Ruf der deutschen Fotografie. Wie in Malerei und Skulptur auch geht es nicht nur darum, dass die organisatorische Voraussetzunen für ein Studium gegeben sind. Es geht vor allem um den Geist, der vermittelt wird. Deshalb ist es durchaus ein Trauerspiel, wenn Düsseldorf für das Becher-Erbe so wenig Interesse zeigt, dieses lediglich als Randgebiet angesehen wird und verloren geht.
    Nun haben sich die Zeiten seit 1770, als die Fotografie noch nicht einmal erfunden war, doch etwas verändert. Auch die Künste haben sich entwickelt und es sind neue dazu gekommen, wie eben die Fotografie. Und der Wandel geht unaufhörlich weiter. Will Düsseldorf sich verschließen und – polemisch gesagt – weitermalen wie anno 1770?

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  2. Helmut Kleinenbroich
    Helmut Kleinenbroich sagte:

    Im Unterschied zu den berühmten Fotografen Ruff und Gursky bin ich als Laie nicht der Meinung, dass es zweier Lehrstühle für Fotografie an der Kunstakademie Düsseldorf (KA-D) bedarf! Die KA-D versteht sich seit ihrer Gründung in den 1770er Jahren als Maler-, Bildhauer- und Baukunstausbildungsstätte, andere Fächer sind Randgebiete, die es abzudecken gilt für einen breiten künstlerischen Austausch; aber das ist es auch schon. Für technische Medien wie Fotografie, Video, Internet gibt es Medienhochschulen, wie z.B. die sehr gut prosperierende Hochschule für Medien in Köln. Auch bestehen sehr gute Foto-Fachbereiche an Fachhochschulen, wie z.B. Bielefeld. – Dass Ruff seine Professur an der KA-D 2006 niedergelegt hat, hat m.E. mehr mit Starallüren zu tun als mit inhaltlicher Begründung; die Studenten jedenfalls hatten das Nachsehen. Für Nachsicht für Ruffs Weggang gibt es keinen Grund.

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  1. […] haben wir von der Düsseldorfer Becher-Schule allerdings weniger Schönes berichtet, jetzt ist die Leipziger an der Reihe. Von 1993 bis 2007 war […]

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