Kyle Cassidy: Bewaffnetes Amerika

Der Bildband „Bewaffnetes Amerika“ zeigt US-Bürger, die mit ihren Waffen stolz für den Fotografen posieren. Ein Blick in ein dem Europäer in diesem Punkt fremdes Land.

Bewaffnetes Amerika Titel

Seit Michael Moores „Bowling für Columbine“ wissen wir, daß Amerikaner gerne Waffen im Haus haben – nicht nur das Militärgewehr wie in der Schweiz, sondern alles vom Revolver bis zum Bärentöter. Nein, nicht alle Amerikaner – nur manche. Aber die gibt es tatsächlich. Der seit 1999 freiberuflich tätige Kyle Cassidy war im Präsidentschaftswahlkampf 2004 erstmals als fotografischer Waffeninspekteur unterwegs.

Zwar hat Michael Moore an Glaubwürdigkeit verloren, als herauskam, daß die Szene getürkt war, in der er für die Eröffnung eine Kontos gleich in der Bank zum leichteren „Abheben“ ein Gewehr bekam. Das Gewehr als Belohnung für die Kontoeröffnung, das gibt es tatsächlich – nur normalerweise doch lieber in sicherer Entfernung zur Kasse.

Bewaffnetes Amerika Barbara und Ryan
Barbara und Ryan, zwei Jagdgewehre, zwei lebendige Tiere und ein paar tote. (Bild: Kyle Cassidy)

Aber nicht jeder zieht eine Dokumentation so polemisch auf wie ein Michael Moore. Es geht auch dezenter. Das Ergebnis ist dennoch ein Blick in eine fremde Welt. Der Fotograf Kyle Cassidy zog zwei Jahre 15.000 Meilen durch die USA, besuchte und fotografierte Waffenbesitzer in ihrem Heim – meist mit einem starken Weitwinkel, was die Bilder sehr intensiv werden läßt. Über 100 davon stellt er nun in einem Bildband vor. Vom Familenvater mit Baby im einen Arm und Gewehr im anderen bis zum Maschinengewehr- und Revolversammler.

Die Gründe, warum die US-Bürger sich Waffen zulegen, sind unterschiedlich: Die einen wollen sich gegen Einbrecher schützen, die anderen gegen die Regierung, manch einer träumt auch vom kleinen Putsch.

Bewaffnetes Amerika: Beth, Paul, Gavin und Emma
Beth, Paul, Gavin und Emma – und drei Waffen (Bild: Kyle Cassidy)

Die National Rifle Association schätzt, daß es 215 Millionen Waffen in den USA gibt, also mindestens eine in jedem zweiten Haushalt. Wenn man die Sammlungen sieht, die Cassidy in diesem Buch päsentiert werden, düfte wohl nicht jeder zweite Haushalt bewaffnet sein – doch dennoch so einige.

Unter George W. Bush wurden die 1994 von Bill Clinton für den Privatbesitz verbotenen halbautomatischen Maschinengewehre 2004 wieder zugelassen. Wenn schon Amoklauf, dann wenigstens ordentlich ausgerüstet, ist doch klar. Denn diese Art Waffen ist sicher nichts für die Bärenjagd oder die Verteidigung durch Ungeübte.

Bewaffnetes Amerika: Dan
Dan präsentiert stolz seine Waffensammlung (Bild: Kyle Cassidy)

In den USA wurde das Buch bereits zum Bestseller, die deutsche Übersetzung ist gerade von Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen. Für uns ist diese „heile Welt“ – „mein Haus, mein Auto, meine Frau, meine AK-47“ kaum nachvollziehbar, doch für die Fotografierten ganz normal.

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Waffenbesitzer und ihr Zuhause im Porträt
Übersetzt von Nico Laubisch
112 Seiten, 100 farbige Abbildungen, 24 x 30 cm,
Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2008
19,90 EUR, ISBN 978-3-89602-810-5

3 Kommentare
  1. D-Blogger
    D-Blogger sagte:

    Och, Weitwinkel ist doch geil. Super zum Frauen abschleppen. Sich eine gut gebaute aus einer Runde raussuchen, ganz nah ran, abdrücken…und dann der Runde zeigen. Gekreische, Gegacker…und dann „bah, was sind hier für blöde Leute, das musst du dir doch nicht antun, komm, lass uns woanders hin gehen…“.

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Trackbacks & Pingbacks

  1. […] bleibt, welche Auswirkungen die PistolCam auf YouTube haben wird – nachdem offensichtlich viele Amerikaner ihre Artillerie ohne Halfter in der Wohnung rumliegen haben. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse, beispielsweise […]

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