Landschaftsfotografie: Gegenlicht mit Stern

Im Umgang mit Gegenlicht ist in der Landschaftsfotografie Vorsicht angebracht.

[textad]

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Franz Bogner).

Kommentar des Fotografen:

Ich war kurz nach Sonnenaufgang Anfang Juni in meiner Heimat, dem unteren Bayerischen Wald, unterwegs und fand den sich langsam auflösenden Morgendunst mit der einfallenden Morgensonne sehr reizvoll. Ich habe das Bild wegen der starken Kontraste als HDR mit Photomatix bearbeitet und es anschließend mit PS versuchsweise in einer sw-Tonung bearbeitet. Ich finde diese Bildversion gibt die empfundene Lichtsituation sogar besser wieder als die Farbversion. Als Format habe ich 16×9 gewählt um die Weite und die einsame Stimmung noch mehr zu betonen. Mich würde interessieren ob die sw-Toning zu dem Bild passt oder eine Farbversion doch besser wäre.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Franz Bogner:

Eine von Bäumen und Büschen aufgelockerte, hügelige Graslandschaft ist in dieser Querformat-Fotografie zu sehen. Im linken Vordergrund steht etwas isoliert eine kleine Gruppe aus einem Haselstrauch und einem Nadelbaum, dahinter sind in verschiedenen Schichten des Bildes weitere kleine Strauchgruppen zu sehen. Sie werden durch den Morgendunst getrennt und teilen das Bild in eindeutige Tiefenebenen auf.

Den Hintergrund mit einem Horizont ziemlich in der Bildmitte macht ein Waldrand. Rechts über dem Wald ist die Sonne im leicht bewölkten Himmel zu sehen, als ausgebrannte, übergrosse weisse Scheibe; von ihr gehen Strahlenbündel in alle Richtungen ab, in denen auch Blendenflecke zu sehen sind.

Balanced Rock, Utah: Sterneffekt und Halo (©PS)Gegenlichtaufnahmen sind eine faszinierende, aber auch recht heikle Technik der Landschaftsfotografie. Ich nutze sie meist, indem ich „auf Silhouette“ fotografiere und dabei den Vordergrund vollständig absaufen lasse. Das funktioniert gut mit markanten Felsformationen, im Gebirge und wo immer sich ein solcher „Schattenriss“ anbietet.

Du hast hier das umgekehrte Vorgehen gewählt – und für eines von beiden muss man sich entscheiden, wenn man direkt in die Sonne fotografiert. Dieser Kontrastumfang ist nun mal nicht zu bewältigen. Wenn also keine Silhouette, dann eine ausgebrannte Sonne.

Und wenn das Licht sich so anbietet wie hier an diesem Morgen, an dem der Dunst für eine natürliche Schichtung der Tiefe sorgt, ist das zweifellos die richtige Wahl.

Die Bildkomposition ergibt sich aus dem kleinen Grüppchen im linken Vordergrund, welches eine starke Vertikale in der Drittelsteilung des Bildes aufbaut, während der Rest des Bildes in zwei Horizontalen Linien verläuft. Das ist indes nicht sonderlich anregend, und der eingemittete Horizont macht die Aufteilung auch nicht gerade spannender. Dass die Sonne auch noch im zweiten Querformatsdrittel und fast gemittet im Bild steht, verschärft das Problem der fehlenden Spannung weiter.

Nichts desto trotz hat das Bild eine klare Wirkung: Die gleissende Morgensonne lässt einen fast die Augen zusammenkneifen. Dafür sind vor allem die Strahlen der Sonne verantwortlich, die deutlich zu sehen sind.

Dieser Effekt, den man auch mit Sternfiltern künstlich herbeiführen kann, tritt bei direkten Gegenlichtaufnahmen auf, wenn man erstens eine kleine Blende wählt und zweitens die Lichtquelle an einer scharfen Kante schneidet: Durch die Beugung an den Blendenkanten, eine physikalische Erscheinung, bei der die Lichtstrahlen abgelenkt werden, entsteht der Sterneindruck. Er hat eine ausserordentlich starke Wirkung und muss sehr gezielt eingesetzt werden.

Hier habe ich etwas Mühe mit dem Sterneffekt. Blende 18 ist für aktuelle Kameras und Objektive ein radikaler Wert, für eine Landschaftsfotografie mit passender Schärfe bei hyperfokaler Distanz würde Blende 11 wohl ausreichen; Dir dürfte hier keine Wahl geblieben sein, weil die Sonne den Sensor direkt bestrahlt hat und Du Licht wegnehmen musstest.

Das ginge aber auch mit einem neutralgrau- oder einem Splitfilter, mit denen Du wahlweise das ganze Bild oder nur den Himmel mit der Sonne hättest abdunkeln können, um nicht mit einer so extremen Blende arbeiten zu müssen. Die Strahlenerscheinung ist hier nämlich dermassen dominant, dass schon fast ein vom Himmel herabschwebender Barockengel zu erwarten ist.

Du hast das Bild in Schwarz-Weiss umgewandelt, weil es so die Lichtsituation besser ausdrücke – was ich für eine passende Überlegung halte, weil das menschliche Auge in solch starken Gegenlichtsituationen ohnehin Mühe hat, viel mehr als Schemen und Formen zu erkennen.

Auch die Breitformat-Version mit 16:9 halte ich für passend, wobei ich Vorbehalte gegen die auf geraden Linien in der Bildmitte basierte Komposition habe.

Ein bemerkenswertes Bild, das aber unter einigen Konzeptfehlern leidet. Die Umwandlung in Schwarz-Weiss und das Format allerdings funktionieren ganz gut.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Franz Bogner
    Franz Bogner sagte:

    Erstmal vielen Dank für die Besprechung. Da habe ich wieder mal einiges gelernt. Bildkomposition ist wirklich etwas woran ich noch arbeiten muss.
    Ich hätte gerne einen Grauverlaufsfilter genommen, hatte ich aber leider nicht dabei.

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